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Vorkosigan 12 Viren des Vergessens

Vorkosigan 12 Viren des Vergessens

Titel: Vorkosigan 12 Viren des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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den alten Platz hat. Das Grab meiner Mutter haben wir natürlich nicht verlegt. Ich habe sie hier unten gelassen. Habe die Toten ihre Toten begraben lassen und keine Brandopfer für sie vollzogen.« Harra verzog das Gesicht. Miles nickte verständnisvoll. »Rainas Grab … nun ja, vermutlich lag es daran, daß dort neben dem Bach der Boden so feucht war und sie sowieso so winzig war … wir konnten sie nicht finden, um sie umzubetten. Vermutlich ist sie wieder zum Erdboden zurückgekehrt. Mir hat es nichts ausgemacht. Wenn ich darüber nachdenke, dann kommt es mir richtig vor. Ich glaube sowieso, daß diese Schule hier wirklich ihr bestes Denkmal ist. Jeden Tag, wenn ich hierher komme und unterrichte, ist es, wie wenn ich ein Brandopfer vollzöge, nur noch besser. Weil es etwas hervorbringt statt zerstört.« Sie nickte einmal, entschlossen und ruhig.
    »Ich verstehe.« Sie schaute ihn eingehender an. »Ist mit Ihnen alles in Ordnung, Mylord? Sie schauen wirklich müde aus. Und ganz blaß.
    Sie sind doch nicht krank gewesen oder so etwas, oder?« Vermutlich dürfen drei Monate Tod schon als soviel Kranksein gelten, wie man nur abbekommen kann, dachte er. »Hm, ja. Oder so etwas. Aber ich bin dabei, mich zu erholen.« »Oh, das ist gut. Müssen Sie nach Ihrem Besuch hier irgendwohin?« »Eigentlich nicht. Ich bin sozusagen … im Urlaub.« »Ich würde mich freuen, wenn Sie unsere Kinder kennenlernten, die von mir und Lern. Lerns Mama oder seine Schwester kümmern sich um sie, während ich unterrichte. Ich würde Sie gern zu uns zum Essen einladen.« Er hatte vorgehabt, zur Essenszeit schon wieder in Vorkosigan Surleau zu sein. »Kinder?« »Wir haben jetzt zwei. Der Junge ist vier, und das Mädchen ein Jahr alt.« Hier oben benutzte noch niemand Uterusreplikatoren; sie hatte sie in ihrem Leib getragen wie ihr verlorenes Erstgeborenes. Du lieber Himmel, die Frau war aber beschäftigt! Dieser Einladung konnte er sich nicht gut entziehen. »Ich fühle mich geehrt.« »Lern, führe Lord Vorkosigan mal eine Minute umher …« Harra ging wieder ins Gebäude, um sich mit ihrer Kollegin und dann mit den Schülern zu beraten; Lern nahm Miles gehorsam zu einer Besichtigung der baulichen Besonderheiten der Schule nach draußen mit. Ein paar Minuten später stoben Kinder aus dem Gebäude, glücklich über den frühen Schulschluß, und verschwanden kreischend in alle Richtungen.
    »Ich hatte nicht vorgehabt, Ihre Alltagsroutine zu stören«, protestierte Miles schwach. Jetzt konnte er sich nicht mehr drücken.
    Um nichts in der Welt konnte er dieses einladende Lächeln enttäuschen.
    Sie landeten mit dem Leichtflieger unangemeldet bei Lerns Schwester, die sich geschmeidig der Herausforderung stellte. Das Mittagessen, das sie auftischte, war, Gott sei dank, leicht. Miles lernte brav die Csuric-Kinder, -Nichten und -Neffen kennen und bewunderte sie. Sie entführten ihn zu einem Spaziergang durch die Wälder, und er besichtige ihren bevorzugten Schwimmteich.
    Er watete gravitätisch mit ihnen barfuß auf den glatten Steinen einher, bis seine Füße vor Kälte taub waren, und er erklärte den Tümpel mit einer Stimme voll Vor-Autorität zu einem ausgezeichneten Schwimmteich, dem vielleicht schönsten in seinem ganzen Distrikt. Offensichtlich war er für sie eine Anomalie mit einer gewissen Faszination, ein Erwachsener, der fast so klein war wie sie.
    Als sie wieder an der Schule ankamen, war es inzwischen später Nachmittag geworden. Miles warf einen Blick auf die Menge, die auf den weiten Hof strömte und Teller, Körbe und Blumen, Musikinstrumente, Krüge und Kannen, Stühle, Bänke, Böcke und Tischplatten, Feuerholz und Tischtücher trug, und ihm sank das Herz. Trotz all seiner Bemühungen, an diesem Tag so etwas zu vermeiden, sah es so aus, als müßte er sich doch einer Überraschungsparty stellen.
    Sätze wie: Wir sollten noch vor Einbruch der Dunkelheit aufbrechen; Martin ist es nicht gewohnt, in den Bergen zu fliegen, erstarben ihm auf den Lippen. Sie würden Glück haben, falls sie vor dem nächsten Morgen hier wegkämen. Oder – er bemerkte die Steinkrüge mit Ahornmet aus den Dendarii-Bergen, dem gefährlichsten alkoholischen Getränk, das je von Menschen erfunden worden war – erst am morgigen Nachmittag.
    Es brauchte eine Mahlzeit, einen Sonnenuntergang, ein Lagerfeuer und eine Menge vorsichtig rationierter Schlucke Ahornmet, aber schließlich entspannte er sich tatsächlich und begann die Feier zu genießen. Dann

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