Vorsicht, Zickenzone
dringend zum Friseur müssen? Solche Notwendigkeiten gibtâs auch in puncto Erholung und Ruhe! Nachdem ich im Gespräch mit einer Redakteurin fast die Contenance verloren hätte, als ein Kunde einen Text ein weiteres Mal komplett geändert haben wollte, musste ich einfach weg! Nach vier Jahren 24-7-Doppelbelastung, da Fernbeziehung nach Scheidung & Co. kein Wunder! Ein Hotel mit Kinderbetreuung sollte es sein. Damit auch ich etwas Urlaub bekam. Die Oma hatte keine Zeit, uns zu begleiten, die Freundinnen mit Kind waren bereits zu Ostern weg. Also musste der Club her.
Die Angebote waren vielfältig und vor allem eins: bunt, bunter, am buntesten. Warum um alles in der Welt müssen Familienhotels so quietschig und lärmend sein? Wollen Kinder das? Die Reisebüroangestellte wusste auch in diesem Fall Rat und bot gediegenere Clubs an. Preise entsprechend. Im Internet war es nicht viel besser: Nächtelanges Surfen blieb ohne Erfolg. Entseelte Riesenbunker waren auch nix, bis eine Mutter einen Eltern-Kind-Reiseveranstalter mit kleinen, feinen Hotels empfahl. Diese legten Wert auf Nachhaltigkeit und Ursprünglichkeit. Oftmals boten sie Bio-Essen an, daneben Massagen und Yoga für entspannungsbedürftige Eltern. Perfekt! Schnell war auf Mallorca das passende Angebot gebucht. Ein kleines Hotel mit Sandstrand, ein paar Häuschen drumherum, Tante-Emma-Laden, zwei Cafés am Meer und fertig. Ein Leihwagen sollte Zweifel über aufkommende Langweile vertreiben, alles andere würde sich vor Ort regeln: Ob mein Sohn mit der Kinderbetreuung klarkäme? Was Familienurlaub hieÃe, und wie die anderen Väter, Mütter und Kinder so seien?
Vielleicht kennen Sie das auch? Sie kommen in ein Restaurant, steuern auf einen schönen Tisch am Fenster zu, plötzlich merken Sie: »Oh, am Nebentisch sind Kinder« und sagen: »Nehmen wir doch lieber den Tisch dahinter?« Man weià ja nie, wie hoch der Geräusch- und Flegelpegel ausfällt ...
Doch weit gefehlt: Die anderen Familien verhielten sich wohltuend ruhig und auf Abstand. Mütter-Mobbing schien kein Thema. Von wegen. Es sollte aus einer ganz anderen Ecke kommen. Es ging nicht von anderen Müttern aus, auch wenn die nicht gleich vom ersten Tag an zurückgrüÃten, was man sich als Form wohligen Miteinanders wünschen würde. Doch schien ein Teil von ihnen immer noch im Gepäcknetz des Flugzeugs zu hängen und sehnte sich nach dem ersten Café con leche. Erst morgen würde es Kinderbetreuung geben. Also genossen wir den Tag gemeinsam am Strand.
Zum Abendessen im Panorama-Restaurant schlugen wir nach 20 Uhr auf und konnten als Zweitbeleger â die Familien waren fast alle schon weg â unseren Platz nahezu frei wählen. Nur ein paar Senioren an Zweier- und Dreier-Tischen hatten sich nach dem Essen noch festgebissen und hielten ein Schwätzchen. »Hier findet generationsübergreifendes Urlauben statt, wie angenehm«, fand ich. Auch als ich dem einen oder anderen Gespräch lauschte. Die Mehrzahl der Ladies kam aus der Elbmetropole, hatte ein Theaterabo und »Mallorca« als Studienreise gebucht. Eine der Damen fiel mir besonders auf. Sie â blonder Pagenkopf, helle Leinenhose, türkisfarbene Bluse, zartrosa Nagellack â saà hinter mir und sprach laut und dauerhaft. Erzählte ihren Freundinnen von ihrer ersten Liebe in den USA, einem Mann, der schwamm und so gut aussah, »zu gut, um fürs Leben zu sein«. Sie schwärmte von früher und wurde nicht müde, Geschichten von anno dazumal zum Besten zu geben. »Ah, ja«, ein verstohlener Blick bestätigte, die drei Damen hatten eine Flasche Rotwein am Tisch. »Oh, jetzt habe ich euch aber belabert«, entschuldigte sie sich wissend. »Keine Quasselstrippe. Nein, reflektiert, empathisch«, revidierte ich beeindruckt ein Vorurteil.
Dass der Schein trog, sollte ich an einem der nächsten Tage erleben. Mein Sohn wollte sich partout nicht auf seinen Platz setzen. Um groÃes Aufhebens in dieser Runde zu vermeiden, platzierte ich ihn einfach mit groÃem Widerstreben seinerseits und einer SchweiÃ- und Kraftattacke meinerseits um. Denn gutes Zureden half nichts. Da hörte ich hinter mir: »Auch eine Methode der Kindererziehung«, getuschelt, um dann überzuleiten, wie toll die eigenen Enkel erzogen wären. Wie oft die Tochter mit den Kindern vorbeikäme und wie gut, dass sie eine Nanny hätte,
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