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Vorsatz und Begierde (German Edition)

Vorsatz und Begierde (German Edition)

Titel: Vorsatz und Begierde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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Überraschung, mochten sie nun gespielt sein oder nicht – zu zeigen. Doch statt dessen sagte er nur gleichmütig: »Das brauchen Sie mir nicht mehr mitzuteilen. Das weiß ich schon. George Jago hat heute morgen vom Local Hero aus angerufen.«
    Sieh mal an, dachte Rikkards und setzte George Jago insgeheim auf die Liste der Leute, die er möglichst rasch befragen mußte.
    »Wird Theresa zu Hause sein und sich so weit wohl fühlen, daß sie heute nachmittag mit uns reden kann?« fragte er.
    »Sie wird dasein und sich auch wieder wohl fühlen.« Und mit diesen Worten schloß Blaney die Haustür.
    »Weiß der Himmel, warum die Robarts diese Bruchbude überhaupt gekauft hat!« sagte Sergeant Oliphant. »Und dann hat sie seit Monaten versucht, ihn und seine Kinder rauszuekeln. Das hat man ihr in Lydsett wie auch auf der Landspitze verübelt.«
    »Das haben Sie mir schon auf der Fahrt hierher gesagt. Aber wenn Blaney sie umgebracht hat, würde er doch kaum die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, indem er das Bild durch das Fenster von Thyme Cottage wirft. Außerdem will es mir nicht in den Kopf, daß die beiden Strafbestände – ein Mord und eine Sachbeschädigung –, zu denen es in derselben Nacht gekommen ist, nichts miteinander zu tun haben.«
    Der Tag fängt ja gut an, dachte Rikkards. Der Sprühregen – kalte Tropfen rannen seinen hochgeklappten Mantelkragen herab – steigerte seine Niedergeschlagenheit. Er hatte gar nicht bemerkt, daß es auf der gesamten Landzunge regnete, und sich eingebildet, nur von Scudder’s Lane und dem zwar malerischen, aber verwahrlosten Haus ginge eine solch deprimierende Aura aus. Er mußte sich noch über manches klarwerden, bevor er zurückkehren würde, um Ryan Blaney etwas härter anzupacken. Dabei sah er diesem Gespräch nicht gerade mit Vorfreude entgegen. Als er die Pforte über dem wuchernden Unkraut schloß, schaute er noch einmal zum Haus hinüber. Vom Kamin stieg kein Rauch auf. Die von einem Salzwasserfilm beschlagenen Fenster waren geschlossen. Man konnte sich nicht vorstellen, daß da eine Familie lebte und daß das Haus noch gar nicht lange einen so vernachlässigten Eindruck machte. Im rechten Fenster erspähte er ein bleiches, von rotgoldenem Haar eingerahmtes Gesicht. Theresa Blaney blickte ihnen nach.

28
    Zwanzig Minuten später waren die drei Fahnder im AKW von Larksoken. Man hatte ihnen auf dem Park-Areal außerhalb des Werkzauns in der Nähe des Wachhauses einen Platz reserviert. Als sie auf das Gittertor zuschritten, ging dieses automatisch auf. Einer der Wachmänner kam heraus und entfernte die Absperrkegel. Die Formalitäten waren bald erledigt, und der diensttuende Sicherheitsbeamte – er war in Uniform – behandelte sie mit gleichmütiger Höflichkeit. Sie trugen sich ins Besucherbuch ein und erhielten Plaketten, die sie sich ans Revers hefteten. Der Wachhabende meldete telephonisch ihre Ankunft, teilte ihnen mit, daß Miss Amphlett, die persönliche Assistentin des Direktors, sogleich kommen werde, und kümmerte sich dann nicht weiter um sie. Sein Kollege, der die Markierungskegel entfernt hatte, unterhielt sich mit einem stämmigen Mann im Taucheranzug, der seinen Taucherhelm unter den Arm geklemmt hielt und offenbar in einem der Kühltürme gearbeitet hatte. Auch diese beiden brachte die Ankunft der Polizei nicht aus der Fassung. Sollte Dr. Mair seine Mitarbeiter instruiert haben, daß man sie höflich empfangen sollte, aber ohne viel Aufhebens, hätte man seine Anweisung nicht besser befolgen können.
    Durch das Fenster des Wachhauses sahen sie, daß sich eine Frau, wohl Miss Amphlett, auf dem betonierten Weg dem Wachhaus ohne große Eile näherte. Es war eine kühl dreinblickende, selbstbewußte Blondine, die, nachdem sie eingetreten war, Sergeant Oliphants abschätzigen Blick ignorierte, als wäre er überhaupt nicht vorhanden, und Rikkards mit ernster Miene begrüßte.
    »Dr. Mair erwartet Sie, Chief Inspector«, sagte sie und machte kehrt, um ihnen vorauszugehen. Rikkards kam sich vor wie ein Patient, den man zu einem Facharzt führt. Vom Auftreten einer persönlichen Assistentin kann man auf ihren Chef schließen, dachte er. Und was diese ihm über Dr. Alex Mair verriet, bestärkte ihn in seiner vorgefaßten Meinung. Er mußte an seine eigene Schreibkraft denken, an die strubbelköpfige neunzehnjährige Kim, die sich nach der letzten Teenie-Mode anzog, deren Stenokenntnisse ebenso unzulänglich waren wie ihr Zeitgefühl, die jeden Besucher,

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