Vorsaison
Maurice
murmelte, dass Detlef ja nur neidisch sei, weil sein fetter Hintern da nicht
hineinpasse! Sogleich brüllte Detlef zurück, das habe er gehört. Er sei auch nicht
paranoid, er habe nur ausgezeichnete Ohren! Dabei hatte er das, was Maurice mir
da leise zugeflüstert hatte, unmöglich hören können. Ich hatte beschlossen bei
Maurice mitzufahren, während Ernie, Babs und Hermann bei Detlef mitfuhren. Babs
klebte zu dem Zeitpunkt schon fest an Hermann — wahrscheinlich hatte er auch
Pattex an sich! Beim Verlassen des „Hollywood“ hatte Alonso nur missmutig den
Kopf geschüttelt. Babs hatte daraufhin ein wenig verlegen gelacht, doch ich war
mir gar nicht so sicher, wem von uns beiden sein Kopfschütteln gegolten
hatte. Immerhin verließ ich die Discothek zusammen mit Maurice und ich konnte
auch wieder Alonsos Blick auf mir spüren. Maurice war dies offenbar auch nicht
entgangen und auf dem Weg zum Parkplatz, sagte er, Alonso stünde ebenfalls auf
mich. Ich sagte nichts dazu, auch nicht zu dem ebenfalls , sondern zuckte
lediglich mit den Schultern. Zum Glück war es jedoch dunkel und so konnte
Maurice nicht sehen wie ich schmunzelte.
Das „El Reno“ liegt etwas außerhalb
von Lloret de Mar an der Nationalstraße-II in Richtung Blanes oben auf einem
Hügel. Damals war das Restaurant fast 24 Stunden, sieben Tage die Woche
geöffnet — und das Sommer, wie Winter. Erst viele Jahre später war ich auch ein
paar Mal tagsüber dort. Mittags oder gegen Abend war das „El Reno“ ein
gewöhnliches, wenn auch überdurchschnittlich gut besuchtes Restaurant, das
sowohl spanische als auch italienische Küche servierte. Nachts jedoch, oder
besser gesagt, in den frühen Morgenstunden, war es dort brechend voll. Alles
was Rang und Namen hatte oder irgendwie in das Nachtleben von Lloret de Mar involviert
war, gab sich dort die Klinke in die Hand! Nie zuvor in meinem Leben hatte ich
eine Pizza gegessen, die so lecker war. Detlef erklärte mir, das läge an dem
Steinofen, der nur mit Eichenholz befeuert wurde. Dann riet er mir, mal einen mel
i matό zu bestellen. Ich war immer schon sehr neugierig auf ausländisches Essen gewesen und befolgte daher seinen Rat. Ich bekam einen kleinen Tontopf, etwa
so groß wie ein Yoghurtbecher und dazu ein kleines Schälchen mit Honig. Detlef
sagte mir, diesen müsste ich unter den matό rühren. Mel war
also Honig, aber auf Katalanisch und so lernte ich auch, dass Katalonien einen
eigenen Dialekt hatte, der von den Katalanen aber gerne als eigene Sprache
bezeichnet wurde. (Erst seit 1993 gilt Katalanisch offiziell als Sprache, seit
die andorranische Verfassung Katalanisch offiziell zur Landessprache Andorras
wählte. Dennoch ist es dem regulären Spanisch, dem Castellano (Kastilisch) sehr
ähnlich und jemand, der gut Spanisch spricht, wird auch immer in der Lage sein,
Katalanisch zu verstehen und umgekehrt.) Es dauerte jedoch eine ganze
Weile, bis ich herausfand, was matό war oder woraus es hergestellt
wurde. Zwar erinnerte es mich ein wenig an Quark, war aber viel fester,
irgendwie feinkörnig und im Geschmack auch viel intensiver oder herber als
gewöhnlicher Quark. (Matό ist auf Deutsch Lab. Dabei handelt es sich
um ein Gemisch aus Enzymen, welches aus dem sogenannten Labmagen junger
Wiederkäuer im milchtrinkenden Alter gewonnen wird. Nicht nur in Katalonien
zählt >mel i matό< oder auf Castellano (Kastilisch) >miel y matό<
zu einer Delikatesse.)
Während ich Mühe hatte, meine Hälfte
der riesigen Pizza, die ich mir mit Babs teilte, zu verputzen, verschlang
Detlef gleich eine doppelte Portion Spaghetti Carbonara und ein ganzes Körbchen
mit Pizzabrötchen. Detlef bezahlte auch die Rechnung für alle und ließ es sich
nach dem Essen auch nicht nehmen, uns alle noch auf einen Whiskey zu sich nach
Hause einzuladen. Nur Ernie lehnte ab und ich hatte plötzlich das Gefühl, als
sei der Abend nicht so gelaufen, wie er sich das erhofft hatte. Ernie ließ sich
dann von Detlef nach Hause fahren und ich war eine Weile unschlüssig, was ich
tun sollte. Detlef hatte jedoch einen ausgesprochen gut funktionierenden
sechsen Sinn. Noch bevor ich hätte handeln können, posaunte er schon, ich solle
mir mal ein Beispiel an meiner Freundin nehmen und mich in Bezug auf den Moro nicht so zieren. Immerhin hätte ich Urlaub und Ernie, die arme Sau, sei selbst
schuld, wenn er schwul sei und sein Herz an Hermann hängte — auch wenn dieser
sich das reichlich gut mit
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