Vorsaison
anderen
Ton an oder ich würde ausziehen. Ich wusste, dass Corinna nie und nimmer
alleine in einem piso wohnen bleiben würde und ich wusste auch, dass sie
nicht mehr in eine Pension ziehen wollte. Zwar sorgte sie sich darum, dass die
Polizei, bedingt durch Peters Tod, nochmals hier im piso auftauchen und
Fragen stellen könnte, aber ihre Angst, alleine in einer Pension von einem
Werwolf angefallen zu werden, war auf jeden Fall größer!
Theoretisch hätten wir bei einem
Polizeibesuch ja auch nichts zu befürchten. Corinna hatte, wie ich wusste,
keinen Einreisestempel in ihrem Reisepass und ich hatte zwar einen, aber meine
drei Monate, die ich als Touristin in Spanien bleiben konnte, endeten erst nächsten
Monat. Peter hatte hier gewohnt — na und? Jetzt wohnten wir hier! Zugegeben,
das Spiel war riskant und ich war auch überzeugt davon, dass die spanischen
Behörden, wenn sie uns ausweisen wollten, auch bestimmt einen Grund dafür finden
würden. Trotzdem machte ich mir darüber, dass die Polizei wegen Peters Tod
irgendwann an unsere Tür klopfen könnte, die wenigsten Sorgen. Sorgen bereitete
mir der Mann, der uns in Barcelona verfolgt hatte und der Mann, der zur selben
Zeit unsere Wohnung durchsucht hatte! Meiner Meinung nach hatte dies nichts mit
Peter zu tun, sondern mit Ernie und El Comandante . Und El Comandante war durchaus zuzutrauen, dass er sich irgendetwas einfallen lassen würde, um
zumindest mich des Landes zu verweisen, wenn er irgendwann zu der Überzeugung
gelangen sollte, dass auch ich ihn nicht zu Ernies vermeintlichem Schatz führen könnte! Dennoch fand ich es äußerst wichtig, dass Corinna und ich uns in
Punkto Peter absprachen, falls die Polizei tatsächlich irgendwann wegen ihm
hier anklopfen würde! Und eigentlich war das ja auch genau der Grund gewesen,
weshalb ich heute mit Corinna hatte reden wollen!
Ich schob meinen Ärger und vor allen
Dingen auch die Enttäuschung zur Seite. Corinna war eben nicht Sonja, sagte ich
mir. Corinna war oberflächlich und frivol. Man konnte ganz gut abends mit ihr ausgehen
und zusammen einen riesen Spaß haben. Und niemandem sonst hätte ich je so
ausführlich von meinem Sexleben berichten können wie Corinna. Sie verstand das,
weil sie ebenfalls sehr empfänglich für die schönen Seiten des Lebens war. Aber
Corinna wollte prinzipiell nur die guten und schönen Seiten des Lebens sehen und
auch ausleben. Dabei ignorierte sie jedoch rigoros alles, was mit Verantwortung
oder Pflicht zu tun hatte. Mit Problemen wollte sie ebenfalls nicht
konfrontiert werden, weder mit ihren eigenen und auf gar keinen Fall mit den
Problemen anderer! Konfrontierte jemand sie gegen ihren Willen damit oder war
nicht mit ihr einer Meinung, wurde sie ausfallend und eine sachliche Diskussion
war mit ihr auch einfach nicht möglich. Corinna konnte eine tolle Freundin
sein, wenn es um die angenehmen Dinge des Lebens ging. Die Frage war, ob man
sich auf sie verlassen konnte, wenn es wirklich einmal hart auf hart kam.
Als erstes wollte ich nun Peters
Familie ausfindig machen und ich musste vor allen Dingen auch mit jemandem
sprechen, der sachlich und vernünftig war. Also brachte ich den Schuhkarton
zurück in mein Zimmer, schloss die Tür hinter mir ab und verließ die Wohnung.
Von einer Telefonzelle aus rief ich
bei Sonja an. Ich kannte Peters Nachnamen und wusste auch, dass er aus Hamburg
stammte. Sonja freute sich, von mir zu hören und wieder einmal plagte mich mein
schlechtes Gewissen, weil ich mich immer nur dann bei ihr meldete, wenn ich
etwas von ihr wollte. Sonja sagte, sie hätte Neuigkeiten, doch ich unterbrach
sie sogleich.
>>Tut mir leid, Sonja<<,
rief ich >>aber ich habe kaum Kleingeld und es ist wirklich dringend!
Kannst du für mich die Auskunft anrufen und mir eine Telefonnummer von einer
Heizungsfirma aus Hamburg besorgen?<<
>> Eine Heizungsfirma aus
Hamburg? Ja sicher, aber wozu brauchst du die denn? Ist bei dir auch alles
in Ordnung?<<
>>Bitte frag‘ nicht. Es ist
wirklich dringend und ich verspreche, dass ich dich in den nächsten Tagen
nochmal anrufe und alles erkläre. Aber jetzt ruf‘ für mich die Auskunft an!<<
Ich nannte ihr den Nachnamen des
Firmenbesitzers, sagte dann, dass ich sie in fünf Minuten zurückrufen würde und
legte auf. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass ein junger Mann vor der
Telefonzelle wartete. Ich hoffte, dass er nicht vorhatte ein Dauergespräch zu
führen und verließ die Zelle mit grimmigem Gesicht. Doch der Typ
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