Vorkosigan 11 Spiegeltanz
ist diesmal passiert, Rowan?« fragte die weißhaarige Dr.
Durona mit der Altstimme müde. Sie schlurfte näher heran und schaute ihn an, auf einen geschnitzten Gehstock gestützt. Für sie schien der Stock keine Marotte zu sein, sondern wirklich eine Stütze. Alle behandelten sie sehr ehrerbietig. War sie die geheimnisvolle Lilly?
»Ich habe ihm eine Dosis Schnell-Penta gegeben«, berichtete Rowan verbissen, »um sein Gedächtnis zu aktivieren. Manchmal funktioniert das bei Kryo-Wiederbelebungen. Doch er hatte eine Reaktion. Sein Blutdruck schoß hoch, er wurde paranoid und sauste davon wie ein Rennhund. Wir haben ihn erst eingeholt, als er im Park kollabiert ist.« Als sein Schmerz nachzulassen begann, sah er, daß sie immer noch den Atem anhielt.
Die alte Dr. Durona schniefte. »Hat es funktioniert?«
Rowan zögerte. »Einige seltsame Dinge sind hochgekommen.
Ich muß mit Lilly sprechen.«
»Auf der Stelle«, sagte die alte Dr. Durona, die also offensichtlich nicht Lilly war. »Ich …«, begann sie, wurde jedoch unterbrochen, als sein zitternder, stotternder Versuch zu reden in eine Konvulsion überging.
Für einen Augenblick verwandelte sich die ganze Welt in Konfetti. Als er wieder zu sich kam, hielten zwei der Frauen ihn auf dem Bett nieder. Rowan beugte sich über ihn und blaffte Befehle, und der Rest der Duronas stob auseinander. »Ich komme hoch, sobald ich kann«, sagte Rowan über die Schulter. »Ich kann ihn jetzt nicht allein lassen.«
Die alte Dr. Durona nickte verständnisvoll und zog sich zurück.
Rowan winkte ab, als jemand ihr ein Hypnospray mit einem Antikonvulsivum hinhielt. »Ich gebe hiermit eine Daueranweisung.
Dieser Mann bekommt nichts, ohne daß zuerst seine Reaktion 519
getestet wird.« Sie schickte die meisten ihre Helfer davon und sorgte dafür, daß das Zimmer wieder dämmrig und ruhig und warm war. Langsam fand er seinen Atemrhythmus wieder. Im seinem Magen war ihm jedoch immer noch sehr flau.
»Es tut mir leid«, sagte sie zu ihm. »Ich wußte nicht, daß Schnell-Penta bei Ihnen so wirken würde.«
Er versuchte zu sagen, Das ist nicht Ihr Fehler, doch seine Sprechfähigkeit schien wieder reduziert zu sein. »W-w-war d-d-das s'lecht?«
Sie brauchte viel zu lange, um zu antworten. »Vielleicht ist es in Ordnung.«
Zwei Stunden später kam man mit einer Schwebepalette und verlegte ihn in ein anderes Zimmer.
»Wir bekommen einige andere Patienten«, sagte ihm Dr. Chrys mit dem Schwingenhaar höflich. »Wir brauchen Ihr Zimmer.«
Lügen? Halbwahrheiten?
Wohin sie ihn verlegten, verwunderte ihn am meisten. Er hatte Visionen von einer geschlossenen Zelle, doch statt dessen brachten sie ihn in einem Lastenliftrohr nach oben und legten ihn auf einem Feldbett ab, das in Rowans privater Suite aufgestellt worden war. Es war einer aus einer Reihe ähnlicher Räume, vermutlich auf der Wohnetage der Duronas. Ihre Suite bestand aus einem Wohn-und Studierzimmer, einem Schlafzimmer und einem privaten Bad und war ziemlich geräumig, allerdings auch vollgestopft. Er kam sich weniger wie ein Gefangener vor, eher wie ein Haustier, das gegen die Regeln in ein Frauenwohnheim eingeschmuggelt worden war. Allerdings hatte er außer Raven noch einen weiteren männlich aussehenden Dr. Durona gesehen, einen Mann von etwa dreißig Jahren, den Dr. Chrys mit ›Hawk‹ angeredet hatte. Vögel 520
und Blumen – alle waren sie Vögel und Blumen in diesem Betonkäfig.
Noch später brachte eine junge Durona auf einem Tablett das Abendessen, und er aß zusammen mit Rowan an einem kleinen Tisch in ihrem Wohnzimmer, während draußen der graue Tag in die Dämmerung überging. Vermutlich gab es keinen echten
Wechsel in seinem Status als Gefangener/Patient, aber es war ein gutes Gefühl, aus dem krankenhausmäßigen Zimmer draußen zu sein, frei von Monitoren und anderen bedrohlichen medizinischen Geräten. Und etwas so Prosaisches zu tun, wie mit einem Freund zu Abend zu essen.
Nachdem sie gegessen hatten, ging er im Wohnzimmer umher.
»Macht's Ihnen was aus, wenn ich mich umschaue?«
»Nur zu! Lassen Sie mich wissen, wenn Ihnen etwas hochkommt.«
Sie würde ihm immer noch nicht etwas direkt über ihn sagen, aber sie schien jetzt wenigstens bereit, über sich selbst zu reden.
Sein inneres Bild der Welt verschob sich, während sie sprach.
Warum habe ich Wurmlochkarten im Kopf? Vielleicht mußte er sich auf die harte Methode wiedergewinnen. Alles lernen, was im Universum existiert, und das, was
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