Vorkosigan 11 Spiegeltanz
kleiner Held.« Ihr Ton war jetzt unverkennbar ironisch, allerdings seltsamerweise nicht ver
ächtlich.
»Man sollte meinen, es gäbe ein bißchen Dankbarkeit. Glaube.
Anerkennung. Irgendwas.«
»Vertrauen?«, sagte sie mit ruhiger Stimme.
»Ja, Vertrauen! Zumindest von einigen von ihnen. Erkennt keiner von denen, daß wir anständig sind?«
»Sie haben ein ziemliches Trauma abbekommen. Ich würde an deiner Stelle nicht zuviel von ihnen erwarten, bis sie eine Gelegenheit bekommen, mehr Beweise zu sehen.« Sie hielt inne, im Sprechen wie im Gehen, und drehte sich ihm zu. »Aber wenn du es je herausbekommst – wenn du herausbekommst, wie man es macht, daß ein unwissendes, traumatisiertes, paranoides Kind einem vertraut –, dann sag es Miles. Er möchte es unbedingt wissen.«
Mark blieb verblüfft stehen. »War das … auf mich gemünzt?«, fragte er mit trockenem Mund.
Sie blickte über seinen Kopf hinweg in den leeren Korridor und lächelte ein bitteres, aufreizendes Lächeln. »Du hast's getroffen.«
Sie nickte in Richtung auf seine Kabinentür. »Bleib da drin!«
Er schlief endlich lange, doch als Quinn kam, um ihn zu wecken, da schien es ihm noch nicht genug gewesen zu sein. Mark wußte nicht, ob Quinn überhaupt geschlafen hatte. Allerdings hatte sie sich endlich gewaschen und wieder ihre graue Offiziersuniform angezogen. Er hatte schon angefangen sich vorzustellen, wie sie –
als eine Art Gelöbnis – die blutbefleckte Arbeitsuniform trug, bis die Kryokammer gefunden wurde. Aber auch ohne die Arbeitsuniform strahlte sie eine beunruhigende Gereiztheit aus. Ihre Augen waren rot, und sie stand unter Spannung.
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»Los«, knurrte sie. »Du mußt wieder mit Fell sprechen. Er hat mich hingehalten. Ich frage mich allmählich, ob er nicht mit Bharaputra unter einer Decke steckt. Ich verstehe es nicht. Es paßt nicht zusammen.«
Sie schleifte ihn erneut in den Taktikraum, doch diesmal verließ sie sich nicht auf den Kopfhörer, sondern sie stand aggressiv direkt neben ihm. Für das Auge eines Außenseiters hatte sie sich den Rang einer Leibwächterin und Chefassistentin gegeben. Mark wurde den Gedanken nicht los, wie praktisch sie sich plaziert hatte, um ihn am Haar zu packen und ihm die Kehle durchzuschneiden.
Kapitänin Bothari-Jesek war auch dabei. Sie saß wie zuvor auf einem Stuhl und beobachtete ihn ruhig. Sie betrachtete Quinns gereiztes Benehmen mit sorgenvollen Blicken, sagte jedoch nichts.
Als Fells Gesicht erneut über der Vid-Scheibe erschien, wirkte seine rötliche Färbung deutlich zornig und nicht heiter. »Admiral Naismith, ich habe Kapitänin Quinn gesagt, ich würde Sie kontaktieren, sobald ich sichere Informationen hätte.«
»Baron, Kapitänin Quinn … dient mir. Bitte verzeihen Sie eine mögliche Aufdringlichkeit ihrerseits. Sie gibt nur … hm … aufrichtig meine eigenen Besorgnisse wieder.« Miles' typisches überreiches Vokabular füllte seinen Mund wie Mehl. Quinns Finger drückten sich in seine Schulter, eine stumme schmerzhafte Warnung, daß er seinem Einfallsreichtum nicht zu sehr die Zügel schießen lassen sollte. »Welche, sagen wir mal, weniger als sichere Information können Sie uns anbieten?«
Fell lehnte sich zurück. Er runzelte zwar die Stirn, war jedoch besänftigt. »Um es offen zu sagen, die Bharaputraner behaupten, sie könnten Ihre Kryokammer nicht finden.«
»Sie muß dort sein«, zischte Quinn.
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»Na, na, Quinnie.« Mark tätschelte ihre Hand. Sie umklammerte seine Schulter wie ein Schraubstock. Ihre Nasenflügel bebten mordgierig, aber es gelang ihr, für das Holovid ein schwaches Lächeln vorzuheucheln. Mark wandte sich wieder Fell zu. »Baron, was meinen Sie – lügen die Bharaputraner?«
»Ich glaube nicht.«
»Haben Sie eine unabhängige Bestätigung für Ihre Meinung?
Agenten vor Ort oder etwas Ähnliches?«
Der Baron verzog den Mund. »Das kann ich wirklich nicht sagen, Admiral.«
Natürlich nicht. Mark rieb sich das Gesicht, eine Naismith-Geste für Nachdenklichkeit. »Können Sie irgend etwas Spezifisches darüber sagen, was die Bharaputraner tun?«
»Genaugenommen stellen sie im Augenblick ihre medizinischen Einrichtungen auf den Kopf. Alle Angestellten und alle Sicherheitskräfte, die zur Abwehr Ihres Überfalls herbeigeholt worden waren, sind jetzt mit der Suche beschäftigt.«
»Könnte es sich dabei um ein gut inszeniertes Theater handeln, um uns in die Irre zu führen?«
Der Baron zögerte. »Nein«, sagte er schließlich
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