Vorstadtprinzessin
Mädchen. Auch von Schubert vertont. Doch kaum geeignet. Viele Nerven lagen blank. Seine nun auch.
Hardy schwächelte, dabei war er vor Monaten sein bester Sänger gewesen. Diese alten Eltern kosteten ihn Kraft. Das Techtelmechtel mit Gesa Ansorge tat beiden nicht mehr gut.
Tanja kam ihm in den Sinn. Keine gute Sängerin. Bei den letzten Proben hatte sie ihn so breit angegrinst, dass es ihn erstaunte, Tanja dabei noch singen zu hören. Eigentlich hätte sie nur quaken können.
Doch er hatte noch immer Lust, ihre Brüste zu berühren.
Obwohl es mit all dem bald vorbei sein konnte. Schwanengesang. Kein Zufall, dass er nach dieser Liedersammlung gegriffen hatte.
Der Anruf eines alten Kollegen gestern Abend. Ein Klavierlehrer. Aus der Gemeinde, die er hatte verlassen müssen.
»Empfängst du wieder junge Talente in der Sakristei?«
Nicht in der Sakristei, hätte Trüber beinah geantwortet. Oben hinter der Orgel. Doch er hatte geschwiegen und dann nur »Warum?« gesagt.
»Die Kripo hat die Instrumentallehrer in eurer Gegend aufgesucht. Ein Geiger hat mir das erzählt. Guter Bekannter von mir. Sie waren auch bei ihm. Es geht um die toten Mädchen im Wald.«
Dankwart Trüber hatte seufzend aufgelegt. Zu lange hatte er gezögert. Doch die Angst, in das Fadenkreuz der Kriminalisten zu kommen, war zu groß gewesen. Hätten die nicht die falschen Schlüsse gezogen?
Ein Chorleiter, der junge Frauen hinter der Orgel empfing und das schon früher in einer Sakristei getan hatte. Diese Polizisten hätten doch kaum den leidenschaftlichen Talentsucher in ihm erkannt. Nur einen lüsternen Mann. Er wäre doch im Nu zum Lustmörder gemacht worden.
Dann hätte Tanja als Erste davon gesprochen, dass er ihr die allzu bereiten Brüste tätschelte. Und ein paar andere hätten genickt. Nur diese unglückselige Georgierin konnte dazu nichts mehr sagen.
Dabei hatte er die gar nicht angefasst. Auch das begabte Mädchen mit der Gitarre nicht. Zu jung. Beide.
Doch beide waren von ihm aus in den Tod gegangen. An einem Sonntagabend. Die eine Anfang Juni. Die andere gegen Ende des Junis.
Und waren im nahen Wald gefunden worden.
Dankwart Trüber nahm das Telefon, das neben den Notenblättern lag.
Er hatte nun nicht länger vor, diese Informationen zurückzuhalten.
Erst einmal den Zettel vom Schwarzen Brett der Blankeneser Musikschule nehmen lassen. Dann die Kriminalpolizei anrufen.
Leni war in die Schanze gefahren, doch ohne Max sah alles viel harmloser aus. Im Kellerladen hing keine alte Decke mehr und keine Spinnenhand fasste an den Rahmen. Die Tür stand weit auf. Zwei junge Männer saßen auf Leitern und strichen Wände und Decke weiß. Drogen waren wohl kaum bei ihnen zu kriegen.
Leni fing an, fahrig zu werden. Die Tabletten gingen ihr aus. Die kleinen rosa Pillen aus Saint Tropez hatte sie längst verbraucht. Max’ Cocktail auch schon zubereitet. Nur noch zwei silberne Schablonen waren da, die Leni sich nun einteilen musste. Am liebsten hätte sie Max im Gefängnis besucht und nach neuen Quellen gefragt.
Diesen Doktor getötet hatte er. Leni staunte. Ganz schön mutig.
Paps hatte sie in den letzten zwei Tagen gelöchert. Nach ihren Plänen gefragt. »Schauspielerin«, hatte sie schließlich gesagt, um Ruhe zu haben. »Du gehst doch gar nicht ins Theater«, hatte Paps gesagt.
Doch er hatte seine Sekretärin angerufen und gebeten, die besten Schauspielschulen herauszusuchen. Am Sonntag.
Paps war wohl einer dieser Chefs, der dauernd Leistung erwartete. Wie er es auch bei ihr tat. Leni wollte keine Schauspielerin werden. Höchstens fürs Fernsehen.
Leni fing ihr Spiegelbild in einer blanken Scheibe auf und lächelte.
Dünn. Doch ihre Haare leuchteten. Model, dachte sie, das vielleicht.
Theo war wirklich sehr süß geworden.
Lass uns nicht allzu weit von unseren Träumen entfernt leben.
Leni dachte, dass sie keine Träume mehr habe.
Eine Panne. Anders war das nicht zu nennen. Warum waren sie nicht auf die Kirchen gekommen? Die Kantoreien?
Dieser Dankwart Trüber war kein Kantor, doch der Mann für Orgel und Gesang in der Kirche, die einen Steinwurf vom Wald entfernt lag. Der den Ruf hatte, sich junge Talente wohlgefällig anzuschauen.
De r Kommissar hatte ihm nachgesehen, als Trüber den Flur entlangging zum Ausgang des Polizeipräsidiums. Ein eitler Mensch, der gerade seine Selbstgefälligkeit zurückgewann. Doch Lüttich sah es Trübers Gang an, wie sehr erleichtert dieser Chorleiter war.
Als der Kollege mit dem
Weitere Kostenlose Bücher