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Vorsaison

Vorsaison

Titel: Vorsaison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Weitzels
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und gefragt,
wie ich dies denn machen sollte — ich konnte Babs weder ständig kontrollieren,
noch konnte oder wollte ich sie bevormunden. Ich erklärte, Babs sei alt genug,
um selbst auf sich aufzupassen, immerhin musste ich das ja auch! Doch Sonja hatte
nur rigoros den Kopf geschüttelt. Ich stellte mir dann vor, wie ich Sonja und
Maurice zusammen an einen Tisch setzen würde, damit die beiden ausdiskutieren
konnten, wie ich mich in Sachen Babs am besten verhalten könnte! Jedoch nahm ich
mir vor, gleich am nächsten Tag mal in dem Supermarkt vorbeizuschauen, in dem
Babs arbeitete.
     
    Sonja war traurig, weil ich nun schon
so bald wieder abreisen würde, doch sie sah ein, dass ich weg musste. An diesem
Abend gab ich ihr auch die Adresse von Ernies piso in Lloret und
versprach auch ihr, regelmäßig zu schreiben. Ich hatte ihr auch kurz von
Corinna erzählt und dass wir beide vorhätten, uns gemeinsam eine Wohnung zu
suchen. Sonja wollte wissen, was für ein Typ Corinna denn sei. Mein Bauch sagte
mir, dass unsere Bekanntschaft sich wohl eher zu einer Art Zweckgemeinschaft als
zu einer wirklichen Freundschaft entwickeln würde, aber davon sagte ich Sonja
nichts. Zu ihr sagte ich, dass Corinna und ich uns ganz gut ergänzten und ich
ansonsten noch nicht viel sagen könnte, weil ich sie ja auch erst ein paar Tage
kannte.
     
    Am nächsten Tag fuhr ich gleich
morgens zu dem Supermarkt, wo Babs arbeitete. Babs war nicht da und man sagte
mir, sie habe sich gleich Montagmorgen krank gemeldet. Ich fand das merkwürdig
und überlegte, was ich als nächstes tun sollte. In einer Telefonzelle, die auch
tatsächlich noch über ein intaktes Telefonbuch verfügte, suchte ich nach der
Telefonnummer ihrer Eltern und rief kurz entschlossen dort an. Ein Mann ging an
den Apparat, wahrscheinlich ihr Vater und ich fragte nach Babs. Ohne wissen zu
wollen, wer da überhaupt nach Babs fragte, schnauzte der Mann mich an, dass
Babs krank sei und legte auf. Ich überlegte nun, ob ich nicht einfach zu ihren
Eltern fahren sollte. Ich könnte mich ja als Arbeitskollegin ausgeben, die
gehört hatte, dass Babs krank sei und die sie nun besuchen wollte. Ich war mir
sicher, dass ihre Eltern die Kollegen ihrer Tochter nicht kannten. Meiner
Meinung nach hatten ihre Eltern noch nicht einmal ein Auto und ich meinte mich
zu erinnern, dass ihr Vater früher immer mit einem Kreidler Moped zur Arbeit
gefahren war. Ihre Eltern lebten auf dem Land und kamen sicherlich nur selten
in die Stadt. Wie sonst hätte Babs auch solange ihr Doppelleben vor ihnen
geheim halten können? Also machte ich mich auf den Weg zu Babs‘ Eltern, die ein
altes und ziemlich heruntergekommenen Bauernhaus bewohnten. Ihre Mutter öffnete
in Hausschuhen und mit einer Kittelschürze bekleidet die Tür. Für einen
winzigen Moment dachte ich dabei, sie hätte mich von früher her wiedererkannt —
immerhin war ich im Nachbardorf aufgewachsen. Doch dann begriff ich, dass sie
bloß extrem kurzsichtig war. In dem langen Hausflur hinter ihr war es dunkel
und der Mief von Schweineexkrementen kroch immer noch aus dem Gebälk der
Fachwerkkonstruktion, obwohl dieser Hof schon seit mindestens 20 Jahren kein
lebendiges Schwein mehr in Logis gehabt hatte.
    >>Ja?<<, machte Babs‘
Mutter und blinzelte in die fahle Wintersonne. Ich riss mich zusammen und sagte
mein Ständchen auf, welches ich im Bus hierher leise geprobt hatte. Ich sagte,
mein Name sei Sabrina und ich sei eine Kollegin von Babs aus dem Supermarkt.
Und weil Babs schon die ganze Woche krank sei, hätte ich gedacht, ich käme sie
mal besuchen. Babs‘ Mutter blinzelte nur wieder und machte: >>Ja-ja?<<
    Dabei trat sie einen Schritt zur
Seite und ich nahm dies als Aufforderung, das Haus zu betreten. Irgendwie kam
mir die Frau senil vor und ich fragte mich, wie alt sie wohl war. Dann hörte
ich eine Männerstimme, die schrie: >>Meta, wer ist da an der Tür!<<
    Meta antwortete jedoch nicht und warf
stattdessen einen fragenden Blick auf mich, so als ob ich statt ihrer Antworten
solle. Also holte ich Luft und rief, ich sei eine Kollegin von Babs, die sie
gerne besuchen wollte. Augenblicklich hörte ich schlurfende Schritte und am Ende
des langen Flurs tauchte ein Schatten auf.
    >>Machen Sie dass Sie hier
wegkommen<<, rief der Mann im Näherkommen und schwang dabei einen
Gehstock. >>Meine Tochter braucht keinen Besuch — nächste Woche ist sie
wieder da und nun verschwinden Sie!<<
    Intuitiv trat ich wieder einen
Schritt hinaus und da war der

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