Vortex: Roman (German Edition)
schlug er mit dem Knauf zu.
Der Schlag glitt auf ihrem Wangenknochen ab und lockerte einen Zahn. Blitzartig durchzuckte sie ein Schmerz. Sie kniff die Augen zu und spürte, wie ihr die Tränen kamen.
»Nein, lassen Sie sie«, rief Orrin.
»Da siehst du, was du alles anrichtest, Orrin«, fuhr Findley ihn an. »Und warum? Was habe ich dir getan? Habe ich dich nicht von der Straße geholt und dir eine Arbeit verschafft?«
»Ich kann nichts dafür, Mr. Findley.«
»Wer dann? Spuck’s aus.«
»Ihr Sohn.«
Der Fahrer hebelte den Sitz zurück, damit er Orrin erreichen konnte, aber Findley gebot ihm Einhalt. Sandra blinzelte durch einen Vorhang aus Tränen und hielt eine Hand vor den blutenden Mund. Alles sah wässrig aus, als würde es hereinregnen.
»Was meinst du damit?«, fragte Findley.
»Ihr Sohn hasst Sie«, sagte Orrin ausdruckslos.
Findley lief rot an. »Mein Sohn ? Was weißt du über meine Familie?«
»Das mit seiner Freundin Latisha hätten Sie nicht tun sollen. Das wird er Ihnen nie verzeihen.«
»Mit wem hast du darüber geredet?«
Orrin schloss den Mund und sah zur Seite. Sandra duckte sich, wartete auf den unausweichlichen Schlag.
Aber der Fahrer blickte an ihr vorbei die Straße hinunter. »Da kommt er, Mr. Findley«, sagte er.
Sandra riskierte einen Blick. Ein weißer Van näherte sich. Sie hatte keine Ahnung, was es damit auf sich hatte, aber Findley schien zufrieden. Er winkte, als der Van vorbeifuhr. »Also schön«, sagte er. »Wir können genauso gut fahren.«
Ins finstere Land …
»Eine letzte Gelegenheit, Dr. Cole«, wandte er sich an sie. »Wo ist Bose?«
Sandra starrte auf den fürchterlich grinsenden Fahrer.
Orrin sah dem Van hinterher. »Mr. Findley?«
»Schon wieder etwas ausgedacht, Orrin?«
»Mr. Findley, ich glaube, der Van dort brennt.«
Gelbe Flammen schlugen aus den hinteren Türen des Wagens. Auch Rauch, der im Regen allerdings kaum zu erkennen war. Der Fahrer des Vans hatte anscheinend noch nichts bemerkt.
Dann zündete etwas mit einem tiefen, dumpfen Knall. Die Hecktüren flogen auf und versorgten das Inferno mit Sauerstoff. Der Van machte einen Schlenker und prallte mit den Rädern gegen die Bordsteinkante. Vorne stürzten zwei Männer heraus, blickten entsetzt zurück und flohen in die Dunkelheit.
Findley und sein Fahrer saßen noch mit halb offenem Mund da, als Boses Wagen vom Parkplatz auf die Straße schoss. Findley sah ihn zuerst. »Los! Geben Sie Gas!«, brüllte er, aber Bose stieg direkt vor ihnen auf die Bremse und schnitt ihnen so den Weg ab. Der Gorilla setzte zurück – nur um die hintere Stoßstange mit der Betonbank der Haltestelle zu verkeilen. Verzweifelt hob er die Pistole und suchte nach einem Ziel. Findley brüllte herum; niemand hörte ihm zu.
Sandra sah, wie Orrin sich nach vorne warf und den rechten Arm des Fahrers packte. Orrin, der keiner Fliege etwas zuleide tat – es sei denn, er wurde provoziert. Er hatte den Lauf der Waffe nach oben gedrückt, als sie losging. Die Kugel riss ein Loch in die Wagendecke, das feinen Sprühregen hereinließ. Findley stieß seine Tür auf und warf sich nach draußen. Sandra wollte das Gleiche tun, konnte sich aber nicht bewegen: Ihr war, als würde sich das gesamte Universum um sie drehen. Ihr Körper war wie Blei, und es pfiff in ihren Ohren.
Sie wollte Orrin helfen, der ein Knie in den Rücken des Fahrersitzes drückte und sich mühte, den Arm des Schützen nach hinten zu ziehen. Die Pistole bewegte sich wie eine Klapperschlange, die ein Opfer suchte. Orrin ächzte und verdoppelte seine Anstrengungen, umklammerte den Arm und stemmte sich mit beiden Füßen ab. Wieder löste sich ein Schuss.
Dann riss Bose die Fahrertür auf. Er bewegte sich wie im Zeitraffer. (Die Reflexe eines Vierten?) Langte hinein, packte den Arm mit der Waffe, gerade als Orrin entkräftet losließ und zurückfiel. Steckte sich die Waffe in den Gürtel und zerrte den Gorilla aus dem Auto. Der Mann kauerte, das rechte Handgelenk umklammernd, die Zähne entblößt, wie ein verängstigtes Tier in einer großen Pfütze, starrte Bose und die Waffe an, warf sich herum und rannte. Bose ließ ihn laufen.
Der lodernde Van überstrahlte alle anderen Lichtquellen und warf lange und hektische Schatten über die regennasse Straße. Sandras Blick fiel auf Orrin, der kraftlos im Rücksitz hing. Er sah auf und zuckte vor Schmerz zusammen. »Es geht mir gut, Dr. Cole«, sagte er. Aber es ging ihm nicht gut. Der zweite Schuss hatte seine
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