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Vorübergehend tot

Vorübergehend tot

Titel: Vorübergehend tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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gefragt. Aller guten Dinge sind drei, sagte meine Oma immer.
    „He, ich bin nicht tot“, rief ich da plötzlich aus. Mir war wieder eingefallen, wie fest ich damit gerechnet hatte, mich endgültig abmelden zu müssen. Dann schlenkerte ich mit meinem Arm, mit dem, der gebrochen gewesen war. Er fühlte sich immer noch schwach an, schwang aber nicht mehr hilflos hin und her. Auch meine Beine waren wieder zum Leben erwacht, und ich konnte mit den Zehen wackeln. Zur Probe atmete ich einmal tief ein und wieder aus und freute mich über den sanften Schmerz, den mir das zufügte. Ich versuchte, mich aufzusetzen, und auch das war nicht unmöglich, wenngleich es sich als etwas schwierig erwies. Ich fühlte mich wie damals als Kind am ersten fieberfreien Tag nach meiner Lungenentzündung: schwach, aber voller Freude. Ich wußte, daß ich etwas Schlimmes überlebt hatte.
    Ehe ich mich noch ganz aufgerichtet hatte, schob der Vampir die Arme unter mich und drückte mich an seine Brust. Ich fühlte mich sehr wohl dort auf seinem Schoß, den Kopf an seiner Brust vergraben.
    „Ich bin Telepathin“, sagte ich. „Ich kann die Gedanken anderer Menschen hören.“
    „Selbst meine?“ Es hörte sich an, als sei er lediglich neugierig.
    „Nein. Deswegen mag ich Sie ja auch so“, sagte ich und schwebte auf einer rosa Wolke aus reinem Wohlgefühl. In diesem Moment wollte ich mich nicht damit befassen, meine Gefühle zu verbergen.
    Ich spürte, wie Bills Brust sich hob und senkte: Der Vampir lachte. Das Lachen hörte sich etwas verrostet an.
    „Sie kann ich nämlich ganz und gar nicht hören“, plapperte ich weiter vor mich hin, und meine Stimme klang verträumt. „Sie wissen ja nicht, wie friedlich sich das anfühlt. Ein Leben lang ständig Blablabla und dann gar nichts.“
    „Wie schaffen Sie es denn, mit Männern auszugehen? Mit Männern Ihres Alters, meine ich, die doch sicher an nichts anderes denken als daran, wie sie Sie am schnellsten ins Bett bekommen?“
    „Nun, gar nicht. Ich schaffe es gar nicht, und ich glaube auch, daß alle Männer, ganz gleich welchen Alters, eine Frau immer nur ins Bett zerren wollen. Ich gehe nicht aus. Alle halten mich für verrückt, weil ich ihnen die Wahrheit nicht sagen kann, und die Wahrheit ist die, daß mich all diese Gedanken, der Inhalt all dieser Köpfe wahnsinnig macht. Als ich gerade angefangen hatte, in der Kneipe zu arbeiten, bin ich durchaus ein paar Mal ausgegangen. Mit Männern, die noch nichts über mich gehört hatten. Es war immer dasselbe. Man kann sich einfach nicht darauf konzentrieren, sich mit einem Mann zusammen wohl zu fühlen oder sogar romantische Gefühle für ihn zu entwickeln, wenn man gleichzeitig hört, wie er sich fragt, ob man sich wohl die Haare färbt und daß er eigentlich meinen Hintern nicht hübsch findet und spekuliert, wie mein Busen wohl aussehen mag.“
    Dann wurde ich etwas wachsamer, denn mir war aufgegangen, wie viele von meinen innersten Gefühlen ich dieser Kreatur gerade offenbarte.
    „Entschuldigen Sie!“ sagte ich. „Ich hatte nicht vor, Sie mit meinen Problemen zu belasten. Vielen Dank, daß Sie mich vor den Ratten gerettet haben.“
    „Es war meine Schuld, daß sie überhaupt eine Chance hatten, Sie zu erwischen“, erwiderte Bill, und ich hörte an seiner Stimme, wie wütend er war. „Wenn ich genügend Höflichkeit besessen hätte, pünktlich zu sein, wäre die ganze Sache nicht passiert. Also schuldete ich Ihnen mein Blut. Ich schuldete Ihnen Heilung.“
    „Sind die beiden tot?“ fragte ich mit leicht schwankender Stimme, was mir sehr peinlich war. „Oh ja.“
    Ich mußte schlucken. Nicht, weil ich wirklich Bedauern darüber empfand, daß die Welt nun ohne die Ratten auskommen durfte. Nein, aber ich mußte den Tatsachen ins Gesicht sehen und durfte mich nicht um die Erkenntnis drücken, daß ich auf dem Schoß eines Mörders hockte. Dabei war ich sehr zufrieden damit, dort zu sitzen. Es machte mich glücklich, seine Arme um mich zu spüren.
    „Das sollte mir wohl Kopfzerbrechen bereiten, tut es aber nicht“, erklärte ich, ehe mir noch recht klar war, was ich sagen wollte. Erneut spürte ich das eingerostete Lachen.
    „Sookie, warum wollten Sie heute nacht mit mir reden?“
    Diese Frage kam überraschend, und ich mußte mich sehr konzentrieren, um antworten zu können. Auch wenn ich wie durch ein Wunder körperlich fast wieder voll hergestellt war: Geistig fühlte ich mich noch immer ein wenig verwirrt.
    „Meine Großmutter

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