Vorsicht Nachsicht (German Edition)
rauskommt.« Torbens Stimme klingt merkwürdig sachlich. Vielleicht versucht er nur seine Sorge zu unterdrücken. Jedenfalls zahlt er mir tatsächlich den Eintritt, ich bekomme meinen Stempel und werde dann von ihm mit auf die Toilette gezogen. Hier liegt Olli auf den ersten Blick allerdings schon mal nicht. Verwirrt sehe ich mich um und blicke dann Torben von der Seite an, der wie gebannt auf eine der Kabinen starrt. Ich runzle die Stirn.
»Wo ist er?«
Die Musik dringt nur gedämpft herein, trotzdem ist es immer noch laut genug, um sich nicht gut unterhalten zu können. Torben deutet also nur auf die Kabine. Sie ist abgesperrt. Ich bin noch ein bisschen verwirrter. »Wieso holst du…?«
In diesem Moment öffnet sich die Kabine plötzlich und ich spüre, wie ich vor Schreck erstarre. Aber nicht nur ich. Die Erkenntnisse schießen bei dem Anblick wie Blitze durch meinen Kopf und genauso schmerzhaft. Da ist tatsächlich Olli und bei ihm ist Kilian. Was sie gemacht haben, ist naheliegend. Kilian sieht mich mindestens ebenso erschrocken an wie ich ihn. Torben trägt einen selbstgefälligen Gesichtsausdruck zur Schau und seine Rolle bei diesem Spiel wird mir damit schnell klar. Ich funkle ihn böse an und ohne noch weiter auf ihn, Kilian oder gar Olli zu achten, mache ich kehrt und stürze aus der Toilette.
Eine unheimlich kalte Wut frisst sich in meinen Bauch. Es fällt mir mit einem Mal leicht, mich durch die Massen zu kämpfen. Im Nu stehe ich an der frischen Luft und stampfe davon. Mir schwirrt der Kopf. Verdammte Scheiße, darauf hätte ich jetzt echt verzichten können.
»Ruben!«, ertönt plötzlich Kilians Stimme hinter mir. Ich beschleunige meinen Schritt, doch da höre ich auch schon seine weit ausholenden Laufschritte. Im nächsten Moment packt mich seine Hand am Arm und hält mich zurück.
»Hey! Ich weiß, das war… Es tut mir wirklich leid. Ich…« Er klingt schuldbewusst.
‚Interessant, dass ein Radiosprecher so herumstammeln kann‘ , denke ich plötzlich sehr nüchtern. Ich klammere mich an meinen rationalen Verstand und nicht an das gekränkte Gefühl in mir. Andernfalls wüsste ich nicht, ob ich überhaupt noch etwas sagen könnte oder einfach nur einfrieren würde.
Merkwürdig trocken antworte ich schließlich. »Es muss dir nicht leid tun.«
»Aber…« Er stockt und mit einem Mal greifen seine Hände nach meinem Gesicht und zwingen mich, ihn anzusehen. »Bist du nicht sauer auf mich?«
»Nein«, behaupte ich und mache mich von seinen Händen los. Die Geste ist intimer, als ich es gerade ertragen kann.
Er wundert sich noch mehr und hört sich jetzt wirklich ungläubig an. »Wirklich nicht?«
»Nein«, beharre ich und es stimmt wirklich. »Ich bin wütend auf Torben. Von dir habe ich nichts anderes erwartet.«
Die Worte klingen bitter. Aber ja. Vernünftig betrachtet stimmt es. Natürlich habe ich nichts anderes erwartet. Es ist von Anfang an unlogisch gewesen, dass jemand wie Kilian auf mich abfährt und ich ihm reiche. Gehofft, dass es so ist, habe ich natürlich schon. Das ist aber etwas ganz anderes. Das hier ist die kalte Wirklichkeit. Kein Traum.
»Aber ich habe etwas anderes von mir erwartet«, bekennt Kilian verprellt. Seine Hand greift wieder nach meinem Arm, als ich meine Flucht fortsetzen will. Kilian klingt sogar ein wenig wütend. »Verdammt, ich hatte das wirklich nicht beabsichtigt. Ich bin zufrieden mit –«
»Du musst dich nicht rausreden.« Ich sträube mich dagegen, mich von ihm einlullen zu lassen. Wenn, dann soll er doch wenigstens dazu stehen. Diese verlogene Art gefällt mir nicht. Dann ist er eben untreu. Wir sind ja noch nicht einmal richtig zusammen. »Immerhin hast du mir nichts versprochen, oder?«
»Nein«, gibt er zu und starrt mich an. Ich weiß es. Nicht weil ich mich dessen vergewissere, aber ich spüre seinen Blick auf meinem Gesicht. »Trotzdem… Der Kerl hat mich verführt. Ich bin nicht hergekommen für so etwas. Aber was meinst du damit, dass du auf Torben sauer bist?«
Jetzt sehe ich ihn doch an. Das hat er noch nicht begriffen? »Wer, glaubst du denn, hat dich da verführt und warum war ich zu genau dem Zeitpunkt da, als ihr fertig wart?«
Kilian blinzelt. Schließlich schüttelt er den Kopf. »Hä?«
»Olli ist Torbens Freund. Torben hat mich gerade aus dem Bett geholt. Das war geplant«, knurre ich genervt über seine Begriffsstutzigkeit.
Kilian macht ein irritiertes und zugleich grimmiges Gesicht. »War das ein beschissener
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