Vorsicht, frisch verliebt
schwirrenden Biene. »Wie oft bekomme ich wohl die Gelegenheit, mich an einer Weinlese in der Toskana zu beteiligen?«
»Ich kann dir versichern, dass die Romantik dieses Vorhabens nicht allzu lange anhält.«
Damit hatte er sicher Recht, dachte sie, als er sich den Schweiß von der Stirn wischte und wieder verschwand.
Sie starrte blind auf die Biene, die einen kurzen Zwischenstopp auf ihrem Handrücken einlegte. Statt zu ihr in das Bauernhaus zu kommen, hatte er sie gestern Abend aus der Villa angerufen, um mitzuteilen, er hätte noch zu tun. Eigentlich hätte sie ebenfalls arbeiten müssen, stattdessen jedoch hatte sie vor dem Kamin gesessen und gegrübelt. Die Schatten von Rens Vergangenheit hingen wie Spinnweben um seine Seele und machten die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft für sie beide zunichte. Vielleicht war sie ihm aber auch einfach nur zu viel.
Sie war dankbar, als eine der jüngeren Frauen kam, um ihr zu helfen, und konzentrierte sich ganz auf die aufgrund ihrer beider begrenzten Kenntnisse der jeweils anderen Sprache, etwas mühsame Unterhaltung.
Bis zum Abend war die Hälfte der Trauben gelesen, und ohne auch nur ein Wort mit Ren zu wechseln, der mit ein paar der Männer ein Glas Wein trank, machte sie sich auf den Weg zurück zu ihrem Haus. Tracys Einladung zum Essen lehnte sie dankend ab. Sie war derart erschöpft, dass sie nur noch ein Brot aß und sich in ihr Bett sinken ließ.
Als viel zu früh der nächste Morgen anbrach, rollte sie sich mit schmerzenden Gliedern auf die andere Seite und überlegte, ob sie liegen bleiben sollte, doch die Verbundenheit während der Lese und das Gefühl, endlich einmal wieder etwas Sinnvolles geleistet zu haben, hatten sie mit einem Gefühl der Zufriedenheit erfüllt, und so stand sie, wenn auch mühsam, so doch entschlossen auf.
Heute ging die Arbeit eindeutig schneller. Vittorio war mit von der Partie und unterhielt sich angeregt mit ihr über seine Erlebnisse mit anderen Touristen, Tracy kam mit Connor, um ihr vom ersten Schultag der anderen Kinder sowie von Harrys Anruf am Ende seines ersten Tags allein in Zürich zu berichten, und Fabiola erzählte ihr in ihrem begrenzten Englisch, wie sehr sie sich um eine Schwangerschaft bemühte. Lediglich Ren hatte bisher kaum ein Wort mit ihr gewechselt, und sie fragte sich, ob er deshalb als Einziger kaum eine Pause machte, weil der Weinberg ihm gehörte, oder weil ihm dadurch ein Gespräch mit ihr erspart blieb.
Als am späten Nachmittag nur noch wenige Reihen übrig waren, ging sie hinüber an den Wassertisch, um ihren Becher neu zu füllen, als sie plötzlich lautes Lachen hörte und verblüfft den Kopf hob. Aus Richtung der Villa kamen drei Männer und zwei Frauen zum Weinberg spaziert.
Ren stellte den von ihm geleerten Bottich auf die Erde und ging winkend auf die Fünfergruppe zu. »Wurde auch allmählich Zeit, dass ihr erscheint.«
Zwei der drei Männer gehörten zur Kategorie Adonis, und sie beide sprachen mit unüberhörbar amerikanischem Akzent.
»Wenn der General in sein Horn bläst, kommt die Kavallerie natürlich prompt zu seiner Rettung.«
»Wo ist das Bier?«
Ein teuer aussehender Rotschopf mit einer kostspieligen hochgeschobenen Sonnenbrille bedachte Ren mit einer Kusshand. »Hey, Baby. Du hast uns gefehlt.«
»Freut mich, dass ihr kommen konntet.« Er küsste erst sie und dann die zweite Frau - einen Pamela-Anderson-Verschnitt - zärtlich auf die Wangen.
»Ich sterbe, wenn ich nicht sofort eine Cola light bekomme«, erklärte sie ihm fröhlich. »Dein herzloser Agent hat sich geweigert, unterwegs eine Pause zu machen, damit ich mir irgendwo eine besorgen kann.«
Der vierte Mann war klein und dünn und um die Mitte vierzig. Seine Sonnenbrille baumelte an einer Schnur um seinen Hals, er presste ein Handy an sein Ohr und machte durch Pantomime deutlich, dass der Anrufer ein Trottel und er in einer Sekunde fertig sein würde.
Die rothaarige Schönheit lachte kehlig und strich mit ihrem Zeigefinger über Rens entblößte Brust. »Oh, lieber Himmel, Schätzchen, sieh dich bloß mal an. Ist das echter Dreck?«
Isabel rang empört nach Luft. Was bildete das Weib sich ein? Die Brust gehörte Ren! Isabel blickte auf die tief sitzende, kurze Hose, die mörderischen Schuhe, die endlosen Beine und den nackten Bauchnabel der Konkurrenz. Weshalb hatte Ren ihr nichts davon gesagt, dass er diese Leute eingeladen hatte?
Sie stand gerade weit genug entfernt, dass er sie problemlos hätte ignorieren
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