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Vorkosigan 11 Spiegeltanz

Vorkosigan 11 Spiegeltanz

Titel: Vorkosigan 11 Spiegeltanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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still und leer. Das Schweigen des großen Hauses legte sich auf seine Ohren. Einem Impuls folgend, machte er kehrt und ging den Korridor bis zu Miles' Zimmer hinab.
    Dort blieb er wieder stehen. In all den Wochen, die er bisher auf Barrayar verbracht hatte, hatte er sich nicht hier hineingewagt. Er war nicht eingeladen gewesen. Er drehte versuchsweise an dem altertümlichen Türknopf. Die Tür war nicht verschlossen.
    Zögernd trat er ein und aktivierte mit einem Wort das Licht. Es handelte sich um ein geräumiges Schlafzimmer, wenn man die Beschränkungen durch die alte Bauweise des Hauses in Betracht zog. Ein angrenzendes Vorzimmer, einst für Leibdiener bestimmt, 407
    war vor langer Zeit in ein privates Bad umgewandelt worden. Auf den ersten Blick erschien der Raum fast nackt und bloß, sauber und rein. All der Krimskrams der Kindheit mußte in Schachteln gepackt und auf einen Speicher geräumt worden sein. In einem Anfall von Reife.
    Die Speicher von Palais Vorkosigan hüteten wahrscheinlich erstaunlichen Trödel.
    Doch eine Spur der Persönlichkeit des Besitzers blieb zurück.
    Langsam ging er in dem Zimmer herum, die Hände in den Hosentaschen wie der Besucher eines Museums.
    Verständlicherweise stellten die wenigen Erinnerungsstücke, die zurückgeblieben waren, zum größten Teil Andenken an Erfolge dar. Miles' Diplom von der Kaiserlichen Militärakademie und sein Offizierspatent waren ziemlich normal, allerdings fragte sich Mark, warum ein abgegriffenes altes Militärwetterhandbuch eingerahmt genau zwischen diesen beiden Dokumenten hing. Eine Schachtel mit alten Gymkhana-Preisen, die bis in Miles' Jugend zurückgingen, sah so aus, als würde auch sie bald den Weg zum Speicher antreten. Eine halbe Wand war einer umfangreichen Sammlung von Buchdisketten und Vids gewidmet. Wie viele hatte Miles wirklich gelesen? Neugierig nahm Mark den Handprojektor von seinem Haken an der Wand daneben und probierte aufs Geratewohl drei Disketten aus. Bei allen gab es in den Randkästen wenigstens ein paar Notizen oder Glossen – Spuren von Miles' Gedanken. Mark gab es auf, die Disketten zu inspizieren, und schaute sich nach weiteren Hinterlassenschaften um.
    Einen Gegenstand kannte er persönlich: einen Dolch mit einem Cloisonne-Griff, den Miles vom alten General Piotr geerbt hatte.
    Er nahm ihn herab und untersuchte das Heft und die Schneide.
    Wann in den letzten zwei Jahren hatte Miles damit aufgehört, den 408
    Dolch herumzutragen, und vernünftigerweise angefangen, ihn sicher zu Hause zu lassen? Mark steckte ihn vorsichtig wieder in die Scheide und legte die Waffe auf das Regalbrett zurück.
    Ein Wandschmuck war ironisch, persönlich und augenfällig: eine alte Beinschiene aus Metall, nach der Art eines Militärmuseums gekreuzt mit einem Vor-Schwert. Halb Scherz, halb Trotz. Beides obsolet. Eine billige photonische Reproduktion einer Seite aus einem alten Buch hing in einem irrsinnig teuren Silberrahmen hinter Glas. Der Text war aus einem Zusammenhang gerissen, schien aber irgendeine Art religiöses Gewäsch aus der Zeit vor den Wurmlochsprüngen zu sein und handelte von Pilgern, einem Hügel und einer Stadt in den Wolken. Mark wußte nicht, worum es dabei ging. Niemand hatte Miles je bezichtigt, religiös zu sein.
    Doch dieses Stück war offensichtlich für ihn wichtig.
    Einige dieser Dinge sind keine Preise, erkannte Mark. Sie sind Lektionen.
    Eine Holovid-Portfolio-Box stand auf dem Nachttisch. Mark setzte sich hin und aktivierte sie. Er erwartete Elli Quinns Gesicht, doch das erste Videoportrait, das projiziert wurde, war das eines großen, finster blickenden, außerordentlich häßlichen Mannes in der Livree der Gefolgsleute des Hauses Vorkosigan: Sergeant Bothari, Elenas Vater. Mark tippte den ganzen Inhalt durch. Als nächste kam Quinn, dann Bothari-Jesek. Seine Eltern natürlich.
    Miles' Pferd, Ivan, Gregor; danach eine Parade von Gesichtern und Gestalten. Er ging die Bilder immer schneller durch; er erkannte nicht einmal ein Drittel der Leute. Nach dem fünfzigsten Gesicht hörte er auf zu klicken.
    Müde rieb er sich das Gesicht. Er ist kein Mensch, er ist eine ganze Bande. Ganz recht. Mark saß gebeugt da, unter Schmerzen, 409
    das Gesicht in die Hände gelegt, die Ellbogen auf den Knien. Nein.
    Ich bin nicht Miles.
    Miles' Komkonsole gehörte zum gesicherten Typ, in keiner Weise geringer ausgestattet als die in der Bibliothek des Grafen.
    Mark ging zu ihr hin und untersuchte sie nur mit den Augen. Die Hände

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