Vorsaison
Gratis-Kaffee,
Gratis-Kuchen und zu Livemusik ein. Seine Kapelle bestand jedoch bloß aus einer
Ein-Mann-Band. Diese Kapelle spielte dann je nach Publikum deutsche Schlager
oder französische Chansons zum Mitsingen oder Schunkeln und Walzer, sodass auch
getanzt werden konnte. In den Pausen, während der Kapellmeister ruhte
oder sich an der Hotelbar volllaufen ließ, unterhielt Detlef die Leute mit
seinem Talent als Entertainer und verkaufte ihnen — ganz nebenbei — seine Lammfelldecken.
Später bin ich einmal bei einer solchen Verkaufsschau im Hotel „Don Juan“ dabei
gewesen und habe gestaunt, wie Detlef die Leute animieren konnte, nicht nur
eine Decke, nein, gleich drei oder vier Decken zu kaufen! Vielleicht sollte ich
dabei aber auch erwähnen, dass eine dieser Decken immerhin umgerechnet circa 500
DM kostete. Zwar gewährte Detlef einen Mengenrabatt, aber nie mehr wie
allerhöchstens 20 Prozent und auch nur, wenn jemand gleich mehrere Decken
kaufen wollte. Und natürlich waren dies auch immer die letzten Decken, die er
da gerade anbot! Schätzungsweise zehn Prozent der Teilnehmer einer solchen
Verkaufsschau ließen sich im Anschluss daran auch dazu überreden, etwas zu
kaufen. An manchen Tagen organsierte Detlef bis zu drei dieser Veranstaltungen.
Später erzählte mir sein Bruder dann, was Detlef selbst für die Lammfelldecken
bezahlte; weniger als 100 DM. Allerdings beschäftigte Detlef nur Männer und als
ich ihn fragte, warum das so sei, antwortete er, Frauen würden ihm einfach zu viele
Probleme bereiten. Vor allen Dingen würden sie sich ständig in den Falschen
verlieben und würden dann krank oder im schlimmsten Falle würden sie schwanger!
Detlef gab mir damals jedoch den Rat, ich solle mich als Vorführmodell bei „Modas
Taurus“ bewerben. Er meinte, mit meinen langen Beinen hätte ich dort bestimmt
eine Chance, angenommen zu werden. Doch ich konnte mich, ehrlich gesagt, nicht
als Modell vorstellen und verwarf die Idee auch sofort.
Ich habe nie erfahren, wie viel
Detlef seinen Mitarbeitern an Kommission von ihren Umsätzen bezahlte, aber
offenbar war es genug. Zusätzlich zu den Hotelveranstaltungen organisierte
Detlef aber auch Verkaufsschauen in eben diesen Räumen von „Modas Taurus“,
einem Leder- und Pelzbekleidungs-hersteller, mit Filialen in Blanes und Lloret.
In der Niederlassung in Blanes gab es einen eigenen Schauraum, wo Modells die Leder-
und Pelzwaren vorführten. Wurde dieser Raum nicht für eigene Veranstaltungen
gebraucht, so vermietete man ihn an Detlef. Während die Klientel von „Modas Taurus“
jedoch aus zumeist gut betuchten Personen bestand, die sich extra zu den
Verkaufsschauen dort anmeldeten, fing Detlef zum Beispiel die Busse ab, die
Touristen nach Blanes zum Botanischen Garten fuhren. Während die Touristen
durch die Gärten liefen, überredete Detlef die Busfahrer, gegen eine kleine finanzielle
Entschädigung natürlich, ihre Gäste bei deren Rückkehr davon zu überzeugen,
dass noch eine Überraschung auf sie wartete. Und weil dabei auch immer das Wort
>Gratis< in Verbindung mit Kaffee und Kuchen fiel, waren die meisten
Touristen auch immer einverstanden, nach dem Besuch im Botanischen Garten noch
einen kleinen Abstecher zu „Modas Taurus“ zu machen. Und die wenigen, die es
vielleicht doch nicht waren, hielten geflissentlich den Mund und beugten sich
der Mehrheit. Ich denke, dass gerade die Wintertouristen, und dabei
insbesondere die im Rentenalter, an einer notorischen Langeweile litten, die sich
Detlef gekonnt zunutze machte.
Bei meiner Rückkehr war es in Ernies
Wohnung noch ganz ruhig und so schlich ich mich in mein Zimmer und holte ein
paar Stunden Schlaf nach. Später stellte ich jedoch fest, dass Ernie immer noch
ein wenig verstimmt war.
>>Tja, ja<<, machte er.
>>Wer hätte das gedacht. Voriges Jahr noch Miss Rührmichnichtan und jetzt
lässt sie sich vom erstbesten Kerl abschleppen, der ihr über den Weg läuft!<<
Mir fiel ein, das Ernie ja nichts von
Renée wusste. Außer mit Sonja hatte ich mit niemandem darüber gesprochen und
das sollte auch so bleiben.
>>Irrtum<<, erklärte ich
Ernie deshalb fröhlich, >>wenn ich mich vom erstbesten Kerl hätte
abschleppen lassen, wäre ich ja mit dir mitgegangen!<<
Ernie wechselte daraufhin das Thema.
Während er meines Erachtens sehr umständlich Kaffee kochte, erzählte er, dass
er mir unbedingt jemand vorstellen müsste. Eine gewisse Corinna. Ich erinnerte
mich, dass er den Namen schon mal am
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