Vorsaison
piso nochmals auf
den Kopf gestellt hätte und sie blieb auch dabei, dass der Mann gestern sehr
wohl von den Wasserwerken gewesen wäre — und ihre Kommode von einer Katze oder
vom Vermieter durchwühlt worden war. Dabei redete sie sich regelrecht in Rage: >>Erst
dein Verfolgungswahn in Barcelona und jetzt das! Außerdem hat Peter sich selbst
umgebracht! Das Geld hat ihn dabei natürlich nicht mehr interessiert und damit
basta! Wenn ich mir schon über etwas Sorgen machen muss, dann darüber, ob die
Bullen hier demnächst wieder auftauchen, weil sie rausfinden, dass Peter hier
gewohnt hat. Alles andere ist einfach Unsinn und wenn du mich fragst, was das
Geld angeht, wer’s findet darf‘s auch behalten! Peter nützt es eh nicht
mehr!<<
>>Und was, wenn das Geld doch
von Ernie ist?<<
Obwohl ich die Frage gestellt hatte,
wusste ich, dass das nun wirklich Unsinn war. Denn wenn dieses Geld von Ernie
gewesen wäre, dann hätte er spätestens nach seiner Verhaftung jemandem davon erzählt.
Davon war ich überzeugt. Nein, dieses Geld war Geld, das Peter bekommen hatte,
als ihn sein Bruder zu Weihnachten ausbezahlte. Peter hatte vorgehabt, nach
Deutschland zurückzufahren. Er hatte vorgehabt, seine Sachen in Ordnung zu
bringen, bevor er sterben würde. Ich glaubte nicht an einen Selbstmord und ich
glaubte vor allen Dingen auch nicht an Zufälle! Ausgerechnet jetzt kam
angeblich ein Mann von den Wasserwerken? Unser Vermieter hatte doch selbst
gesagt, dass dies noch nie vorgekommen war und dieser ominöse Handwerker hatte
sich auch nicht ausweisen können. Was ich jedoch nicht verstand, wie dieser
vermeintliche Handwerker, der mit Sicherheit das piso — wenn auch nicht
sehr gründlich — durchsucht hatte und unser Verfolger in Barcelona
zusammenpassten! All dies fasste ich für Corinna in Worte und mir entging auch
nicht, wie sie dabei immer missgelaunter wurde. Den Karton mit dem Geld hielt
sie jedoch weiterhin fest, und das einzige, worin wir uns schließlich einig
waren war, dass das Geld von Peter und nicht von Ernie sein musste. Ich sagte
ihr auch, dass wir kein Recht hätten, dieses Geld zu behalten.
>>Wenn überhaupt, gehört es
Peters Familie in Deutschland und ich finde, die hat auch ein Recht darauf zu
erfahren, was mit Peter passiert ist<<, stellte ich klar. Corinnas
Gesicht hatte sich mittlerweile dunkelrot verfärbt.
>>Und als nächstens gehst du
wohl auch noch zu den Bullen und erzählst, dass du Peter gekannt hast — oder
was?<<
Corinnas Stimme war laut geworden.
Ich schüttelte den Kopf und versuchte selbst Ruhe zu bewahren.
>>Aber nein, natürlich werde
ich nicht zur Polizei gehen! Aber ich werde versuchen Peters Familie
ausfindig zu machen.<<
>>Bis du verrückt!<<,
schrie Corinna. >>Das Geld gehört denen doch überhaupt nicht!<<
>>Und dir gehört es auch
nicht!<<
Mit einem Ruck nahm ich den Karton
wieder an mich. Corinna warf mir daraufhin einen so hasserfüllten Blick zu, dass
mich schauderte. Aber sie traute sich nicht, mir den Karton wieder abzunehmen.
Stattdessen sprang sie vom Stuhl auf, sodass dieser umkippte, und fing an, mich
aufs übelste zu beschimpfen. Bevor sie türknallend in ihrem Zimmer verschwand,
rief sie, dass sie wieder ins „Picasso“ ziehen würde, bevor die Bullen hier
erneut auftauchen würden und dass ich das Geld ja bloß nicht mit ihr teilen
wollte und sie nie und nimmer glauben würde, dass ich tatsächlich vorhätte, es
Peters Familie zu geben.
***
Was Schimpftiraden und Beleidigungen
anging, so hatte ich eigentlich ein ziemlich dickes Fell — dachte ich
zumindest. Corinnas Ausfall war auch nichts anderes, als die Ausfälle, die ich
mir früher von meinem Stiefvater, meiner Mutter oder von meinem Ex-Freund
hatte anhören müssen. Nur dass ich wirklich angenommen hatte, dass dies nun
endgültig vorbei sein würde, weil ich mich von diesen Personen fernhielt. Doch
offenbar gab es gewisse Elemente, die mich verfolgten oder die ich einfach
anzog — so wie Menschen ohne Respekt! Aber so gesehen war es meine eigene
Schuld. Immerhin war es nicht das erste Mal, dass Corinna mir gegenüber so
ausfallend geworden war, und eigentlich hatte ich ja auch genau deshalb vorgehabt,
eben nicht mit ihr zusammenzuziehen! Ich fragte mich, wie es
letztendlich doch dazu gekommen war oder warum ich ihr aus einer dummen Laune
heraus dann doch angeboten hatte, bei mir einzuziehen. Ich würde mit Corinna
darüber reden müssen. Entweder, sie gewöhnte sich mir gegenüber einen
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