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Vorkosigan 12 Viren des Vergessens

Vorkosigan 12 Viren des Vergessens

Titel: Vorkosigan 12 Viren des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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ihn letztes Mal wiederzubeleben, sich veranlaßt sehen würden, es erneut zu versuchen. Und es verpfuschen würden. Oder eher es noch schlimmer verpfuschen würden.
    Er hatte halb erfolgreich Kryo-Wiederbelebte gesehen, die jetzt nur noch dahinvegetierten, menschliche Seelen, die gebrochen in einst menschlichen Körpern heulten. Nein. Er wollte nicht sterben. Zumindest nicht an einem Ort, wo sein Körper irgendwann gefunden würde. Sein Leben war einfach im Augenblick unerträglich.
    Die Zuflucht zwischen den beiden organischen Zuständen, der Schlaf, weigerte sich, zu ihm zu kommen. Doch wenn er lang genug hier herumsaß, dann mußte er gewiß am Ende einschlafen.
    Steh auf! Steh auf und renn davon, so schnell du kannst! Zurück zu den Dendarii, bevor der KBS oder sonstwer ihn aufhalten konnte. Jetzt bot sich seine Chance, Naismiths Chance. Naismiths letzte Chance. Los! Los! Los!
    Er saß weiter da mit verkrampften Muskeln, und die Litanei der Flucht pochte in seinem Kopf.
    Er entdeckte, daß er nicht so oft aufstehen mußte, wenn er kein Wasser trank. Er schlief immer noch nicht, aber in den Stunden vor Tagesanbruch wurden seine Gedanken allmählich langsamer.
    Ein Gedanke pro Stunde. Das ging in Ordnung.
    Licht sickerte wieder durch das Fenster in den Raum und ließ das Lampenlicht blaß und schwach erscheinen. Ein Rechteck aus Sonnenschein kroch langsam über den abgetretenen gemusterten Teppich, so langsam wie seine Gedanken, von links in die Mitte, dann nach rechts, und schließlich war er wieder verschwunden.
    Die Geräusche der Stadt draußen wurden in der hereinbrechenden Dämmerung leiser. Doch sein kleiner Kokon persönlicher Dunkelheit blieb von der Welt so isoliert wie jede Kryokammer.
    Ferne Stimmen riefen seinen Namen. Das ist Ivan. Mist. Ich möchte nicht mit Ivan reden. Miles reagierte nicht. Wenn er nichts sagte und nichts tat, dann würden sie ihn vielleicht nicht finden. Vielleicht würden sie wieder weggehen. Ungerührt starrte er auf einen Riß in der alternden Stuckwand, der sich schon seit Stunden in seiner Blickrichtung befand.
    Doch sein Trick funktionierte nicht. Stiefelschritte ertönten auf dem Korridor vor der kleinen Kammer. Dann Ivans Stimme, die viel zu laut schrie und Miles’ Ohren weh tat: »Hier drinnen, Duv!
    Ich hab ihn gefunden!« Weitere Schritte, schnell und schwer. Ivans Gesicht kam in sein Blickfeld und verdeckte die Wand. Ivan zog eine Grimasse. »Miles? Bist du hier, alter Junge?« »Mein Gott!« Das war Galenis Stimme.
    »Keine Angst«, sagte Ivan. »Er hat sich bloß verkrochen und richtig besoffen.« Er hob die verschlossene Flasche hoch. »Na ja … vielleicht auch nicht.« Er stupste das nackte Messer neben der Flasche an. »Hm.« »Illyan hatte recht«, murmelte Galeni.
    »Nicht … unbedingt«, sagte Ivan. »Wenn man das schon zum fünfundzwanzigsten Mal gesehen hat, dann regt man sich nicht mehr darüber auf. Es ist nur … etwas, das er tut. Wenn er sich umbringen würde, dann hätte er das schon vor Jahren getan.« »Sie haben ihn schon früher so erlebt?« »Na ja … vielleicht nicht ganz so …« Ivans angespanntes Gesicht verdeckte wieder den Stuck. Er schwenkte eine Hand vor Miles’ Augen.
    »Er hat nicht geblinzelt«, bemerkte Galeni nervös. »Vielleicht … sollten wir ihn nicht anfassen. Meinen Sie nicht, wir sollten medizinische Hilfe holen?« »Sie meinen psychiatrische Hilfe? Absolut nicht. Das wäre eine echt schlechte Idee. Wenn die Psychoklempner ihn je in die Hände bekommen, dann lassen sie ihn nicht mehr los. Nein. Das ist eine Familienangelegenheit.« Ivan richtete sich entschlossen auf.
    »Ich weiß, was zu tun ist. Kommen Sie!« »Ist es in Ordnung, wenn wir ihn allein lassen?« »Gewiß. Wenn er sich anderthalb Tage nicht bewegt hat, dann geht er nicht weit.« Ivan hielt inne. »Nehmen Sie allerdings das Messer mit. Für alle Fälle.« Sie rumpelten wieder hinaus. Miles’ langsame Gedanken verdauten das Gesagte, ein Gedanke pro Viertelstunde.
    Sie sind fort.
    Gut.
    Vielleicht kommen sie nicht wieder.
    Doch dann kamen sie leider zurück.
    »Ich nehme ihn an den Schultern«, dirigierte Ivan, »Sie nehmen ihn an den Füßen. Nein, ziehen Sie ihm lieber zuerst die Stiefel aus.« Galeni tat, wie geheißen. »Immerhin ist er nicht steif.« Nein, ganz schlaff. Steifzusein würde Anstrengung erfordern.
    Die Stiefel plumpsten auf den Boden. Ivan zog Miles die Uniformjacke aus, rollte die Ärmel des Hemdes mit dem runden Kragen hoch, ließ seine

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