Vorsaison
müsste mich nun ständig übergeben.
Wahrscheinlich hätte ich etwas Falsches gegessen. Paco wäre bestimmt nicht begeistert
davon, dass ich ausgerechnet zu Karneval krank wurde, denn er erwartete an
diesem Wochenende natürlich mehr Gäste als sonst, aber ich hatte deshalb dennoch
kein schlechtes Gewissen. Erstens war nun auch noch Donna da und zweitens
wollte ich ab und zu eben auch einfach nur Spaß im Leben! Maurice hatte mich
eingeladen, mit ihm an diesem Abend nach Calella zu fahren. Das „Highwayman“
oder „High“, wie es die Einheimischen nannten, würde an diesem Wochenende extra
für Karneval öffnen und es würde sogar eine Show geboten. Maurice erklärte, er
müsste zwar hauptsächlich dorthin, weil er ein Gespräch mit dem Besitzer des
„High“ hätte, aber das würde bestimmt nicht allzu lange dauern. Anscheinend
wollte man ihm irgendein Angebot machen und Maurice war gespannt. Bislang war
er dort ja nur Chef der Propaganda gewesen.
Das „High“ war eine düstere Discothek,
deren Einrichtung aus spartanisch-schwarzgestrichenem Beton bestand. Nicht zu
vergleichen mit der extravaganten und luxuriösen Ausstattung des „Hollywood“.
Wir waren gegen Mitternacht dort eingetroffen und der Laden war brechend voll.
Maurice trug tatsächlich die Hosenträger, die ich ihm mitgebracht hatte und das
Gelb leuchtete in der Dunkelheit. Er suchte mir einen Platz an einer der
Theken, bestellte mir etwas zu trinken und schrie in mein Ohr, er käme gleich
wieder. Kurz darauf kam er tatsächlich wieder. Er hatte einen Spanier dabei,
den er mir als X (auf Spanisch ekiz ausgesprochen) und als guten
Freund vorstellte. Aha , dachte ich so bei mir. Neben guten
Bekannten, wie Hermann, hatte Maurice offenbar auch gute Freunde. Ich war
gespannt, worin der Unterschied läge — und sollte es in der Tat nur allzu bald
herausfinden. Maurice gab mir zu verstehen, er müsse jetzt noch mal für eine
Stunde oder so verschwinden, käme dann aber wieder hierher und Ekiz
würde mir so lange Gesellschaft leisten!
>>Eigentlich brauche ich ja
keinen Anstands-Wauwau<<, schrie ich Maurice an, hatte gegen den
ohrenbetäubenden Lärm aber kaum eine Chance.
Maurice hatte mich aber dennoch
verstanden, denn er beugte sich zu mir und schrie erneut in mein Ohr:
>>Doch, bei dem Outfit schon!<<
Ich wusste nicht, was es an meinem
neuen Catsuit, den ich mir erst heute bei „Uncle Sam“ gekauft hatte, auszusetzen
gab. Er war aus glänzendem, schwarzem, latexähnlichem Material hergestellt und
abgesehen davon, dass er hauteng saß, war er hochgeschlossen und hatte sogar
lange Ärmel! Ziemlich züchtig, wie ich fand! Dazu trug ich schwarze hohe
Lederstiefel. Aber — zur Arbeit im „Mau-Mau“ hätte ich so etwas natürlich nie
getragen.
Ekiz sprach scheinbar nur Spanisch,
was bei der lauten Musik aber eh kein Problem darstellte. Weil ich ihn auch
noch nie gesehen hatte, ging ich davon aus, dass er in Calella wohnte. Seiner
Kleidung nach zu urteilen, war er bestimmt ein Propper, auch wenn er nicht
besonders hübsch und vielleicht schon ein wenig zu alt für einen Propper war. Jedenfalls
schätzte ich ihn auf mindestens Anfang dreißig. Er trug schwarze enge
Lederhosen und ein weißes Rüschenhemd, das bis fast zum Bauchnabel geöffnet war
und einen Blick auf gut trainierte Bauchmuskeln und eine behaarte Brust freigab.
Automatisch stellte ich wieder Vergleiche an. Maurice hatte keine Haare auf der
Brust. Adelio und Alonso schon. Ich mochte es, wenn Männer Haare auf der Brust
hatten. Ekiz fragte, ob ich tanzen wollte und ich nickte. Im „Hollywood“ oder
im „Moby’s“ und in den Discotheken, die ich aus Deutschland kannte, lief vor
allen Dingen Musik von Madonna, Michael Jackson, Frankie Goes To Hollywood,
Depeche Mode usw. Hier wurde andere Musik gespielt: Queen, David Bowie, Mike
Oldfield und Billy Idol, aber auch Frankie Goes To Hollywood. Ich hatte immer
gerne getanzt und war mittlerweile auch daran gewöhnt, alleine zu tanzen. Ekiz
war jedoch ein guter Tänzer und wir harmonisierten von Anfang an miteinander.
Allerdings war es auf der Tanzfläche extrem voll und schließlich zeigte Ekiz
auf eine der riesigen Lautsprecherboxen, die am Rande der Tanzfläche aufgebaut
waren und über die man eine Konstruktion, die wie ein zu hoch geratener Tisch
aussah, gestülpt hatte. Ekiz hob mich dort hinauf, als ob ich eine Feder wäre
und kletterte dann behände hinter mir her. Auch auf einer der anderen Boxen
tanzte schon ein
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