Vorkosigan 17 Diplomatische Verwicklungen
Shorts und enge untere Ärmel. Der Planetarier trug ebenfalls die schieferblaue Uniform, nur mit Hosen und Friktionsstiefeln. Kurzes, ergrauendes braunes Haar umfloss den Kopf, der sich Miles 53
zuwandte. Miles schnürte es die Kehle zu, er zwang sich trotz des Schocks nicht laut zu fluchen.
Mein Gott, das ist ja Bel Thorne. Was zum Teufel machte der frühere Söldner und betanische Hermaphrodit hier?
Die Frage beantwortete sich von selbst, während sie sich noch stellte. Ach so, jetzt weiß ich, wer unser KBS-Beobachter auf Station Graf ist. Das hob plötzlich die Zuverlässigkeit dieser Berichte auf ein weit höheres Niveau
… oder? Miles’ Lächeln erstarrte und verbarg, so hoffte er, seine plötzliche Verwirrung.
Die weißhaarige Frau sprach in einem sehr frostigen Ton
– ein automatischer Teil von Miles’ Intellekt ordnete sie als die ranghöchste wie auch älteste der anwesenden Personen ein. »Guten Tag, Lord Auditor Vorkosigan. Willkommen in der Union Freier Habitats!«
Miles, der noch mit einer Hand die blinzelnde Ekaterin in den Raum führte, brachte ein höflich erwiderndes Nicken zustande. Er ließ ihr den zweiten Handgriff, der die Luke flankierte, als Anker und begab sich mitten in die Luft, ohne sich selbst in eine ungewollte Drehung zu versetzen, und zwar aufrecht in Beziehung zu der ranghohen Quaddie-Frau. »Danke«, erwiderte er zurückhaltend. Bel was zum Teufel …? Gib mir ein Zeichen, verdammt. Der Hermaphrodit erwiderte den kurzen Blick von Miles’ weit aufgerissenen Augen mit kühlem Desinteresse und hob wie beiläufig eine Hand, um sich einen Nasenflügel zu kratzen.
Vielleicht sollte das ein Signal sein: Warte doch einfach mal ab …
»Ich bin Obereichmeisterin Greenlaw«, fuhr die Quaddie-Frau fort, »meine Regierung hat mich beauftragt, mich 54
mit Ihnen zu treffen und für eine Schlichtung zwischen Ihnen und Ihren Opfern auf Station Graf zu sorgen. Das hier ist Gruppenchef Venn vom Sicherheitsdienst der Station Graf, dann Boss Watts, Leitender Beamter der Ausländerbehörde auf Station Graf, und Stellvertretender Hafenmeister Bel Thorne.«
»Erfreut, Sie kennen zu lernen, Madame, meine Herren, ehrenwerter Herrn«, redete Miles’ Mund wie von einem Autopiloten gesteuert. Im Augenblick war er durch den Anblick von Bel zu erschüttert, um sich an den Worten Ihre Opfer zu stoßen. »Gestatten Sie mir, dass ich Ihnen meine Frau vorstelle, Lady Ekaterin Vorkosigan, und meinen persönlichen Assistenten, Gefolgsmann Roic.«
Die Quaddies blickten mit missbilligend gerunzelter Stirn auf Roic. Aber jetzt war es an Bel, die Augen weit aufzureißen, als er plötzlich Ekaterin aufmerksam musterte.
Ein rein persönlicher Gedanke huschte durch Miles’ Kopf, als ihm klar wurde, dass er sehr wahrscheinlich in Kürze in der unangenehmen Situation sein würde, seiner alten Flamme seine frisch gebackene Ehefrau vorstellen zu müssen. Nicht dass Bels so oft zum Ausdruck gebrachte Schwärmerei für ihn eigentlich jemals verwirklicht worden wäre, was er im Rückblick manchmal bedauert hatte …
»Hafenmeister Thorne … äh …« Miles spürte, wie er in mehr als einem Sinn nach festem Boden unter den Füßen suchte. Seine Stimme wurde freundlich fragend: »Sind wir uns schon einmal begegnet?«
»Ich glaube, wir sind uns noch nie begegnet, Lord Auditor Vorkosigan. nein«, erwiderte Bel. Miles hoffte, dass er als Einziger herausgehört hatte, wie die vertraute, gedehnt 55
sprechende Altstimme seinen barrayaranischen Namen und Titel leicht betont hatte.
»Ach.« Miles zögerte. Wirf einen Köder aus, eine Angelschnur irgendetwas … »Meine Mutter war Betanerin, wissen Sie.«
»Was für ein Zufall«, sagte Bel verbindlich. »Die meine auch.«
Bel. verdammt! »Ich hatte einige Male das Vergnügen, Kolonie Beta zu besuchen.«
»Ich bin während der letzten Jahrzehnte nur einmal dort gewesen.« Das sanfte Aufflackern von Bels bemerkenswert boshaftem Sinn für Humor erlosch in den braunen Augen, und der Hermaphrodit ließ sich so weit erweichen, dass er sagte: »Ich würde gern etwas über den alten Sandkasten hören.«
»Es wäre mir ein Vergnügen, darüber zu reden«, antwortete Miles und hoffte dabei, dass dieser Austausch diplomatisch und nicht kryptisch klang. Bald, bald, verdammt bald. Bel erwiderte mit einem herzlichen, anerkennenden Nicken.
Die weißhaarige Quaddie-Frau wies mit ihrer oberen
rechten Hand zum Ende des Raums. »Wenn Sie uns bitte zum Konferenzraum begleiten
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