Vorsicht Nachsicht (German Edition)
Treuetest?«
»Nein, das war ein ‚Kilian- ist-ein-Arschloch-und-ich-habe‘s- dir-doch-gesagt‘ Test«, knurre ich böse und löse meinen Arm aus seiner Umklammerung, die nun endlich nachgibt. Als ich mich wieder zum Gehen wende, folgt mir Kilian für einige Schritte schweigend.
»Wieso macht er so etwas? Ist er in dich verknallt?«
»Oh Gott, nein!«
»Wieso dann?«
»Weil er ein Opfer deiner beschissenen Wette mit Jeremy gewesen ist.« Plötzlich habe ich keine Zweifel mehr daran, dass auch das stimmt. Der Typ, der jetzt hinter mir herläuft, ist nicht mehr die Ikone, die ich vorgestern noch angebetet habe. Er ist ein Mensch. Keine Ahnung, wie er hätte reagieren müssen, um seine Lackschicht zu behalten, aber die ist eben abgeblättert. Er wirkt nicht mehr ganz so perfekt.
Abermals greift er nach mir. Diesmal erwischt er meine Hand. Seine Stimme klingt heiser. »Wette?«
Ich helfe ihm kühl auf die Sprünge. »Die Massenentjungferung vor sechs Jahren.«
Kilian bleibt abrupt stehen und lässt mich los. Ich gehe weiter. Nach zehn Metern ist er wieder neben mir, packt mich an den Schultern und presst mich gegen die nächste Wand. Seine Augen bohren sich in meine, so dass ich ihnen diesmal unmöglich ausweichen kann. Ruhelos starrt er mich an.
Im ersten Moment bin ich einfach überrumpelt, dann verwirrt. Was will er? Plötzlich atmet er leise zischend aus und schlägt mit der flachen Hand gegen die Wand hinter mir. Er flucht wütend, wirbelt herum und wendet sich damit von mir ab. Ich schüttle verdutzt den Kopf und sehe, wie er auch noch gegen einen Stein tritt und ihn gegen eine andere Hauswand befördert.
»Scheiße!«
Erstaunt klassifiziere ich seine Taten als Wutausbruch und bin heilfroh, dass er ihn nicht an mir auslässt. Bevor er noch auf die Idee kommen sollte, mache ich mich wieder auf den Weg. Es ist immer noch ein Stück. Wir sind noch nicht einmal am Aldi vorbei. Ich habe ein bisschen Angst vor ihm.
»Ruben, bleib hier!«, befiehlt er plötzlich streng. Ich verharre unschlüssig. Er tritt hinter mich. Ich kann seine Gegenwart spüren. »Du wusstest davon?«
»Ja.«
»Und du hast trotzdem… Seit wann?«, will er gereizt wissen. »Etwa von Anfang an? Kein Wunder, dass du nichts anderes von mir erwartest! Verdammte Scheiße! Du musst ja wirklich ein tolles Bild von mir haben.«
Da hat er wohl recht. Ich kapiere dennoch nicht, wieso er sich so aufregt. Immerhin ist er selbst Schuld. Er weiß doch, dass ich von seinem schlechten Ruf weiß. Und da hat er noch behauptet, es wären alles Gerüchte. Jetzt kann er es nicht mehr leugnen und kriegt… ja was eigentlich? Und warum?
»Seit wann?«, fragt er nochmals.
»Montag oder so«, murmle ich verhalten.
»Also wusstest du es schon am Mittwoch, als wir uns gesehen haben«, stellt er grimmig fest. Ich zucke mit den Schultern. Kilian seufzt schwer. »Und du sagst nichts? Ich meine, was denkst du denn jetzt von mir?«
»Ich weiß nicht«, gestehe ich mir und ihm ein. »Es war mir egal. Jungfräulichkeit wird überschätzt.«
»Aber was ist mit…« Er bricht ab. »Als du mich versetzt hast, war es dir noch nicht egal und da ging es nur um schwammige Gerüchte, oder? Wie kann dir so etwas egal sein? Ich kann mich nicht einmal selbst leiden, weil ich bei so etwas mitgemacht habe! Wie kannst du davon wissen und weiterhin etwas mit mir zu tun haben wollen?«
Weil er sich offensichtlich verändert hat. Zumindest habe ich das geglaubt. Nach der Sache im ‚Vía‘ bin ich mir freilich nicht mehr so sicher. Letztlich ist mir aber selbst das egal. Ich habe mich in ihn verliebt, auch wenn er ein Arsch ist, davon habe ich bisher wenig gemerkt, wenn wir zusammen waren. Das sage ich ihm natürlich nicht. Ich zucke mit den Schultern.
»Warum regst du dich so auf?«
»Warum regst du dich nicht auf?«, fragt er zurück.
»Ich bin sauer«, gebe ich zu.
»Auf Torben. Warum nicht auf mich?«
Ich starre irritiert zu ihm auf. »Warum willst du das?«
»Das wäre immerhin ein kleiner Hinweis, dass ich dir nicht egal bin.« Jetzt sieht Kilian verlegen zu Boden. »Es macht dir nichts aus, dass ich beim ersten Mal die Situation ausgenutzt habe und dich mit Geld ins Bett geholt habe. Es macht dir nichts aus, dass ich während meiner Beziehung mit Jeremy ein Arschloch war. Und es macht dir nichts aus, dass ich mir im ‚Vía‘ von dahergelaufenen Typen, deren Namen ich nicht einmal kenne, einen blasen lasse, obwohl ich dich morgen treffen wollte und viel
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