Vorsaison
ließ sich
davon nicht abschrecken und lachte mich an. Dann fing er an mich zu mustern und
sein Blick änderte sich. Ich kannte diesen Blick! Mir war jedoch definitiv
nicht nach Flirten zumute! Ich fand es in dem Moment sogar äußerst unsensibel
und unverschämt von ihm, dass er so ganz offensichtlich überhaupt nicht
mitbekam, dass ich gerade überhaupt nicht interessiert war! Mein
Gesicht verdunkelte sich deshalb nochmals.
>>Finniss-fertig?<<, fragte der Typ und mir wurde
klar, dass er kein English konnte und davon ausging, dass ich kein Spanisch sprach. Immerhin sah ich mit meinen blonden Haaren und den
grün-blauen Augen auch nicht eben Spanisch aus.
>>Ja, ja
finish<<, knurrte ich und fügte auf Englisch hinzu, dass ich aber in fünf Minuten nochmals
telefonieren müsste! Dabei hatte ich versucht, meine Stimme besonders
herablassend klingen zu lassen. Der Typ hatte mich jedoch nicht verstand, was
ich mir schon gedacht hatte. Aber ich hatte schlechte Laune und deshalb auch
nicht vor, ihm (oder mir) die Sache zu erleichtern und Spanisch mit ihm zu
sprechen. Deshalb zog ich geringschätzend einen Flunsch, hob die rechte Hand
mit gespreizten Fingern und wiederholte genervt: >> Five minutes !<<
Dann zeigte ich auf das Telefon, tat
so, als ob ich mir einen Hörer ans Ohr hielte und machte mit der anderen Hand
Bewegungen, als ob ich eine Nummer wählen würde. Der Typ begriff.
>>Qué mala
leche<<, murmelte er — davon ausgehend, dass ich es eh nicht verstehen würde und
zog dabei die Zellentür hinter sich zu. Mala leche, sagten die Spanier zu
Frauen, wenn diese schlecht gelaunt waren und präzise übersetzt bedeutet mala
leche schlechte Milch. Mir war ein wenig zum Heulen zu Mute und am liebsten
hätte ich diesem Trottel gesagt, dass er ein unsensibler Trottel ist, der keine
Ahnung hat und seine Nase gefälligst in seine Angelegenheiten stecken soll!
Während ich draußen vor der
Telefonzelle wartete, konnte ich hören, wie erseine Mutter anrief.
>>Ich bin’s Mami —
Hannibal<<, meldete er sich auf Spanisch. Dem Akzent nach zu urteilen,
war er Südamerikaner und wie ich dem Gespräch nur unschwer nicht entnehmen
konnte, war er auch gerade erst in Lloret angekommen und hatte sich ein Zimmer im
„Picasso“ genommen. Er beschwerte sich über die Preise und das schlechte Wetter-?! — doch um mehr mitzuteilen reichte offenbar auch sein Geld nicht, denn er
verabschiedete sich rasch. Während Hannibal dann die Telefonzelle wieder
verließ, warf ich demonstrativ einen Blick auf meine Armbanduhr. Die fünf
Minuten waren noch nicht um, das versuchte auch Hannibal mir zu sagen, doch ich
tat so, als würde ich sein englisches Gebrabbel nicht verstehen. Ich ignorierte
ihn und begab mich selbst wieder in die Zelle, wo ich ihm flugs den Rücken
zudrehte.
Zuerst rief ich nun in Detlefs chalet in Lloret Blau an. Ich tat dies ungern, weil ich außer Oliver und Graham auch
niemanden mehr dort kannte und Oliver zudem nicht ausstehen konnte. Doch es war
zurzeit die einfachste und beste Möglichkeit, Maurice eine Nachricht zukommen
zulassen. Es klingelte und ich überlegte, ob überhaupt jemand da sein würde. Ich
wollte gerade wieder auflegen, als das Gespräch doch noch entgegengenommen wurde.
Es war Graham. Ich bat ihn, für Maurice eine Nachricht dazulassen, doch Graham
sagte, dass Maurice abends bestimmt nicht mehr zum chalet kommen würde.
Das einzige was er tun könnte, wäre für Detlefs Bruder einen Zettel mit einer
Nachricht für Maurice dazulassen und der Bitte, dass Markus diesen am nächsten
Tag an Maurice geben solle. Das wollte ich jedoch nicht. Stattdessen erzählte
ich Graham, was ich aus der lloretschen Gazette wusste. Graham sagte daraufhin,
dass er sich so etwas schon gedacht habe und auch er glaubte nicht an einen
Selbstmord. Er fragte, was ich nun tun wollte und ich erklärte, dass ich Peters
Bruder in Deutschland ausfindig machen wollte, um ihm zumindest mitzuteilen,
dass sein Bruder verstorben wäre. Von dem Geld, das ich in Ernies piso gefunden hatte, sagte ich jedoch nichts. Graham fragte, ob ich nicht Angst
hätte, wieder in irgendetwas mit hineingezogen zu werden, wenn ich Peters
Bruder informieren würde. Ich schüttelte den Kopf, obwohl Graham das natürlich
nicht sehen konnte. Ich hatte vor, Peters Bruder anonym anzurufen und ihm
lediglich zu sagen, dass Peter verstorben sei, die Polizei von einem Selbstmord
ausginge und er sich für alles weitere bitte mit der Polícia Municipal
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