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Vorsatz und Begierde (German Edition)

Vorsatz und Begierde (German Edition)

Titel: Vorsatz und Begierde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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die grauen, spöttischen Augen sah, überlegte er, wie dieser ihn wohl einschätzen mochte. Ihm fiel ein Gespräch ein, das er vor Jahren in der Kantine von New Scottland Yard zufällig mitangehört hatte. »O nein, Ricky ist gewiß kein Dummkopf«, hatte jemand über ihn gesagt. »Er ist gerissener, als er aussieht.« »Hoffentlich«, hatte die andere Stimme erwidert. »Mich erinnert er immer an die Typen, die man in jedem Kriegsfilm sieht. An den biederen, braven Landser, der eine Kugel abbekommt und mit der Schnauze im Dreck landet.«
    Na ja, bei dieser Vernehmung wollte er jedenfalls nicht mit der Schnauze im Dreck landen. Der Raum mochte seinetwegen so wirken, als sollte er ihn einschüchtern, aber es war nur ein Büro. Und Alex Mair war trotz all seiner Selbstsicherheit und Intelligenz, die man ihm nachsagte, auch nur ein Mensch. Wenn er Hilary Robarts umgebracht hatte, würde er – wie schon gescheiterte Männer vor ihm – hinter schwedischen Gardinen landen und von den wechselnden Stimmungen am Meer nur noch träumen können.
    Als sie sich setzten, sagte Dr. Mair: »Da ich annehme, daß Sie einen Raum benötigen, wo Sie meine Mitarbeiter befragen können, habe ich Ihnen ein Zimmer in der medizinischphysikalischen Abteilung reserviert. Miss Amphlett wird Sie hinführen. Es ist mit einem kleinen Kühlschrank und einem Elektroherd ausgestattet, so daß Sie sich Kaffee oder Tee zubereiten können. Wenn Sie möchten, können Sie sich auch Tee oder Kaffee aus der Kantine kommen lassen. Das Kantinenpersonal könnte Ihnen auch einfache Mahlzeiten zubereiten. Miss Amphlett wird Ihnen die heutige Speisekarte vorlegen.«
    »Vielen Dank«, erwiderte Rikkards. »Kaffee können wir uns selbst zubereiten.«
    Er fühlte sich unsicher und überlegte, ob diese Empfindung absichtlich in ihm geweckt wurde. Da sie einen Befragungsraum benötigten, konnte er sich schlecht darüber beklagen, daß Dr. Mair dies bereits in Betracht gezogen hatte. Dennoch hätte er sich besser gefühlt, wenn er die Initiative hätte übernehmen können. Die Augen, die ihn über den Schreibtisch hinweg musterten, hatten einen unbesorgten, abwartenden, ja geradezu abschätzigen Ausdruck. Ihm war bewußt, daß dieser Mann da Macht hatte. Zudem war es eine Macht – selbstsichere intellektuelle Autorität nämlich –, die ihm ungewohnt war. Vor einer Ansammlung von Polizeipräsidenten wäre ihm wohler gewesen.
    »Ihr Polizeipräsident hat sich mit der Atomüberwachungsbehörde in Verbindung gesetzt«, sagte Dr. Mair. »Inspector Johnston würde Sie gern noch heute vormittag sprechen, bevor Sie mit den Befragungen beginnen. Ihm ist zwar bewußt, daß die Kripo zuständig ist, aber auch er ist am Fortgang der Untersuchung interessiert.«
    »Wir nehmen das zur Kenntnis«, erwiderte Rikkards, »und wären für seine Unterstützung dankbar.«
    Und es würde wohl lediglich eine Unterstützung, aber keine Einmischung sein. Er hatte sich über die Zuständigkeiten der Überwachungsbehörde bereits informiert. Ihm war klar, daß es in diesem Fall zu Meinungsverschiedenheiten und einer Überschneidung von Machtbefugnissen kommen konnte. Dennoch war es im Grunde ein Fall für die Kripo von Norfolk, da es sich um eine Fortführung der mit den Whistler-Morden verbundenen Untersuchung handelte. Sollte sich Inspector Johnston einsichtig zeigen, würde Rikkards es ebenso halten. Trotzdem war es keine Sache, die er mit Dr. Mair hätte besprechen müssen.
    Dr. Mair zog die rechte Schreibtischschublade heraus und holte einen Umschlag hervor.
    »Das ist Hilary Robarts’ Personalakte«, erklärte er. »Es gibt keinen Grund, warum Sie sie nicht einsehen dürften. Sie verschafft Ihnen die wichtigsten Daten – Alter, Ausbildung, akademische Grade, ihre ganze Karriere, bevor sie 1984 als Leiterin der Verwaltungsabteilung zu uns kam. Dazu noch ein Lebenslauf, in dem jedoch bezeichnenderweise Fakten, die die Privatsphäre betreffen, ausgespart sind. Es ist nur das kahle Gerüst eines Lebens.«
    Dr. Mair schob den Umschlag über den Schreibtisch. Es war eine abschließende Geste. Ein Leben war abgehakt, abgetan.
    »Vielen Dank, Sir«, sagte Rikkards und nahm den Umschlag entgegen. »Das wird uns weiterhelfen. Aber möglicherweise könnten Sie das kahle Gerüst mit etwas Leben anreichern. Sie kannten sie doch gut?«
    »Sehr gut sogar. Wir hatten eine Zeitlang eine intime Beziehung zueinander. Ich weiß, das schließt nicht unbedingt mehr als eine physische

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