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Vorübergehend tot

Vorübergehend tot

Titel: Vorübergehend tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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sicher, daß sie einfach mal wieder wen Neues aufgegabelt hatte und sich mit ihm im Bett vergnügte. Ich dachte, man müsse sie nur eben mal daran erinnern, daß sie gefälligst auf der Arbeit zu erscheinen hat. Als ich das letzte Mal bei einer solchen Gelegenheit hier war, um sie zu holen, hat sie mich zusammengestaucht. Das wollte ich ungern noch einmal erleben. Ich habe mich benommen wie ein Feigling, als ich dich schickte, und nun hast du sie so finden müssen.“
    „Du steckst voller Überraschungen, Sam.“
    Er drehte sich nicht um, sah mich nicht an, antwortete nicht. Aber seine Finger schlossen sich um meine. Eine ganze Zeitlang standen wir so Hand in Hand in der Sonne, und um uns herum schwirrten alle möglichen Leute. Sams Handfläche fühlte sich heiß und trocken an, seine Finger kräftig. Mir war, als hätte ich einmal in meinem Leben wirklich und wahrhaftig Kontakt zu einem anderen Menschen aufgenommen. Aber dann lockerte sich Sams Griff, und er ließ mich allein, um sich mit dem Polizisten zu unterhalten, der gerade aus seinem Auto kletterte, und JB wiederum wollte genau wissen, wie Dawn ausgesehen hatte und die Welt verfiel rasch wieder in ihren alten Trott.
    Der Kontrast zu dem, was ich kurz in Sams Beisein empfunden hatte, war hart. Ich war total erschöpft und mußte an die vergangene Nacht denken, in mehr Einzelheiten, als mir lieb war. Die Erde schien mir ein grausamer, schrecklicher Ort, all ihre Bewohner verdächtige Subjekte und ich das zarte Lamm, das mit einem Glöckchen am Hals im Tal des Todes umherwandelt. Mit müden Schritten ging ich hinüber zu meinem Auto, riß die Tür auf und ließ mich seitwärts auf den Fahrersitz fallen. Für heute hatte ich genug gestanden; von nun an würde ich, solange es ging, sitzen.
    JB folgte mir auf dem Fuße. Er hatte mich gerade erst wiederentdeckt und mochte sich nicht trennen. Oma, so erinnerte ich mich, hatte einst, als ich noch zur Oberschule ging, große Hoffnungen in die Sache mit mir und JB gesetzt und geglaubt, sie würde sich zu etwas Ernsthaftem auswachsen. Aber jede Unterhaltung mit JB, ja selbst das Lesen seiner Gedanken, war ungefähr so interessant, als bekäme man als Erwachsener eine Fibel für Erstklässler vorgesetzt. Ein hohler Kopf auf einem derart beredten Körper - einer von Gottes kleinen Scherzen.
    JB ließ sich vor mir auf die Knie nieder, nahm sanft meine Hand, und ich ertappte mich dabei, wie ich wünschte, irgendeine reiche, kluge Dame möge kommen, JB ehelichen, für ihn sorgen und sich an dem, was er zu bieten hatte, erfreuen. Sie würde gut dabei wegkommen.
    „Wo arbeitest du denn jetzt?“ fragte ich, nur um mich abzulenken.
    „Im Lagerhaus meines Vaters“, erwiderte er.
    Ein Job bei seinem Vater, das war immer JBs letzte Zuflucht gewesen. Sein Vater hatte einen Laden für Autoersatzteile, zu dem JB immer dann zurückkehrte, wenn man ihn anderswo wieder mal gefeuert hatte. Das geschah relativ häufig, immer wenn JB irgend etwas wirklich Schafsköpfiges tat oder einfach nicht zur Arbeit erschien oder einen Vorgesetzten tödlich beleidigte.
    „Wie geht es der Familie?“
    „Ach, prima. Komm, Sookie, laß uns heute irgendwas zusammen machen!“
    Führe mich nicht in Versuchung! dachte ich.
    Irgendwann einmal würden meine Hormone mich einfach austricksen, und dann würde ich etwas tun, was ich später zu bereuen hätte. Natürlich könnte ich mir einen Schlimmeren aussuchen als JB. Aber noch war ich entschlossen, standzuhalten und auf Besseres zu hoffen. „Ich danke dir sehr, mein Lieber“, erwiderte ich. „Vielleicht machen wir irgendwann einmal was zusammen, aber heute bin ich irgendwie nicht in Stimmung.“
    „Hast du dich in den Vampir verliebt?“ fragte JB nun geradeheraus.
    „Wo hast du das denn her?“
    „Dawn erwähnte so etwas.“ JBs Miene bewölkte sich, als ihm wieder einfiel, daß Dawn ja tot war. Dawns genaue Worte bekam ich zu hören, als ich mich kurz bei JB einschaltete: „Dieser neue Vampir interessiert sich für Sookie“, hatte sie gesagt. „Dabei wäre ich wesentlich geeigneter für ihn! Der braucht eine Frau, die es verträgt, wenn man sie grob anpackt. Sookie kreischt doch, wenn er sie nur berührt.“
    Es ist ziemlich sinnlos, auf eine Tote wütend zu sein, aber eine kurze Zeitlang gönnte ich mir dieses Gefühl.
    Dann kam der Polizist auf uns zu, und JB stand auf und trat beiseite.
    Der Beamte hatte aber durchaus noch mitbekommen, daß JB zu meinen Füßen gekauert hatte, und zudem sah

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