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Vorübergehend tot

Vorübergehend tot

Titel: Vorübergehend tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Stiefel. Da war der Mann schon eine andere Nummer, denn er war hübsch, wunderhübsch sogar, der hübscheste Mann, den ich je gesehen hatte. Er war bestimmt nicht älter als einundzwanzig und mochte spanischer Herkunft sein, denn er war dunkelhäutig, klein und feingliedrig. Er war mit Jeans bekleidet, die er ein ganzes Stück über dem Knie abgeschnitten hatte. Sonst trug er nichts. Außer Make-up - was ich zur Kenntnis nahm, ohne mit der Wimper zu zucken, nicht aber wirklich attraktiv fand.
    Dann bewegte sich Bill, so daß ich endlich erkennen konnte, wo er war. Er stand in den Schatten eines dunklen Flurs, der vom Wohnzimmer aus in den hinteren Teil des Hauses führte. Ich sah ihn an, denn er sollte mir vermitteln, wie ich mich in dieser unerwarteten Situation zu verhalten hatte. Zu meinem großen Entsetzen strahlte Bill nichts aus, was ich als beruhigend empfand. Er verzog keine Miene; sein Gesicht wirkte absolut undurchdringlich. Ich mochte es ja selbst kaum glauben, aber einen Moment lang schoß mir durch den Kopf, welche Erleichterung es jetzt wäre, einen kurzen Blick auf Bills Gedanken werfen zu können.
    „Wunderbar!“ sagte der langhaarige Vampir. „Dann können wir uns ja alle zusammen einen entzückenden Abend machen. Ist das hier eine kleine Freundin von dir? Sie wirkt irgendwie so frisch.“
    Mir gingen ein paar Kraftausdrücke durch den Kopf, die Jason mir beigebracht hatte.
    „Wenn Sie Bill und mich einen Augenblick entschuldigen würden?“ bat ich höflich, als sei dies für mich ein total normaler Abend. „Ich habe mich heute um ein paar Handwerker gekümmert, die das Haus renovieren sollen.“ Nun wird einem in der Regel nicht viel professioneller Respekt gezollt, wenn man Shorts und Nikes trägt, aber ich versuchte dennoch, geschäftsmäßig und unpersönlich zu klingen. Sie alle sollten glauben, ich sei nicht in der Lage, mir vorzustellen, die netten Menschen, denen ich hier im Verlauf meines Arbeitstages begegnete, könnten eine wirkliche Bedrohung für mich darstellen.
    „Da hat man uns gesagt, Bill lebt jetzt ausschließlich von synthetischem Blut!“ bemerkte der tätowierte Vampir kopfschüttelnd. „Da müssen wir uns doch irgendwie verhört haben, Diane!“
    Die Vampirin neigte den Kopf und musterte mich von der Seite. „Da bin ich nicht so sicher. Sie sieht mir sehr nach Jungfrau aus.“
    Auf Jungfernhäutchen bezog sich Diane mit dieser Bemerkung bestimmt nicht.
    Wie zufällig tat ich ein paar Schritte in Bills Richtung und hoffte inständig, er möge mir beistehen, sollte es zum Schlimmsten kommen. Wobei ich mir, wie ich feststellen mußte, nicht hundert Prozent sicher war, daß er das auch tun würde. Immer noch strahlend lächelnd stand ich dann da und betete, Bill würde etwas sagen, würde sich zumindest bewegen.
    Genau das tat er auch. „Sookie gehört mir“, sagte er mit einer Stimme, die so kalt und glatt klang, daß sie, wäre sie ein Stein gewesen, in jedem Teich hätte versinken können, ohne auf der Wasseroberfläche auch nur die kleinste Wellenbewegung zu verursachen.
    Ich warf ihm einen scharfen Blick zu, hatte aber genug Grips im Leibe, den Mund zu halten.
    „Wie gut hast du dich bis jetzt um unseren Bill hier gekümmert?“ wollte Diane wissen.
    „Das geht Sie einen Dreck an“, bediente ich mich immer noch lächelnd einer von Jasons Redewendungen. Ich kann ziemlich wütend werden, wenn ich provoziert werde - das hatte ich doch schon erwähnt, oder?
    Es entstand eine angespannte kleine Pause, in der mich alle Anwesenden - Menschen wie Vampire - einer angelegentlichen Prüfung unterzogen, bei der ihnen wahrscheinlich nicht ein einziges Härchen auf meinen Armen entging. Dann fing der große Mann an, aus vollem Halse zu lachen. Es schüttelte ihn förmlich. Die anderen schlossen sich ihm an, und während sie alle lauthals vor sich hingackerten, trat ich unauffällig noch näher an Bill heran. Dessen dunkle Augen ruhten auf meinem Gesicht. Er jedenfalls lachte nicht, und ich hatte das deutliche Gefühl, er wünschte mindestens ebenso sehr wie ich, ich könnte seine Gedanken lesen.
    Irgendwie befand Bill sich in Gefahr; soviel hatte ich inzwischen kapiert, und wenn er sich in Gefahr befand, dann galt das gleiche auch für mich.
    „Irgendwie hast du ein komisches Lächeln“, bemerkte der große Vampir nun nachdenklich. Wenn er lachte, gefiel er mir wesentlich besser.
    „Ach, Malcolm!“ grummelte Diane. „In deinen Augen sind doch alle weiblichen Menschen

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