Vorsaison
verleugnen.
Zugegeben, der Plan war riskant. Was,
wenn mein Ex in Köln einfach in den Bus stieg und ihn durchsuchte, weil er mich
unter den einsteigenden Passagieren nirgends entdeckte? Ohne Ticket kam er
jedoch nicht in den Bus, fiel mir wieder ein und ich beruhigte mich etwas,
während der Bus in Richtung Köln fuhr. Er könnte aber einen der Fahrer fragen,
ob sie einen Passagier mit meinem Namen auf der Buchungsliste hätten. Dann
würde herauskommen, dass ich schon zugestiegen war und die Gefahr war groß,
dass mein Ex den Bus dann einfach stürmte. Die Fahrt nach Köln wurde zum
Höllentrip und mit jeder Minute stieg meine Nervosität. Zum Glück war der Bus
noch fast leer und ich hatte mich ziemlich weit nach hinten gesetzt. Als der
Bus endlich in Köln am Busterminal vorfuhr, warteten dort circa 15 Personen.
Ich lugte vorsichtig über den Rand meiner Zeitung. Meine Haare hatte ich zu
einem Dutt zusammengebunden und unter einer bunten Rasta-Mütze in
jamaikanischen Farben versteckt. Mein Gesicht zierte zudem eine Sonnenbrille
mit weißem Plastikrahmen und kreisrunden Gläsern — was hier im Europabus aber
nicht weiter auffiel. Ich wusste von der letzten Fahrt, dass hier die skurrilsten
Typen mitfuhren.
Doch mein Ex tauchte nirgends auf.
Die Koffer der Mitreisenden wurden eingeladen und circa dreißig Minuten später
nahmen wir unsere Reise wieder auf. Sollte ich mich in meinem Ex so geirrt
haben? Bis zur deutsch-französischen Grenze würde der Bus, dessen Endstation
Barcelona war und von wo aus man aber in einem anderen Bus tatsächlich weiter
bis nach Madrid fahren konnte, noch mehrmals halten. Vielleicht wartete er an
einer anderen Haltestation? Der Bus wollte gerade von dem riesigen Gelände des Busterminales
auf die normale Straße abbiegen, als er eine Vollbremsung machte. Der Fahrer hupte
und ich hörte ihn schimpfen, obwohl ich ziemlich weit hinten saß. Außerdem saß
ich auf der rechten Seite und konnte nicht sehen, was auf der Fahrerseite geschah.
Mit ungutem Gefühl stand ich auf und ging zu einer Sitzreihe auf der linken
Seite, etwas weiter vorne, wo noch niemand saß und schaute aus dem
Fenster. Ein weißer, alter Ford Capri hatte dem Bus den Weg auf die Straße
versperrt. Ich kannte zwar nicht den Wagen, aber dafür den Mann, der aus dem
Wagen gestiegen war. Der Busfahrer hatte mittlerweile eine Scheibe
heruntergekurbelt und schrie meinen Ex-Freund an, ob er noch ganz dicht sei und
er solle gefälligst sein Auto da wegfahren! Mein Ex ignorierte ihn jedoch und
fing nun an, um den Bus herumzugehen, während sein Wagen den Weg versperrte.
Krücken gebrauchte mein Ex dabei nicht mehr, aber er humpelte immer noch. Ich sah,
wie er auf mich zukam. Sofort zog ich mich wieder auf die andere Seite zurück.
Der Busfahrer hupte wieder und fluchte gleichzeitig wie ein Schiffschaukel-bremser.
Er wartete noch einen Moment und da kein anderes Fahrzeug hinter uns stand, setzte
er schließlich rückwärts — gerade in dem Moment, als mein Ex hinten um den Bus
herum zu meiner Seite kam. Es hätte nicht viel gefehlt und der Fahrer hätte ihn
beim Rückwärtssetzen überfahren. Ich hatte mich extra nicht an den Fensterplatz
in meiner Sitzreihe gesetzt, sondern auf den Platz am Gang. So konnte ich etwas
geschützter beobachten, wie mein Ex plötzlich genau durch mein Fenster auf mich
starrte. Trotz meiner Verkleidung hatte er mich sofort erkannt. Das alles ging
jedoch rasend schnell. Der Fahrer brüllte nun, was dieser Idiot da draußen eigentlich
mache und ob er unbedingt heute sterben wollte! Dann hatte der Fahrer wieder
den Vorwärtsgang drin und fuhr in großem Bogen um meinen Ex herum über das
Gelände des Busterminales in Richtung einer anderen Zufahrt zum Gelände. Mein Ex
blieb stehen und drehte sich, um dem Bus hinterherzublicken. Da der Bus nun
eine andere Ausfahrt nahm, die weiter hinten lag, musste er, nachdem er auf der
normalen Straße angekommen war, jedoch noch einmal außen um den Busterminal herumfahren.
Dabei kam der Bus auch wieder nahe der Stelle vorbei, wo der Capri ihm den Weg
versperrt hatte. Diesmal saß ich auf der rechten Seite natürlich genau richtig
und konnte sehen, wie mein Ex gerade wieder in seinen Wagen sprang! Unser Fahrer
fluchte immer noch und ich hörte, wie er seinen Kollegen anschrie, über Funk
die Zentrale zu verständigen und das Kennzeichen dieses Verrückten durchzugeben.
Mein Herz schlug bis zum Hals. Ich
saß auf meinem Platz und tat so, als ginge mich
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