Vorsicht, Herzalarm! (German Edition)
Knoblauchbrot in den Ofen und setzte das Wasser für die Spaghetti auf. Kyle öffnete eine Flasche Wein. Danach saßen sie in dem gemütlichen Essbereich der Küche nebeneinander, und er erzählte ihr während des Essens Geschichten aus seinen frühen Major-League-Tagen, mit denen er sie ständig zum Lachen brachte.
Das Essen war köstlich und erinnerte sie an den Abend, als er in ihrer Highschool-Zeit für sie gekocht hatte. Ihre erste gemeinsame Nacht. Und während sie gerade darüber nachdachte, lehnte er sich zurück und schaute sie aus seinen tiefblauen Augen an.
Ein leichtes Beben durchfuhr sie.
„Ich schätze, wir sollten uns nun auf den neuesten Stand bringen, meinst du nicht?“
Sie schluckte hart, weil sie eigentlich nicht dazu bereit war.
Doch er war es offensichtlich. „Was ist passiert, nachdem ich gegangen bin?“, wollte er wissen und kam damit gleich zum Knackpunkt.
Julia spürte, wie ihre Gefühle sie überwältigten und sie auf Abwehr schaltete. Ihre Muskeln versteiften sich, und sie zwang sich zu einer Antwort: „Das Leben ging weiter.“
Er verdrehte die Augen angesichts dieses Ausweichversuches. „Kannst du dich vielleicht ein bisschen genauer ausdrücken?“
Das konnte sie, wenn sie es wollte. Aber sie wollte nicht. „Der Zustand meiner Schwester verschlechterte sich, und schließlich starb sie.“ Herrje, das Wort brachte sie noch immer aus dem Gleichgewicht, und sie musste den Kloß in ihrem Hals hinunterschlucken.
Obwohl er ihr mitfühlend die Hand auf die Schulter legte, ließ er sie nicht vom Haken. Er wollte Antworten, und offenbar würde er so lange warten, bis er sie bekam.
Sie stieß einen langen Seufzer aus. „Na gut. Ich besuchte dann ein Semester verspätet das College, weil ich für meine Familie da sein wollte. Ich dachte, meine Eltern würden sich mir zuwenden, doch das taten sie nicht. Sie wandten sich kaum einmal einander zu.“ Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und lockerte sie wieder. Sie fühlte sich unwohl dabei, die Wahrheiten auszusprechen, mit denen sie lebte. Selbst Kyle gegenüber.
„Nicht einmal dein Vater hat bei dir Trost gesucht?“, fragte er weich.
Sie hatte Kyle damals anvertraut, welch enges Verhältnis sie und ihr Vater vor der Krankheit ihrer Schwester gehabt hatten.
Sie schüttelte den Kopf.
„Dann war es also, als ob du ihn zum zweiten Mal verloren hättest.“
Sie konnte nur nicken.
Doch es war so viel mehr gewesen als das. Wenige Monate zuvor hatte sie bereits Kyle verloren, und dann war all das, was ihr von ihrer Welt geblieben war, auch noch zusammengebrochen. Sie hatte all ihre Kräfte gebraucht, um sich aufzurappeln und einfach nur weiterzuleben.
Heute empfahl sie allen Überlebenden eine Therapie. Damals hatte ihr das niemand vorgeschlagen.
Er fuhr ihr mit dem Zeigefinger über die Wange. „Es tut mir so verdammt leid“, meinte er rau.
Das sollte es auch, dachte sie bei sich. Er war abgehauen, ohne auch nur einmal zurückzuschauen. Aber das lag in der Vergangenheit, und ihr war bewusst, dass sie sich davon befreien musste, wenn sie nun Freunde sein wollten.
„Was ist mit dir? Was ist bei dir in all in den Jahren passiert?“ Sie beendete das Gespräch über sich, indem sie den Spieß umdrehte. „Du hast mich mit den lustigen Geschichten unterhalten. Jetzt erzähl mir von den schweren Zeiten.“
Sie fand es nur fair, dass nun er an der Reihe war. Und sie wollte alles erfahren, was ihm in den Jahren, seit sie sich zuletzt gesehen hatten, widerfahren war.
Er räusperte sich, bevor er loslegte. „Als ich in der Minor League spielte, entwickelte ich mich wieder zu dem Typen zurück, den du kanntest, als du mit der Nachhilfe angefangen hast. Ich tat so, als müsste ich mich davon erholen, mit dir zusammen zu sein.“ Seine Augen waren düster, als er in seine Erinnerung eintauchte.
Sein Geständnis überraschte sie nicht. Sie war am Boden zerstört gewesen, wie er damals auf ihre Ablehnung, ihn zu begleiten, reagiert hatte. Er hatte sich komplett von ihr zurückgezogen, sie kaum eines Blickes gewürdigt. Da war ihr klar geworden, dass er sich nicht wieder bei ihr melden würde.
„Du warst noch immer wütend, weil ich nicht mit dir gegangen bin?“
Er nickte. „Aber ich war auch wütend auf die Welt und hatte das Gefühl, ich müsste etwas beweisen. Ich meine, jeder Kerl, der im Baseball-Sport nach oben kommt, braucht eine bestimmte Einstellung. Keiner schafft es in die Minor League ohne eine gute Portion Arroganz.
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