Vorübergehend tot
und Dawn spöttelten oft darüber, daß Sam vor seinem Wohnwagen einen Garten angelegt und Buchsbaum gepflanzt hatte. Besonders gern foppten sie ihn damit, wie schön gerade er seine Hecke schnitt.
Meiner Meinung nach war der Garten sehr hübsch.
Sams Pick-up stand wie immer vor seinem Wohnwagen, und so war mein Auto das einzige Fahrzeug auf dem Parkplatz.
Ich reckte mich auf die Zehenspitzen, um mich umzusehen. Weit und breit kein Bill. Es erstaunte mich, wie enttäuscht ich darüber war. Eigentlich hatte ich gedacht, er sei höflich genug, aufzutauchen, selbst wenn sein Herz (falls er denn eines haben sollte) nicht wirklich an der Verabredung hing.
Dann hoffte ich mit einem halben Lächeln auf den Lippen noch, er würde sich vielleicht aus einem der umstehenden Bäume fallen lassen und, in ein rotgefüttertes schwarzes Cape gehüllt, direkt vor meinen Füßen landen, aber nichts dergleichen geschah. So trottete ich hinüber zu meinem Auto.
Ich hatte eine Überraschung erhofft, aber gewiß nicht die, die mir dann zuteil wurde.
Mack Rattray sprang hinter meinem Auto hervor und stand mit einem einzigen Satz so nah vor mir, daß er mir einen Kinnhaken verpassen konnte. Er hatte all seine Kraft in diesen Schlag gelegt und sich nicht zurückgehalten; so kippte ich wie ein Sack Zement hintenüber auf den Kies. Im Fallen hatte ich geschrien, aber dann schlug ich so hart auf, daß mir die Luft wegblieb. Noch dazu war mir die Haut an einigen Stellen aufgeplatzt. So lag ich da, still, atemlos und hilflos. Als nächstes sah ich, wie Denise mit ihrem schweren Stiefel zum Tritt ausholte, und dieser Anblick war mir gerade noch rechtzeitig eine Warnung. Ich rollte mich zusammen, und sofort prasselten die vereinten, gezielten Fußtritte beider Rattrays auf mich nieder.
Der Schmerz setzte umgehend ein, ungeheuer intensiv und gnadenlos. Ich versuchte instinktiv, mein Gesicht in den Armen zu bergen und zu schützen, weshalb die Tritte auf meinen Unterarmen, den Beinen und meinem Rücken landeten.
Während der ersten Tritte war ich mir, glaube ich, noch sicher, daß die beiden irgendwann aufhören und mit ein paar wüsten Warnungen und Verwünschungen wieder verschwinden würden. Aber ich erinnere mich noch genau an den Moment, in dem mir klar wurde, daß die beiden vorhatten, mich zu töten.
Daliegen und ertragen, daß man mich zusammenschlug, das konnte ich. Aber ich würde nicht einfach nur so daliegen und mich umbringen lassen.
Deshalb packte ich, als nun wieder ein Bein auf mich lostrat, zu und klammerte mich mit all meiner Kraft daran fest. Auch versuchte ich zuzubeißen, um zumindest einem der beiden meinen Stempel aufzudrücken. Ich hätte noch nicht einmal sagen können, wessen Bein ich da erwischt hatte.
Plötzlich hörte ich ein Knurren. Oh Gott, dachte ich, sie haben einen Hund dabei! Das Knurren klang bösartig und feindlich. Bei diesem Geräusch hätten sich mir sicher, falls ich noch irgendwelche Emotionen übrig gehabt hätte, alle Nackenhaare zu Berge gestellt.
Noch einen Tritt, der direkt meine Wirbelsäule traf, mußte ich einstecken, dann hörte es plötzlich auf.
Dieser letzte Tritt aber hatte mir irgend etwas Schreckliches angetan. Ich konnte meinen eigenen Atem hören, der röchelnd und stoßweise ging, und dann war da ein ganz eigenartiges, blubberndes Geräusch, das aus meinen eigenen Lungen zu kommen schien.
„Was zum Teufel ist denn das?“ fragte da Mack Rattray, und er klang zu Tode erschrocken.
Ich hörte wieder das Knurren, näher, direkt hinter mir. Aus einer anderen Richtung hörte ich eine Art Fauchen. Dann fing Denise zu heulen an. Mack fluchte. Denise riß mir ihr Bein aus den Händen, die mit einem Mal sehr schwach zu sein schienen und mir nicht mehr gehorchen wollten. Mein rechter Arm war gebrochen, das sah ich noch, obwohl mir langsam alles vor Augen verschwamm. Mein Gesicht fühlte sich feucht an, und ich scheute mich ängstlich, überhaupt mit der Bestandsaufnahme meiner Verletzungen fortzufahren.
Jetzt schrie erst Mack, und dann schrie auch Denise, und um mich herum schien allerhand los zu sein, aber ich konnte mich nicht bewegen. Alles, was ich sehen konnte, waren mein gebrochener Arm, meine zerschmetterten Knie und die Dunkelheit unter meinem Auto.
Irgendwann später war alles still. Hinter mir winselte der Hund. Eine kalte Nase stieß an mein Ohr, und eine warme Zunge leckte daran. Ich versuchte, die Hand zu heben und den Hund zu streicheln, der zweifelsohne mein Leben
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