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Vorsaison

Vorsaison

Titel: Vorsaison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Weitzels
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stellte er mir dann
tatsächlich nur eine Copa, gefüllt mit Orangensaft hin und das gracias ,
was ich ihm daraufhin zuflüsterte war wirklich ernst gemeint. Paco nickte wieder
fast unmerklich und ich wusste, dass er mich verstanden hatte. Solange kein
Alkohol im Spiel war, würden er und ich bestens auskommen!
     
    Ein anderer Spanier aus dieser Gruppe
kam kurz darauf ebenfalls zu uns herüber, während zwei bei den Schottinnen
stehen blieben. Nur Rosi ging wieder einmal leer aus und zog sich unauffällig zurück
in ihre Ecke bei der Toilette. Der dort montierte Schmuckpfeiler, der genau auf
der Ecke der Theke stand, dort wo diese die Biegung zur Wand hin machte,
verdeckte sie weitestgehend. Rosi selbst hatte von dort jedoch einen
hervorragenden Überblick über die Bar. Rosi tat mir irgendwie leid, aber ich
hatte jetzt nicht die Zeit, um über ihr Schicksal nachzudenken. Ich hatte alle
Hände voll damit zu tun, mir einen der beiden Spanier vom Hals zu halten, ohne
dabei gleich zu unhöflich zu wirken! Corinna hatte dies besser im Griff
und als ihr Gast ebenfalls aufdringlich wurde, verabschiedete sie sich
kurzerhand und verschwand erst einmal für längere Zeit auf der Toilette. Allerdings
hatte dies nur zur Folge, dass ich mir daraufhin gleich zwei Kerle vom Hals
halten musste! Im Vergleich zu den angenehmen drei Stunden Plauderei mit Titus
und Adelio waren die 90 Minuten mit diesen beiden Kerlen Stress pur! Ich
verstand plötzlich, warum Corinna ihre Copas auch so zügig leerte; das hier war
Schwerstarbeit und dafür sollten diese Kerle wenigstens bezahlen.
     
    Als Paco endlich die Musik
abschaltete und das Licht wieder heller dimmte, war es schon halb vier Uhr
morgens. Paco entschuldigte sich bei seinen Gästen mit den Worten, dass er nur
eine Konzession bis 3.00 Uhr habe und sich auch keinen Ärger mit der Polizei
leisten könnte. Wie immer hatte ich Schwierigkeiten Pacos Genuschel zu
verstehen und Corinna übersetzte das Meiste. Anscheinend hatte Paco nämlich
schon mehrere Verwarnungen bekommen, weil er die Sperrstunde immer wesentlich
überschritten hatte. Beim nächsten Mal würde nun eine saftige Geldstrafe
fällig. Ich nahm mir vor, noch mehr Spanisch zu büffeln, damit ich in einigen
Monaten so gut Spanisch könnte, dass Titus mir einfach einen Job als
Reiseleiterin geben müsste! Dieser Gedanke hielt mich in den kommenden Wochen
aufrecht — vor allen Dingen nachdem auch die „Uncle Sam“ Boutiquen wenig Neues
mehr zu bieten hatten! Paco komplimentierte seine Gäste nun höflich aber
bestimmt hinaus. Nachdem dann alle weg waren, atmete ich erst einmal auf. Dann
fing ich an zu rechnen: 8 Piccolos von Titus und Adelio, plus einen von Manolo,
plus eine normale Copa von Manolo, plus 5 weitere normale Copas von den letzten
Gästen, …33 Copas — das machte sage und schreibe 19.500 Peseten — fast 300 DM!
     
    Corinna hatte etwas weniger, weil Manolo
nur mir einen Piccolo ausgegeben hatte, aber natürlich war auch sie zufrieden.
Auch die Schottinnen schienen zufrieden zu sein, obwohl sie bei weitem nicht so
viel umgesetzt hatten, wie Corinna und ich. Die einzige, die leer ausging war
Rosi. Ich war total erschöpft und meinem Gefühl nach auch noch immer halb
betrunken! Meine Sachen und meine Haare stanken nach Rauch, so wie sie selbst
nach einer langen Nacht in einer Discothek nicht hätten stinken können — aber
ich war happy. Selbst wenn ich nur einen Tag pro Woche im „Mau-Mau“
arbeiten würde, würde ich immer noch wesentlich mehr verdienen, wie der beste Kellner
oder der beste Propper in ganz Lloret de Mar! Corinna schien auf dem Nachhauseweg
meine Gedanken zu erraten, als sie sagte, dass alle anderen Gastarbeiter uns auch
nicht annähernd das Wasser reichen könnten. Im Vergleich zu uns wären das alles
arme Schlucker. Sie riet mir eindringlich, niemandem zu erzählen, wie viel wir
tatsächlich verdienten! Corinna sagte aber auch, dass wir heute Abend wirklich
Glück gehabt hätten, weil Titus vorbeigekommen sei, und dass es im Winter schon
schwieriger wäre, so viel Umsatz zu machen. Im Sommer hingegen seien Abende mit
30 Copas — oder mehr — jedoch eher die Regel als die Ausnahme. Eigentlich hatte
ich sie noch Fragen wollen, was es mit Titus und ihr auf sich hatte — irgendetwas
lief da zwischen den beiden. Etwas das über eine normale Gast-Barmädchen-Beziehung
hinausging! Und warum hatte sie sich stattdessen nicht lieber den schönen
Adelio geangelt? Und was in Herrgotts Namen fand

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