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Vorstadtprinzessin

Vorstadtprinzessin

Titel: Vorstadtprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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hatte nur ein Rezept für Ma abholen wollen, doch der alte Arzt bat ihn in sein Sprechzimmer und forderte Theo auf, sich in einen der beiden Ledersessel zu setzen.
    »Du hast deiner Mutter von dem kleinen Rickie erzählt.«
    »Ich kenne gar keinen kleinen Rickie«, sagte Theo.
    »Das Kind, das von Jan Ellerbek im Wald vergraben wurde. Deine Mutter war sehr aufgewühlt von dieser Geschichte. Wahrscheinlich dachte sie dabei an den Tod ihres Töchterchens.«
    »Ich wusste nicht, dass das Kind Rickie geheißen hat.«
    »Rickie Cassen«, sagte der Arzt, »die Familie hat in dem Haus gelebt, in dem heute Tanja und ihre Mutter wohnen.«
    »Ellerbeks Haus. Unseres. Das nebenan. In allen drei Häusern sind die Familien ins Unglück gestürzt worden«, sagte Theo.
    »Ich hoffe nicht, dass ihr immer noch unglücklich seid«, sagte Bunsen.
    »Zwischen Ma und Pa läuft es nicht gut. Und meine Mutter hat sich in jemanden aus dem Chor verguckt.«
    »Vielleicht versucht sie, Leichtigkeit nachzuholen. Seit zwanzig Jahren lebt sie mit dieser Last, an Annikas Tod schuld zu sein.«
    Theo nickte. Es erleichterte ihn, sich dem alten Arzt anzuvertrauen Sonst konnte er nur mit Lucky darüber sprechen und der hielt ein intaktes Familienleben schon lange für ein Märchen.
    Bunsen stand auf, als das Telefon klingelte. Theo hörte ihn ein paar beruhigende Worte sprechen. »Ich muss zu Henzes«, sagte der Arzt. »Der alte Mann ist von seiner Demenz erlöst.«
    Er griff zu seinem Arztkoffer, der aussah, als habe ihn schon Professor Sauerbruch benutzt. Gemeinsam gingen Theo und er aus dem Haus. Der Arzt gab ihm die Hand. »Ich danke dir für dein Vertrauen, Theo«, sagte er, »und ich bitte dich, ein Auge auf deine Mutter zu haben.«

    Er hatte sie vor der Haltestelle am Ponyhof aufgepflückt. »Herr Trüber bat mich, Sie nach Hause zu bringen. Die Busse fahren so selten am Sonntag. Er bedauert, das nicht gleich vorgeschlagen zu haben.«
    »Sie kennen Herrn Trüber?«, hatte Sarah gefragt.
    »Ein guter Freund von mir. Er hat schon viele Talente entdeckt.«
    »Ich wohne aber in Harburg. Das ist weit.«
    »Das macht nichts«, hatte er gesagt.
    Die Gitarre hatte sie auf den Rücksitz gelegt.
    Er hatte die Stiefel vom Beifahrersitz genommen, um Sarah Platz zu machen. Der Tüllrock war ihr hochgerutscht beim Einsteigen.
    »Würden Ihnen solche Fellstiefel gefallen? Ich will sie meiner Freundin schenken und bin mir doch sehr unsicher, ob eine junge Frau die mag.«
    »Doch«, hatte Sarah gesagt. »Die sehen auch im Sommer an nackten braunen Beinen richtig stark aus.«
    »Da habe ich also einen guten Griff getan.«
    »Warum halten Sie wieder an?«, hatte Sarah gefragt.
    »Damit Sie die Stiefel anprobieren können. Ich will nur wissen, wie sie aussehen an nackten braunen Beinen.«
    Sarah hatte gezögert und dann dem guten Freund von Herrn Trüber doch den Gefallen getan. Was war es, das ihr auf einmal so verdächtig vorkam, dass sie aus dem Wagen gesprungen und losgerannt war? Sogar ihre Gitarre hatte sie zurückgelassen.
    Er hatte Sarah auf der hinteren Weide eingeholt.
    Mit Hortensia war es einfacher gewesen. Tränenschwer und nicht zum Denken bereit. Ihr schien alles egal zu sein.
    Wenn sie sich auch gewundert hatte, dass ihr noch Aufmerksamkeit geschenkt wurde und Herr Trüber über ihr Nachhausekommen sann.
    Nur der Wald war ihm an diesem Tag nicht einsam genug erschienen.
    Doch das würde er nun wieder sein. So spät im Jahr.

    »Du musst mehr essen«, sagte die Haushälterin, »du siehst verhungert aus.« Sie knallte das Tablett auf Lenis Schreibtisch.
    Leni sah sie mit schmalen Augen an. »Ich bin nicht magersüchtig«, schrie sie der Hansen hinterher.
    Sie war es tatsächlich nicht. Gestern Mittag hatte sie sich mit Paps am Hafen getroffen und er hatte sie ins Lutter und Wegner ausgeführt.
    Das Wiener Schnitzel, das Leni gegessen hatte, hätte zwei Personen satt gemacht. Einer ihrer besseren Mom ente miteinander. Draußen fuhren die großen Schiffe vorbei. Das Internat erwähnte Paps nicht mehr. Auch Lenis Pläne nicht, Vegetarierin zu werden. Er schien sehr zufrieden damit zu sein, dass sie das Schnitzel verdrückte.
    Leni griff in die Tüte mit Kartoffelchips, die sie in der halb offenen Schublade ihres Schreibtisches hatte, und ignorierte Spinat und Rührei. Was war das denn für eine Krankenkost.
    I rgendwie verbrannte ihr Körper wohl gerade sehr v iel. Von Schnitzel und Chips hätte sie früher ein Kilo mehr auf der Waage gehabt. Doch sie

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