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Vorstadtprinzessin

Vorstadtprinzessin

Titel: Vorstadtprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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Horizont lag der Himmel in rotes Licht getaucht und Gassin war ganz still. Leni hatte gerade die letzte der silbernen Schablonen von Max in der Hand, als ihr iPhone »I’ll be there for you« zu spielen begann. Eine SMS war angekommen.
    »Lass uns nicht allzu weit von unseren Träumen entfernt leben.«
    Leni lächelte. Theo war wirklich ein Spinner.

    »Finden da am Stadtrand vielleicht Castingshows statt?«, fragte Imke.
    Sie hatte Klavierlehrer abgeklappert. Lehrer für Gitarre, Geige, Trompete und Querflöte. Ein Kammermusikquartett. Einen Shantychor.
    »Gib es ein«, sagte Lüttich und schaute ihr über die Schulter.
    Keine Castingshows am Stadtrand.
    Nur ein Talentwettbewerb für das Blasorchester.
    »Eine alte Dame sagte, ich hätte Klavierhände, und sie wollte gleich anfangen, mir Unterricht zu geben«, sagte Imke und ließ ihre Finger über die Tastatur des Computers tanzen.
    »Vielleicht hat Kasper etwas falsch verstanden«, sagte Lüttich.
    »Ich kann mir gut vorstellen, dass sie sich beide aufgemacht haben. Sarah mit ihrer Gitarre. Hortensia mit dem Lied der Grizabella im Kopf. Um sich einen Traum zu erfüllen.«
    »Memory«, sagte Lüttich, »ein Schmachtfetzen. Genau das Richtige für eine sehnsüchtige Seele, wie es Tensi wohl gewesen ist.«
    »Das ist alles so gemein«, sagte Imke. »Diese erloschenen Träume.«
    »Im Falle von Hortensia wären sie wohl kaum verwirklicht worden.«
    »Das ist doch egal«, sagte seine Kollegin, »sei du nicht auch gemein.«
    »Ich bin nur Realist«, sagte der Kommissar.

    »Ihr habt schon bald wieder Herbstferien«, sagte Lucky.
    »Nur kein Neid. Ich hätte dich gerne durchs Abitur getragen.«
    »Zu gütig«, wehrte Lucky ab. »Wann kommt Leni zurück?«
    »Am 24 . September. Das ist ein Wochenende.«
    »Max’ Prozess ist im Januar«, sagte Lucky.
    »Denkst du, dass es uns gelingt, ein nettes kleines Trio zu bilden?«
    »Ich kann das«, sagte Lucky. »Du bist es, der sie liebt.«
    »Tja.« Theo war nicht glücklich bei dem Gedanken.

    Leni kam an und Paps stand am Flughafen und nahm sie in die Arme. Doch irgendwie waren sie sich fremd in diesem Moment.
    Als wollten sie eine glückliche Tochter sein und ein glücklicher Vater.
    Nur dass es ihnen nicht gelang. Ein Fake.
    Leni sah schlecht aus. Das fiel Paps sofort auf. Hohläugig. Dünn. Unter der Bräune war sie blass. Nur ihre Haare leuchteten noch.
    »Ich bin jedenfalls froh, dass du zu Hause bist«, sagte Paps. »Ich habe dich vermisst, Lenchen.«
    »Ich gehe nicht ins Internat«, sagte Leni.
    »Komm erst mal an. Morgen sprechen wir über alles.«
    Die Haushälterin hatte ein kleines Essen vorbereitet. Paps und Leni saßen am zu großen antiken Tisch aus Mahagoni und blickten über den Garten. Der Lavendel war längst abgeblüht. Doch der Oleander und die Rosen würden sich weit in den Oktober hinein halten.
    Leni stocherte im Salat und schnitt lustlos am Fleisch herum.
    »Vielleicht werde ich Vegetarierin«, sagte sie.
    »Ich hoffe, das sind nicht deine einzigen Pläne«, sagte Paps. Ein Scherz, den er machen wollte. Doch Leni schob den Teller weg und stand auf.
    Wie sollte es weitergehen mit ihnen?

    Ein starker Windstoß ließ die Kastanien in Dutzenden von den drei Bäumen fallen. Sie lagen auf dem Boden und auf den Tischen und glänzten eine kurze Weile lang wie der polierte Mahagonitisch, an dem Leni am Vortage lustlos gegessen hatte.
    Die drei spürten sie unter den Schuhen, als sie zu einem der Tische gingen. Sigi kam und fegte die Kastanien mit der Hand vom Tisch. Da hatten Theo und Lucky schon jeder eine eingesteckt.
    Leni und Sigi sahen aus, als ob sie an derselben Krankheit litten.
    Doch Sigi hatte nicht zu viele Drogen genommen. Er war aus ganz anderen Gründen in Gefahr zu sterben.
    Theo war noch erschrockener als Lenis Vater. Leni sah aus wie ihr eigener Schatten. Er hatte zu Lucky gesehen und gleich die Augen gesenkt. Leni beäugte sie mit misstrauischen Blicken.
    »Wir werden es gut haben. Wir drei.« Wenn das doch gelänge.

Schwanengesang
    D ankwart Trüber hatte die Noten der Lieder kopiert, um sie im Chor zu verteilen. Das letzte Werk des einunddreißigjährigen Franz Schubert. Kurz vor seinem Tod vollendet.
    Der Schwanengesang. Das erste Mal, dass der Chor einen ganzen Zyklus von Liedern singen sollte. Trüber hatte Zweifel, ob die Sänger daran ernsthaft arbeiten würden. Nils tat es sicher. Er schien sich zu fangen nach dem Schock, eine Leiche im Wald gefunden zu haben.
    Der Tod und das

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