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Vorsicht, Zickenzone

Vorsicht, Zickenzone

Titel: Vorsicht, Zickenzone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Koller , Claudia Rieß
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denn täglich mit den Enkeln, das könnte sie nicht, und der Sohn? Ja, der wäre ein erstklassiger Anwalt in Chicago. Stipendium, Harvard ...
    Und wer war’s? Die blonde Pagenkopf-Oma. Egal, ob Strand, Mitreisende oder wir – jeder war ihr ein willkommenes »conversation piece«. Um über sich zu plaudern und wie großartig das Leben, ihr Leben wäre. Auch eine Art von Wahrnehmung, die armen Freundinnen! Oder sollte man sagen: It takes two, to tango? Wer solch selbstbeweihräuchernden Ego-Dauerlauf hinnimmt, ist selbst schuld? Vor allem, weil er sich im Nachhinein über seine Statistenrolle ärgert und bei anderen dann über das Alpha-Weibchen ablästert.
    Ich habe meiner Wut wenigstens Ausdruck verliehen. In einem Bewertungsbrief. Nicht über die Pagenkopf-Oma, sondern über das Gästeprogramm, das alleinreisende Mütter nicht auf dem Zettel hatte. Der Lauftreff fand zweimal die Woche um 7:30 Uhr statt. Yoga täglich um 8 und um 17 Uhr. Nur: Das Kinderprogramm startete um 10 Uhr und endete um 16 Uhr. Wie also sollte das gehen? Und das Fitnessstudio – die Alternative – erinnerte an König Blaubarts Dunkelkammer. Ein 20 Quadratmeter großer Raum mit stickiger Luft und ohne Fenster. Hinter den angedeuteten Ausgucken türmte sich aller möglicher Ramsch: ausgebleichte Sitzbezüge, verschlissene Sonnenschirme, Plastikblumen ... Ich überlegte kurz, ob ich in dieser Stinkluft wirklich trainieren oder nicht lieber am Strand entlang wandern sollte. Doch wenigstens einmal wollte ich Sport machen! Einmal!
    Ich klickte den Strom fürs Laufband an und lief mir meinen Ärger von der Leber: Bewegung ist super dafür – zwo, drei, vier, schneller!

Tatort »Auf der Straße«

Alles subba!
    S icherlich kennen auch Sie so ein Prachtexemplar, bei dem immer alles subba ist!? Egal, wann und wo man sich trifft, immer hat die andere ein Dauergrinsen im Gesicht. An ihr haftet keine Scheißlaune. Kacktage gibt es nicht. Alles scheint wie geschmiert von der Hand zu gehen, und als wäre sie von einer unsichtbaren Teflonschicht überzogen, gleitet sämtlicher Unbill ab.
    So eine Mutter gibt’s auch in meinem Viertel: Sonja. Immer, wenn ich sie sehe, ist sie – lackierte Nägel in Nude oder Berry, Peep-toes, modische dreiviertel Shorts, Trilby-Hütchen – top-gestylt und subba drauf. Nie hat sie versprengte, ungezupfte Brauen, Ränder unter den Augen, ungewaschene Haare oder hetzt in Jeans und Sneakers rum. Nein, nie! Und immer hat sie eine schöne Geschichte auf Lager. Meist eine Urlaubsgeschichte. Denn fast – so scheint es – ist sie jeden Monat unterwegs. Das hält sie für Small Talk.
    Nie fragt sie: »Wie geht’s dir?« oder »Was machst du so?« Ob aus Ignoranz, Unsicherheit oder einfach, weil es sie nicht interessiert und sie denkt, bei der müden Visage kommen eh nur Kinder-nicht-Durchschlaf- oder Krankheitsgeschichten. Bei ihr gibt’s gelegentlich ein Fieberchen, viel zu tun im Job und relaxen, relaxen, relaxen. Mit Mann und Kind: »Die Zeit muss man doch ausnutzen, bevor die Schule losgeht«, lacht sie, um im nächsten Moment zu flöten: »Oh, ich muss weiter!«
    Was soll das? Will die wirklich was von mir oder mir nur die letzte Energie klauen? Warum quatscht die mich überhaupt an? Weil man Small Talk unter Müttern macht? Innerlich verdrehe ich jedes Mal die Augen, wenn ich sie auf der Straße bereits in mehreren Metern Entfernung sehe. Wer braucht schon inflationäres »Alles subba!«? Welche Pillen die wohl nascht? Oder verschließt sie einfach die Augen vor größeren und kleineren Problemen? Sicherlich ist positives Denken gut. Aber das von Sonja hat schon etwas Neurotisches, Übersteigertes, Abgehobenes. Erde an Sonja: »Ein bisschen mehr Feingefühl, bitte, und Fragen stellen!« Ich möchte auch wahrgenommen werden und mich nicht als Auffangstation für tolle Erlebnisse fühlen.
    Aber Achtung, nächstes Mal setze ich zum Gegenzug an! Mittlerweile habe ich nach einem langen Winter und ersten Frühlingstagen wieder mehr Energie. Und nächstes Mal, meine Liebe, erzähle ich dir, was so alles subba in meinem Leben läuft. Ich werde den Spieß einfach umdrehen und dann mal sehen, wie das bei dir ankommt! Hä, hä. Oder ich sag’ dir einfach, wie sehr mich diese Art der Konversation nervt! Aber so gut sind wir nicht befreundet.

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