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Vorübergehend tot

Vorübergehend tot

Titel: Vorübergehend tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Sookie?“ wollte er wissen, wobei sein Ton leicht verärgert klang.
    „Wie ich deinen Gedanken entnehme, bist du nicht erfreut, mich zu sehen“, erwiderte ich. Dann blieb Sam vor mir stehen, und ich bat, ohne ihn anzusehen, um einen Bourbon mit Cola. „Ich habe getan, worum du mich gebeten hast“, flüsterte ich nun meinem Bruder zu. „Bis jetzt habe ich nichts herausgefunden. Deswegen bin ich heute abend hier, um es noch bei anderen Leuten zu versuchen.“
    „Danke, Sookie“, meinte Jason nach einer langen Pause. „Ich glaube, mir war nicht ganz klar, worum ich dich da eigentlich gebeten hatte. Hast du irgendwas mit deinem Haar angestellt?“
    Als Sam dann das Glas zu mir herüberschob, bezahlte mir Jason sogar den Whiskey-Cola.
    Viel schienen wir einander nicht zu sagen zu haben, aber in diesem Fall war das auch ganz in Ordnung so, denn ich versuchte, den anderen Gästen zuzuhören. Es waren ein paar Fremde in der Kneipe, und die knöpfte ich mir als erste vor, um zu sehen, ob sie vielleicht als Verdächtige gelten konnten. Bald mußte ich mir eingestehen, daß dem nicht so war, auch wenn mir das etwas gegen den Strich ging. Der eine dachte fast ausschließlich daran, wie sehr ihm seine Frau fehlte, und in seinen Gedanken schwang ganz klar die Botschaft mit, daß er dieser Frau treu war. Ein anderer dachte an das Merlottes, in dem er an diesem Abend zum ersten Mal war und daran, daß ihm die Drinks hier schmeckten. Wieder ein anderer war vollauf damit beschäftigt, gerade zu sitzen und hoffte inständig, er würde es schaffen, sein Auto zurück zum Motel zu fahren.
    Ich trank noch einen Whiskey-Cola.
    Jason und ich hatten uns gerade ein wenig darüber ausgetauscht, was wohl an Anwaltskosten zusammenkommen mochte, wenn die Erbschaftsangelegenheiten meiner Oma geregelt waren. Dann sah Jason zu Tür und sagte: „Oho!“
    „Was ist?“ fragte ich, mochte mich aber nicht umdrehen und nachsehen, was ihm aufgefallen war.
    „Schwesterherz, der Liebste naht - und nicht allein.“
    Zuerst befürchtete ich, Bill hätte einen seiner Vampirkumpel mitgebracht, was sehr unklug von ihm gewesen wäre und alle schrecklich aufgeregt hätte. Aber dann drehte ich mich um und verstand, warum Jason so wütend geklungen hatte. Bill war mit einer jungen Frau zusammen, einem Menschen. Er hielt das Mädel am Arm, und sie schmiß sich an ihn heran, als würde sie das professionell betreiben, während Bill die ganze Zeit seinen Blick über die Menge im Lokal gleiten ließ. Ich gelangte zu der Überzeugung, daß er genau mitbekommen wollte, wie ich reagierte.
    Als ich dann vom Barhocker kletterte, gelangte ich zu einer weiteren Überzeugung.
    Ich war betrunken. Ich trinke nur sehr selten Alkohol, und nach zwei Whiskey-Cola innerhalb kürzester Zeit war ich richtig betrunken. Nun, vielleicht nicht so, daß ich mich nicht mehr auf den Beinen hätte halten können, aber doch ziemlich beschwipst.
    Als Bill mich nun sah und unsere Blicke sich kreuzten, erkannte ich, daß er nicht wirklich erwartet hatte, mich hier zu treffen. Zwar konnte ich seine Gedanken nicht lesen wie die Erics in jenem einen, schrecklichen Moment, aber ich konnte seine Körpersprache deuten.
    „Hallo Vampir-Bill!“ rief Jasons Kumpel Hoyt. Bill nickte ihm höflich zu, steuerte jedoch das Mädchen - dunkel, zierlich - in meine Richtung.
    Ich wußte wirklich nicht, was ich tun sollte.
    „Schwesterherz, was wird hier gespielt?“ fragte Jason, der offenbar langsam in Rage geriet. „Das Mädel da ist eine Fangbangerin aus Monroe. Ich hab' sie gekannt, als sie noch auf Menschen stand.“
    Ich wußte immer noch nicht, was ich tun sollte. Mein Schmerz drohte, mich zu überwältigen, aber mein Stolz bestand stur darauf, den Schmerz zu überspielen. Dann mußte ich natürlich diesem ganzen Eintopf aus Emotionen auch noch eine Prise Schuldgefühle hinzufügen: Ich war bei Einbruch der Dunkelheit nicht dort gewesen, wo Bill mich erwartet hatte, und hatte ihm auch keine Nachricht hinterlassen. Andererseits - in diesem Fall dürfte es sich um das vierte oder fünfte andererseits gehandelt haben hatte ich in der Nacht zuvor bei der Show in Shreveport, zu der ich zitiert worden war, ziemlich viele schreckliche und schockierende Dinge erleben müssen. Nach Shreveport war ich letztlich ja überhaupt nur gegangen, weil meine Bindung an Bill mich dazu gezwungen hatte!
    In mir lagen also die Gefühle im Widerstreit, und das führte dazu, daß ich überhaupt nichts tat. Einerseits

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