Vorkosigan 14 16 17 Der Botschafter
Hände; sie erkannte es an dem verblüfften Ausdruck in seinen Augen, als er sein Gesicht hob.
»Ich verstehe nicht, wie es mir dort so richtig
vorkommen konnte, und hier so falsch«, sagte Kareen. »Es sollte hier nicht falsch sein. Oder dort nicht richtig. Oder so.«
- 170 -
»Das ergibt keinen Sinn. Hier oder dort, wo ist der
Unterschied?«
»Wenn es keinen Unterschied gibt, warum hast du dir
dann so viel Mühe gemacht so viel abzunehmen, bevor du wieder Barrayar betrittst?«
Er machte den Mund auf und schloss ihn wieder. »Nun
ja. Es ist nur für ein paar Monate«, brachte er schließlich hervor. »Ich kann mir ein paar Monate Zeit lassen.«
»Es wird schlimmer. O Mark! Ich kann nicht nach
Kolonie Beta zurückkehren.«
»Was? Warum nicht? Wir hatten geplant – du hattest
geplant – liegt es daran, dass deine Eltern einen Verdacht über uns hegen? Haben sie dir verboten …?«
»Das ist es nicht. Zumindest glaube ich nicht, dass es daran liegt. Es ist einfach das Geld. Oder einfach kein Geld. Ohne das Stipendium der Gräfin hätte ich letztes Jahr nicht reisen können. Mama und Papa sagen, sie seien blank, und ich weiß nicht, wie ich in den paar Monaten einfach so viel verdienen kann.« Sie biss sich mit erneuter Entschlossenheit auf die Unterlippe. »Aber ich habe vor.
mir etwas auszudenken.«
»Hör zu. Wenn du nicht kannst – ich bin doch auf
Kolonie Beta noch gar nicht fertig«, sagte er mit Bedauern.
»Ich habe noch ein Studienjahr vor mir. und noch ein
weiteres Jahr Therapie.«
Oder noch mehr. »Aber du hast doch vor. danach nach Barrayar zurückzukehren, nicht wahr?«
»Ja, ich glaube schon. Aber ein ganzes Jahr
getrennt…«Er fasste sie fester, als drohten die Eltern über
- 171 -
sie beide herzufallen und Kareen auf der Stelle seinem Griff zu entreißen. »Es wäre … äußerst stressig ohne dich«, murmelte er – eine Untertreibung – in ihre Haut.
Einen Augenblick später holte er tief Luft und löste sich von ihr. Er küsste ihre Hände. »Es besteht kein Grund zur Panik«, sagte er ernsthaft zu ihren Fingerknöcheln. »Wir haben Monate Zeit, um uns etwas auszudenken. Es kann alles Mögliche passieren.« Er blickte auf und tat so, als lächelte er normal. »Ich bin auf jeden Fall froh, dass du hier bist. Du musst einmal kommen und dir meine Butterkäfer anschauen.« Er sprang vom Fußschemel herab.
»Deine was?«
»Warum nur scheint jeder so viele Schwierigkeiten mit
dieser Bezeichnung zu haben? Ich dachte, sie sei ganz
einfach. Butterkäfer. Und wenn ich nicht über Escobar
gereist wäre, dann wäre ich nie auf sie gestoßen, sodass aus diesem Abstecher viel Gutes entstanden ist. Lilly Durona hat mich auf sie hingewiesen, oder eher auf Enrique, der in Schwierigkeiten steckte. Ein großer Biochemiker, ohne Sinn für das Finanzielle. Ich habe ihn gegen eine Kaution aus dem Untersuchungsgefängnis geholt und ihm geholfen, seine Versuchsstämme aus den Händen der idiotischen Gläubiger zu befreien, die sie hatten beschlagnahmen lassen. Du hättest gelacht, wenn du uns gesehen hättest, wie wir bei diesem Überfall auf sein Labor herumstolperten. Los, komm und schau sie dir an.«
Während er sie an der Hand durch das große Haus hinter sich her zog, fragte Kareen misstrauisch: »Überfall? Auf Escobar?«
- 172 -
»Vielleicht ist Überfall das falsche Wort. Es ging völlig friedlich vonstatten, ein Wunder. Vielleicht sollte man Einbruch sagen. Ob du es glaubst oder nicht, ich musste tatsächlich etwas von meinem alten Training aktivieren.«
»Das klingt nicht sehr… legal.«
»Nein, aber es war moralisch. Es waren Enriques Käfer
– er hatte sie schließlich geschaffen. Und er liebt sie wie Schoßtiere. Als eine seiner Lieblingsköniginnen starb, da weinte er. Das war auf eine bizarre Weise sehr rührend.
Wenn ich ihn in dem Augenblick nicht gerade hätte
erwürgen wollen, so wäre ich sehr gerührt gewesen.«
Kareen begann gerade zu überlegen, ob diese
verfluchten Medikamente zur Gewichtsreduzierung nicht irgendwelche psychologischen Nebenwirkungen hatten, die Mark ihr nicht hatte gestehen wollen, als sie an einem Raum anlangten, den sie als eine der Waschküchen im Keller von Palais Vorkosigan erkannte. Seit sie mit ihren Schwestern in den Kindertagen hier Verstecken gespielt hatte, war sie nicht mehr in diesem Teil des Gebäudes gewesen. Die hoch in den Steinmauern eingelassenen Fenster ließen einige wenige Streifen Sonnenlicht herein.
Ein schlaksiger
Weitere Kostenlose Bücher