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Vorsaison

Vorsaison

Titel: Vorsaison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Weitzels
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beantragen — außer natürlich, du willst
deine eigene Firma aufmachen und bist Selbständiger oder wenigstens
Freiberufler.<<
    Ich hätte heulen können. 500.000
Peseten waren über 7.000 DM. Warum hatte Ernie mir das nicht schon im September
gesagt?
    >>Weil es egal ist<<,
versuchte Ernie mich zu beruhigen. Kein Spanier wird dich je offiziell beschäftigen.
Auch nicht mit residencia!<<
    Ich verstand das nicht und Ernie
erklärte mir, dass in Spanien eben sehr viel Geld schwarz verdient wurde.
Vielleicht wäre das in den großen Städten und in großen Unternehmen, die nicht
im Tourismus, der Gastronomie oder dem Nachtleben tätig waren, anders, aber gerade
in den Touristengebieten würde fast nur Schwarzgeld verdient. Dementsprechend würde
natürlich auch nur Schwarzgeld ausbezahlt. Zwar arbeitete ich selbst in
Deutschland unangemeldet in einer Discothek — aber doch nur um mir etwas
dazuzuverdienen! Wie sollte das denn hauptberuflich möglich sein? Dann wäre ich
ja auch nicht versichert und wenn ich mal krank würde, bekäme ich auch kein
Geld. Ich formulierte dies laut und Ernie nickte.
    >>Eben<<, sagte er dann.
>>Niemand ist bereit Sozialabgaben zu bezahlen, schon gar nicht für uns
Ausländer. Selbst die meisten Spanier, die ich kenne, arbeiten schwarz und wenn
nicht, sind sie nur für ein Minimum dessen angemeldet, was sie tatsächlich
verdienen. Für dich heißt das, dass du nur Geld bekommst, wenn du arbeitest. Du
darfst also nicht krank werden und dein Boss kann dich auch von einem auf den
anderen Tag feuern, weil du ja keinen Arbeitsvertrag hast. Urlaubs- und
Weihnachtsgeld so wie in Deutschland, kannst du dir auch knicken und die Wahrscheinlichkeit
ist groß, dass man dich im Winter eh feuert, weil’s dann einfach nicht genug
Arbeit gibt!<<
     
    Es gab zwei Möglichkeiten, wie Ernie
mir dann erklärte. Entweder den Winter auf den kanarischen Inseln zu verbringen,
so wie es ein Großteil der Propaganda auch tat, weil dort im Winter Hochsaison
war und man dann immer Personal suchte. Oder man musste sehen, dass man im
Sommer genügend verdiente, um sich damit auch im Winter über Wasser zu halten. Mir
war ziemlich mies zu mute, doch Ernie lachte nur und meinte, das sei doch alles
halb so wild. Er war sicher, dass ich schon das Passende finden würde. Aber da
war doch auch noch das mit der — wie hatte Ernie das auch gleich wieder
genannt? Residencia? Aufenthaltsgenehmigung ? Ernie nickte und winkte
gleichzeitig ab.
    >>Auch alles halb so
wild<<, sagte er dann. >>Natürlich weiß die spanische Polizei, dass
wir hier alle illegal arbeiten. Aber sie wissen auch, dass es ohne uns nun mal
nicht geht — jedenfalls nicht, solange sich viele Spanier noch so schwer damit
tun, Fremdsprachen zu lernen. Also lassen sie dich in der Regel in
Ruhe.<<
    Ernie sagte, dass die Polícia
Municipal , die gewöhnliche Ortspolizei in den blauen Uniformen, eigentlich
ganz OK sei. In achtnehmen musste man sich jedoch vor der Guardia Civil ,
der Militärpolizei in den grünen Uniformen.
    >>Und was passiert, wenn die
einen erwischen oder rausfinden, dass man illegal im Land ist und schwarzarbeitet?<<,
wollte ich wissen.
    >>Schlimmstenfalls weisen sie
dich aus und setzen dich in den nächsten Bus, der nach Deutschland
fährt<<, erklärte Ernie.
    >>Und wie oft ist das schon
passiert?<<, bohrte ich weiter. Ernie seufzte und meinte, darüber bräuchte
ich mir nun wirklich keine Gedanken zu machen. Er fragte mich, wie ich es mir
anders erklären würde, dass hier so viel Ausländer lebten und arbeiteten, wenn
das alles so gefährlich sei?! Doch ich blieb hartnäckig und schließlich sagte
Ernie, dass es vielleicht so ein- oder zweimal pro Saison vorkam, dass jemand
ausgewiesen wurde. Aber es seinen immer nur Männer gewesen. Frauen, noch dazu
blonde, gutaussehende wie ich, hätten da eh nichts zu befürchten. Und außerdem,
wenn jemand bislang ausgewiesen worden wäre, dann auch immer nur deshalb, weil
er irgendwo Scheiße gebaut hätte! Ernie erzählte daraufhin von einem Propper,
der sich auch als Taschendieb betätigt hatte und erwischt worden war.
     
    Ich nickte zwar, war aber keineswegs
beruhigt. Außerdem war Ernie überzeugt, dass kein Hotel mich als Rezeptionistin
einstellen würde — noch nicht einmal als Zimmermädchen. Die besseren Jobs wie
Rezeptionistin oder Bürokraft würden in Katalonien gerne an Katalanen vergeben,
sagte er. Und für die schlechteren Jobs wie Zimmermädchen oder Bedienung nähme
man gerne

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