Vorsätzlich verliebt
solange du deinen Spaß hattest, ist ja alles in Ordnung.«
»Hallo? Darf ich auch etwas sagen?« Wenn er vorhin entschuldigend geklungen hatte, so war das jetzt vorbei. Mit fester Stimme sagte er: »So war es nicht.«
»Ach nein? Ich hab doch ihre Stimme gehört, Jack!«
»Die Eltern von Rose sind vorbeigekommen.«
Oh.
Tilly hasste es, wenn das passierte. Wenn man sich in Rage gebrüllt hatte und der andere dann etwas sagte, das einen abrupt zum völligen Stillstand brachte. Sie schloss die Augen und spürte, wie sie schwankte. Das war noch so eine Sache. Sie hatte viel zu viel Wein getrunken, um noch auf inhaltlich zusammenhängende Weise streiten zu können.
»Das hättest du mir auch gleich sagen können, als du mich angerufen hast.« Natürlich taten ihr Jack und seine Schwiegereltern leid. Aber bedeutete das, dass sie ihm automatisch vergeben musste? Er hatte mit keinem Wort erwähnt, dass sie da waren.
»Mag sein.« Jack nickte andeutungsweise. »Aber ich war abgelenkt. Dilys war völlig durch den Wind. Es war eine höllische Nacht.«
»Äh … tut mir leid, wenn ich störe«, rief Fergus vom Auto aus, »aber das ist eine schmale Straße, und wir blockieren sie gerade.«
»Ja doch, ich komme.« Tilly drehte sich um und ging auf ihn zu.
»Nein, ist schon gut, ich fahre dich.« Jack sah zu Fergus. »Ich bringe sie nach Hause.«
Tilly, die mit dem Rücken zu Jack stand, schüttelte den Kopf und sah Fergus an.
Fergus meinte unbeholfen: »Danke, aber ist schon gut. Ich fahre sie nach Hause.«
»Tilly, das mit heute Abend tut mir leid. Wir reden morgen.«
»Dazu besteht keine Veranlassung.«
»Doch, wir müssen reden.« Jack atmete frustriert aus. »Ich wollte nicht, dass der heutige Abend so abläuft.«
Tilly stieg zu Fergus ins Auto. »Ich weiß, aber mir war es recht. Ich versuche nicht, dich zu bestrafen, Jack. Ich versuche, mich zu schützen.«
Manche Leute hatten Glück. Wenn sie mit einem furchtbaren Kater aufwachten, konnten sie ihn ausschlafen. Sie drehten sich einfach um und glitten wieder in Morpheus’ Arme, bis alles vorbei war.
Bei Tilly war das anders. Wenn sie einen Kater hatte, dann wachte sie immer früh auf. Und ihr Kater sorgte dann dafür, dass sie wach blieb und jede Minute auskostete.
O Gott, was für eine entsetzliche Nacht. Gerade, wenn man dachte, das Leben würde nun eine bestimmte Richtung einschlagen, kam es laut quietschend zu einem abrupten Stillstand. Es war, als ob man im Palladium mitten auf der Bühne stand und »Nessun dorma« singen wollte und dann urplötzlich merkte, dass das Orchester stattdessen die ersten Töne vom Ententanz anstimmte.
Um elf Uhr fingen die Nurofen-Pillen an zu wirken, und Tillys Kopfschmerzen verschwanden. Sie hatte einen Entschluss gefasst. Als es an der Tür klingelte, streckte sie sich und öffnete sie.
Doch es war nicht Jack.
Dave, der Briefträger, stand auf der Schwelle, ein großes, flaches, rechteckiges Paket in der Hand. »Alles in Ordnung, Schätzchen? Hallo Betty!«
»Hallo Dave.« Das Paket enthielt wahrscheinlich eine übergroße Schachtel Pralinen, und die würden sie aufheitern. »Ein Geschenk für mich?«
Nein, wenig wahrscheinlich.
»Tut mir leid, Schätzchen.« Nachdem Dave begeistert Bettys Ohren gekrault hatte, richtete er sich auf und übergab ihr das Paket. »Es ist für Kaye, zu Händen von Max. Ist den ganzen Weg aus Amerika gekommen.« Die Tatsache, dass Briefe und Pakete aus anderen Ländern und Kontinenten kommen konnten, war eine Quelle endloser Faszination für Dave.
»Danke.« Tilly nahm es ihm ab und schüttelte es versuchsweise. Sie hoffte, dass es keine Chihuahua-Überreste waren. »Die Familie ist übers Wochenende verreist. Ich gebe es Kaye, sobald sie wieder da ist.« Hinter Daves Schulter sah sie den Jaguar in die Auffahrt biegen. Als Dave die Räder auf dem Kies hörte, drehte er sich ebenfalls um.
Als er Tilly wieder ansah, blickte er zweifelnd. »Max und Kaye sind also fort? Soll das heißen, zwischen Ihnen beiden läuft etwas?«
»Nein.« Also ehrlich, gehörte Neugier zur Stellenbeschreibung eines Postboten? »Nein, da läuft nichts. Überhaupt nichts«, erklärte Tilly mit fester Stimme.
»Tja, ist auch besser so.« Dave senkte die Stimme und beugte sich zu ihr. »Er bekommt viele Valentinskarten. Sehr viele.«
»Da bin ich sicher. Aber nicht von mir.«
Dave ging zu seinem Postauto, nickte und grüßte Jack, als er an ihm vorbeikam. Dann sah er zu Betty, die sich von ihm die
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