Vorsicht, frisch verliebt
Arbeit verloren habe ...
Dr. Favor,
meine Frau und ich verdanken den Fortbestand unserer Ehe alleine Ihnen. Wir hatten ernste Geldsorgen und ...
Liebe Miss Favor,
ich habe noch nie an irgendwelche Berühmtheiten geschrieben, aber ohne Sie ...
All die Briefe waren nach dem ruhmlosen Ende von Isabels Karriere geschrieben worden, doch das war den Verfassern und Verfasserinnen offensichtlich egal. Sie interessierte einzig das, was sie ihr verdankten.
»Ziemlich jämmerlich, nicht wahr?« Isabel stand in der Tür und band den Gürtel ihres Morgenrocks zusammen.
Er brachte nur mühsam einen Ton heraus. »Warum sagst du das?«
»Zwölf Briefe in zwei Monaten.« Sie vergrub die Hände in den Taschen und verzog resigniert das Gesicht. »Auf dem Höhepunkt meiner Karriere kamen die Dinger täglich kistenweise bei mir an.«
Er ließ die Briefe auf den Boden fallen und sprang erbost von seinem Stuhl. »Dann geht es bei der Rettung von Seelen also um die Quantität und nicht um die Qualität?«
Sie bedachte ihn mit einem eigenartigen Blick. »Ich wollte damit nur sagen, dass ich mal so viel hat und alles zerstört habe.
»Du hast ganz sicher nichts zerstört! Lies nur diese Briefe. Lies diese verdammten Briefe, und hör auf, dich in deinem elenden Selbstmitleid zu suhlen.«
Er benahm sich wie ein Schwein, und jede andere Frau hätte ihm dafür die Augen ausgekratzt. Nicht aber Isabel. Nicht diese verdammte Heilige. Sie zuckte nicht mal. Sie blickte nur traurig - und traf ihn dabei mitten ins Herz.
»Vielleicht hast du Recht«, antwortete sie leise, wandte sich ein wenig ab, und er wollte sie gerade um Verzeihung bitten, als sie die Augen schloss. O nein, das war zu viel. Er wusste, wie man mit Frauen umging, die weinten oder tobten, was aber tat man mit einer Frau, die mit dem lieben Gott sprach? Auch wenn es seinem Wesen widersprach, war es an der Zeit, zu denken wie ein Held. »Ich muss zurück zur Villa. Wir sehen uns dann morgen früh bei der vendemmia.«
Sie schaute ihn nicht an und gab auch keine Antwort, doch wer könnte ihr dieses Verhalten wohl verdenken? Weshalb sollte sie mit dem Teufel sprechen, wenn ihre Partnerwahl bereits auf Gott gefallen war?
21
Am nächsten Morgen war nur Massimo vor Ren im Weinberg, und das nicht, weil Ren so viel früher als alle anderen Helfer aufgestanden, sondern weil er gar nicht erst ins Bett gegangen war. Er hatte die Nacht damit verbracht, Musik zu hören und an Isabel zu denken.
Als hätten seine Gedanken sie heraufbeschworen, tauchte sie plötzlich wie ein erdverbundener Engel aus dem frühen Morgennebel auf. Sie trug eine neue Jeans, der man noch ansah, wo sie an den Knien zusammengelegt gewesen war. Das über ihrem T-Shirt zugeknöpfte Flanellhemd gehörte genau wie die Baseballkappe ihm. Trotzdem war ihre Erscheinung wie üblich tadellos. Er dachte an die Fanpost, die sie hierher nachgeschickt bekommen hatte, und hatte das Gefühl, als brenne sich in seine Brust ein tiefes Loch.
Eine Wagentür wurde zugeschlagen, und dank Giancarlos Ankunft blieb Ren mehr als ein kurzer Gruß an sie erspart.
Allmählich tauchten auch die anderen Helfer nacheinander auf, Massimo fing an Befehle zu erteilen, und die vendemmia begann.
Die Traubenlese war tatsächlich ein schmutziges Geschäft. Als Isabel die schweren Rispen in den paniere , also in den Korb warf, rann der Saft ihr langsam, aber sicher in die Ärmel, und ihre Schere wurde mit der Zeit so klebrig, als hätte jemand sie an ihren Händen festgeleimt. Außerdem trug sie bereits nach kurzer Zeit ein breites, gepolstertes Pflaster um den Finger, denn das Gerät erwischte nicht nur die harten Stängel, sondern oft genug ihr Fleisch.
Ren und Giancarlo gingen durch die Reihen, sammelten die vollen Körbe ein, kippten den Inhalt in die auf dem kleinen Anhänger des Traktors aufgereihten Plastikzuber und luden diese vor dem alten Steinhaus am Fuß des Weinbergs ab, wo eine andere Gruppe anfing, die Trauben zu zerdrücken und den Most zum Gären in große Fässer schüttete.
Es war ein bewölkter, kühler Tag, Ren jedoch hatte ein dünnes T-Shirt mit dem Logo eines seiner Filme an, tauchte gerade neben Isabel auf und bückte sich nach dem von ihr gefüllten Korb. »Du weißt, dass du nicht helfen musst.«
In der nächsten Reihe hielt sich eine der Frauen zwei Traubenbüschel vor die Brüste und schwenkte sie zum fröhlichen Gelächter der anderen gespielt verführerisch herum. Isabel schlug nach einer um ihren Kopf
Weitere Kostenlose Bücher