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Vorübergehend tot

Vorübergehend tot

Titel: Vorübergehend tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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worden war. Dann hatte er einen ganz klaren Gedanken, der mich ins Mark traf. Sheriff Dearborn dachte: 'Diese Mädchen sind doch sowieso das Letzte vom Allerletzten' .
    Dearborns Gedanken bekam ich klar und in allen Einzelheiten mit, weil der Sheriff leicht zu durchleuchten war. Ich spürte sogar alle Nuancen seiner Überlegungen: billige Arbeitskräfte, dachte er, keine College-Ausbildung, sie vögeln mit Vampiren ... sie sind der Bodensatz der Gesellschaft.
    Verletzt und wütend - diese beiden Worte beschreiben noch nicht einmal annähernd, wie ich mich fühlte, nachdem ich diese Einschätzung mitangehört hatte.
    Danach ging ich wie ein Automat von Tisch zu Tisch, servierte Essen und Getränke, sammelte leere Gläser und Essensreste ein, arbeitete also so fleißig und gewissenhaft, wie ich es immer tat, wobei das schreckliche Grinsen mein Gesicht fast schmerzhaft in die Breite zog. Ich redete mit ungefähr zwanzig Leuten, die ich kannte, und die Gedanken der meisten von ihnen waren so unschuldig, wie der Tag lang ist. Die meisten unserer Gäste dachten an ihre Arbeit, an Dinge, die zu Hause zu erledigen waren, oder an kleinere Probleme, die sie demnächst in Angriff nehmen wollten: den Verkäufer von Sears dazu zu bewegen, sich die defekte Geschirrspülmaschine anzusehen zum Beispiel, oder das Haus gründlich zu putzen, weil sich für das Wochenende Besuch angekündigt hatte.
    Arlene war erleichtert, weil sie ihre Regel bekommen hatte.
    Charlsies Überlegungen waren allesamt rosarot und galten der eigenen Unsterblichkeit: ihrem Enkelkind. Sie betete ganz ehrlich und aus tiefstem Herzen, ihrer Tochter möge eine unkomplizierte Schwangerschaft und eine gefahrlose Geburt beschert sein.
    Lafayette dachte, daß es immer unheimlicher würde, mit mir zusammenzuarbeiten.
    Wachtmeister Kevin Pryor fragte sich, was seine Partnerin Kenya wohl mit ihrem freien Tag anfangen mochte. Er selbst half seiner Mutter dabei, den Geräteschuppen auszuräumen, und fand das eine ganz gräßliche Beschäftigung.
    Ich bekam sowohl laut ausgesprochen als auch unausgesprochen zahlreiche Kommentare zu meinem Haar, meiner Haut und dem Verband an meinem Arm zu hören. Eine ganze Reihe Männer und eine Frau fanden mich so, wie ich jetzt aussah, begehrenswerter als vorher. Ein paar Männer, die an der Expedition gegen die Vampire in Monroe teilgenommen hatten, bereuten ihre impulsive Tat inzwischen, weil sie dachten, nun hätten sie bestimmt keine Chance mehr bei mir, weil ich Vampire mochte. Ich nahm mir vor, mir zu merken, wer das war. Ich wollte auf keinen Fall vergessen, daß bei dem Angriff ja ebensogut auch mein Bill hätte ums Leben kommen können - der Rest der Vampirgemeinde stand bei mir allerdings an dem Tag nicht besonders hoch im Kurs.
    Andy aß zusammen mit seiner Schwester Portia zu Mittag. Das taten die beiden mindestens einmal die Woche. Portia war die weibliche Version Andys: mittelgroß, stabil gebaut, mit entschlossenem Mund und energischem Kinn. Bei der großen Familienähnlichkeit kam Andy deutlich besser weg als Portia. Ich hatte gehört, sie sei eine tüchtige Anwältin, und wäre sie keine Frau gewesen, dann hätte ich sie unter Umständen sogar Jason vorgeschlagen, als der dachte, er brauche einen Anwalt. Wobei es mir eher um Portias Wohlergehen gegangen war als um Jasons.
    Die junge Anwältin fühlte sich tief im Innern ungeheuer niedergeschlagen. Da hatte sie nun eine hervorragende Ausbildung genossen und verdiente gutes Geld, aber niemand wollte mit ihr ausgehen. Das beschäftigte sie sehr.
    Andy ging es gegen den Strich, daß ich immer noch mit diesem Bill Compton herumzog; gleichzeitig fand er es spannend, wie viel hübscher ich inzwischen geworden war, und fragte sich, was Vampire wohl im Bett so draufhatten. Dann tat es ihm leid, daß er Jason würde verhaften müssen, wobei er fand, gegen Jason läge auch nicht viel mehr vor als gegen andere Männer, nur wirkte Jason so sehr viel verängstigter als die anderen, und das konnte doch nur heißen, daß er etwas zu verbergen hatte. Dann waren da noch die Videos, die Jason beim Sex mit Maudette und Dawn zeigten, wobei es sich noch dazu nicht um normalen Allerweltssex handelte.
    Während ich Andys Gedanken las und verarbeitete, starrte ich ihn ziemlich unverwandt an, und das verunsicherte den Mann. Andy wußte ja schließlich, wozu ich in der Lage war. „Holst du mir nun mein Bier, Sookie?“ fragte er dann endlich, wobei er mit seiner riesigen Hand in der Luft

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