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Vorübergehend tot

Vorübergehend tot

Titel: Vorübergehend tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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ausmachen, und als ich den Kopf durch die Tür steckte, sah ich, daß es Bubba war, der zu seinem Versteck zurücktrottete.
    „Was war?“ rief ich ihm leise zu.
    Bubba wechselte die Richtung und kam auf die Veranda geschlurft.
    „Da ist doch wirklich so ein Arschloch - Verzeihung, die Dame! - ums Haus herumgeschlichen“, erklärte er. Seine braunen Augen glühten, und er sah seinem früheren Ich viel ähnlicher als sonst. „Ich konnte ihn schon hören, ehe er wirklich hier war, und so dachte ich, den erwische ich ganz bestimmt. Aber er nahm eine Abkürzung durch den Wald, um zur Straße zu gelangen. Dort hatte er dann einen Pick-up stehen.“
    „Hast du ihn sehen können?“ wollte ich wissen.
    „Nicht so gut, daß ich ihn beschreiben könnte.“ Bubba blickte beschämt drein. „Er fuhr, wie gesagt, einen Pick-up. Aber ich könnte Ihnen nicht einmal sagen, welche Farbe der hat. Er war dunkel, mehr weiß ich nicht.“
    „Trotzdem hast du mich gerettet“, sagte ich und hoffte sehr, daß man an meiner Stimme hören konnte, wie sehr ich dem Vampir dankbar war. Mich überkamen warme, liebevolle Gefühle für Bill, weil er dafür gesorgt hatte, daß ich beschützt wurde. Selbst Bubba sah besser aus, als er in meinen Augen je ausgesehen hatte. „Herzlichen Dank, Bubba.“
    „Keine Ursache, nicht weiter der Rede wert!“ erwiderte er würdevoll. Einen Augenblick lang richtete er sich kerzengerade auf, warf den Kopf zurück, und auf seinem Gesicht lag das schläfrige Lächeln ... er war es wirklich! Schon hatte ich den Mund geöffnet, um ihn bei seinem Namen zu nennen, da fiel mir Bills Warnung ein, und ich schloß den Mund wieder.
    * * *
    Am nächsten Tag kam Jason gegen Kaution frei.
    Es kostete ein Vermögen. Ich unterschrieb alles, was Sid Matt mir vorlegte, obwohl die Bürgschaft für die Kaution zum großen Teil aus Jasons Haus, seinem Pick-up und dem Boot, mit dem er fischen fuhr, bestand. Hätte Jason Vorstrafen gehabt - und sei es nur wegen eines Verstoßes gegen die Straßenverkehrsordnung dann hätten sie ihm wohl gar nicht gestattet, eine Kaution zu stellen.
    In der Hitze des Spätvormittags stand ich auf den Stufen zum Gerichtsgebäude. Ich trug mein nüchternes, dunkelblaues Kostüm. Der Schweiß rann mir in Strömen über das Gesicht und sammelte sich zwischen meinen Lippen in dieser ekelhaft klebrigen Art, die immer dazu führt, daß man am liebsten sofort unter die Dusche springen möchte. Jason blieb vor mir stehen. Ich war nicht sicher, ob er mit mir reden würde. Sein Gesicht wirkte um Jahre gealtert. Nun waren die Sorgen gekommen und hatten sich seiner bemächtigt, richtige Sorgen, die nicht so einfach wieder verschwinden oder mit der Zeit weniger werden würden, wie Kummer es tat.
    „Ich kann mit dir nicht darüber reden“, sagte er so leise, daß ich ihn fast nicht verstanden hätte. „Du weißt, daß ich nicht der Täter bin. Ein oder zwei Schlägereien auf Kneipenparkplätzen wegen einer Frau - gewalttätiger bin ich nie in meinem Leben geworden.“
    Ich berührte seine Schulter, ließ meine Hand aber sofort wieder fallen, als er nicht auf meine Berührung reagierte. „Ich habe keinen Augenblick geglaubt, du könntest es getan habe. Ich werde das auch nie glauben. Es tut mir unendlich leid, daß ich gestern so blöd war und den Notarzt gerufen habe. Wenn mir klar gewesen wäre, daß das Blut nicht von dir stammte, hätte ich dich einfach in Sams Wohnwagen verfrachtet und sauber gemacht. Das Video hätte ich verbrannt. Ich hatte aber solche Angst, das Blut könnte deins sein.“ Ich spürte, wie mir die Tränen in die Augen stiegen. Es war nun aber wirklich nicht der richtige Augenblick zum Heulen, und so riß ich mich zusammen, spannte all meine Muskeln an und spürte, wie mein Gesicht zur Maske erstarrte. In Jasons Kopf herrschte das reinste Chaos, er war sozusagen ein mentaler Schweinestall. Die ungesunde Mischung, die dort brodelte, bestand aus Schamgefühlen darüber, daß seine sexuellen Vorlieben nun Gegenstand öffentlicher Erörterung werden würden, Schuldgefühlen, weil Amys Tod ihn nicht stärker betrübte, Entsetzen angesichts der Tatsache, daß überhaupt irgendein Mensch auf der Welt denken konnte, er hätte seine Großmutter umgebracht und hätte es dabei eigentlich auf seine Schwester abgesehen gehabt.
    „Wir schaffen das schon“, sagte ich hilflos.
    „Wir schaffen das schon“, wiederholte Jason, wobei er versuchte, sich einen Anstrich von Stärke zu geben und so zu

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