Vorkosigan 12 Viren des Vergessens
wäre das alles irgendwie seine Schuld.
»Wer hätte Ihnen diesen Bericht geben sollen?«, drängte Miles weiter.
»Vermutlich General Diamant. Chef der Abteilung Komarranische Angelegenheiten vor Allegre. Erinnerst du dich noch an ihn?
Ist erst vor zwei Jahren gestorben, nach seiner Pensionierung, der arme Kerl. Miles, ich kann wirklich nicht … Ich hätte mich sicher schon früher daran erinnert, wenn es hier drin wäre!« Er umfaßte frustriert seinen Kopf. Lady Alys nahm seine Hand und streichelte sie besänftigend.
»Hat dein Freund Hauptmann Galeni irgendwelche Ideen?«, fuhr Illyan ruhiger fort. »Möglicherweise hat er eine Insiderspur.
Schließlich war es das Komplott seines Vaters.« Miles lächelte unglücklich.
Illyans Augen verengten sich. »Du weißt, er wird auf deiner kurzen Liste auftauchen, sobald die zusammengestellt wird.« »Ja.« »Hast du es Haroche gesagt?« »Nein.« »Warum nicht?« »Es wäre überflüssig gewesen. Duv wird mit allen anderen zusammen überprüft werden. Und … ich habe ihm in letzter Zeit genug schlechte Dienste erwiesen.« »Heißt das nicht, daß du … deine Daten voreilig beurteilst – Mylord Auditor?« »Sie kennen doch Galeni.« »Nicht so gut wie du.« »Ganz recht! Ich beurteile hier überhaupt keine Daten. Ich beurteile den Charakter dieses Mannes. Seine Motivationen, wenn Sie so wollen.« »Hm«, sagte Illyan. »Gib da mal bloß auch auf deine eigenen Motivationen acht, alter Junge.« »Ja, ja, ich weiß. Ich muß nicht nur unparteiisch sein, ich muß auch so erscheinen. Sie haben mich das gelehrt«, fügte er ziem lich boshaft an. »Auf eine Weise, die ich wahrscheinlich nicht vergessen werde.« »Das habe ich? Wann?« »Ach, lassen Sie.« Er drückte sich auf den Nasenrücken. Er war nicht nur erschöpft, er bekam schon Kopfschmerzen vor Müdigkeit. Es war Zeit, sich ins Bett zu begeben, sonst würde er in der nächsten Runde nicht richtig funktionieren können.
»In Ordnung«, seufzte er. »Und das zuletzt: Erinnern Sie sich daran, daß irgendwann in den letzten vier Monaten irgend jemand Ihnen eine kleine braune Kapsel zum Schlucken gegeben hat?« »Nein.« »Zwei fehlen. Er könnte vielleicht zur selben Zeit selbst eine genommen haben, direkt mit Ihnen zusammen.« Wer immer er war.
»Nein.« Illyans Antwort klang bestimmter als gewöhnlich. »Ich habe in den vergangenen dreißig Jahren keine anderen Medikamente genommen als diejenigen, die mein Leibarzt mir mit eigenen Händen verabreicht.« Miles erinnerte sich an Haroches Mehr-als-ein-Mann-Theorie.
»Es könnte sogar Ihr eigener Arzt gewesen sein. Es geht um die kleine braune Kapsel. Hinter der bin ich her.« Illyan schüttelte den Kopf.
Miles rappelte sich hoch, verabschiedete sich höflich und torkelte davon, in Richtung Bett.
Mitten am Nachmittag wachte er auf und verbrachte eine halbe Stunde vergeblich damit, wieder einzuschlafen, während seine Gedanken in seinen neuen Problemen herumstocherten. Schließlich gab er es auf, stand auf und meldete sich über Komkonsole bei Haroche; das Systemanalytikerteam hatte seinen Bericht noch nicht abgeliefert. Ein Anruf bei Weddell in den Labors der KBS-Klinik entlockte dem Wissenschaftler vor allem Geknurr wegen der Störung, aber auch das Versprechen, mehr Informationen würden bald folgen. Bald, aber noch nicht jetzt.
Miles schlich ruhelos in seinem Zimmer umher, bis er von einem Anruf eines völlig erschöpften Ivan unterbrochen wurde, der meldete, daß die ursprüngliche Biobehälterbox von den Forensikern pflichtgemäß untersucht und zurückgebracht worden sei, und fragte, ob er, um Gottes willen, das verdammte Ding nicht jemand anderem geben, Schluß machen und jetzt zu Bett gehen könne? Miles zuckte schuldbewußt zusammen und war froh, daß Ivan ihn über die Komkonsole nicht hatte beim Schnarchen ertappen können. Er befahl ihm, die Box wieder in die Obhut der Asservatenkammer zu geben und den Rest des Tages freizunehmen.
Er ging gerade ins Bad, als die Komkonsole erneut summte.
Diesmal war es Dr. Chenko von der Veteranenklinik des Kaiserlichen Militärkrankenhauses.
»Lord Vorkosigan.« Dr. Chenko verbeugte sich fröhlich grü ßend. »Ich bitte um Verzeihung, daß es so lange gedauert hat.
Diese mikrotechnischen Aufgaben erweisen sich in der Ausführung immer ein wenig komplizierter als in der Planung. Aber wir haben eine Vorrichtung entwickelt, die klein genug ist und unter Ihr Schädeldach paßt, damit sie – und zwar gefahrlos,
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