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Vorübergehend tot

Vorübergehend tot

Titel: Vorübergehend tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Lager miteinander reden oder in Sams Büro“, sagte ich streng. Dann zog ich die Beine ins Auto.
    Die Kneipe summte förmlich wie ein Bienenstock, als ich dort ankam. Sam hatte Terry Bellefleur - Andys Vetter zweiten Grades, wenn ich das richtig im Kopf hatte - gebeten, den Tresen zu übernehmen, während er  selbst sich in Dawns Haus mit der Polizei unterhalten mußte. Terrys Vietnamkrieg war fürchterlich gewesen, und nun existierte der Mann gerade mal so eben von irgendeiner Behindertenrente, die die Regierung ihm zahlte. Terry war verwundet worden; er war in Kriegsgefangenschaft geraten und hatte zwei Jahre in einem Lager ausharren müssen. Seine Gedanken waren in der Regel so furchterregend, daß ich mir besondere Mühe gab, ihnen nicht zuzuhören, wenn ich mich in Terrys Nähe aufhielt. Terrys Leben war hart, und ihm fiel normales Benehmen noch schwerer als mir. Gott sei Dank trank er nicht.
    Ich begrüßte ihn mit einem kleinen Kuß auf die Wange, ehe ich ging, um mir die Hände zu schrubben und mein Tablett abzuholen. Durch das Fenster zur kleinen Küche konnte ich Lafayette Reynolds, den Koch, beobachten, wie er Hamburger wendete und ein Sieb mit Pommes Frites im heißen Öl versenkte. Im Merlottes kann man Hamburger, Pommes und ein paar belegte Brote bekommen, mehr nicht. Sam will kein Restaurant führen, sondern eine Bar, in der man auch eine Kleinigkeit essen kann.
    „Was verschafft mir denn diese Ehre?“ fragte Terry und hob erstaunt die Brauen. Terrys Haar war rot, aber wenn er vergessen hatte, sich zu rasieren, sah man, daß seine Bartstoppeln bereits ergraut waren. Terry verbrachte einen Gutteil seiner Zeit an der frischen Luft, aber seine Haut wurde nie wirklich braun. Die Sonne ließ sie rauh und rot werden, und dann sah man die Narben auf seiner linken Wange noch deutlicher. Terry schien das nichts auszumachen. Einmal, als sie ein wenig betrunken gewesen war, hatte Arlene die Nacht mit Terry verbracht, und von daher wußte ich, daß der Mann viele Narben hatte, die weitaus schlimmer waren als die auf seiner Wange.
    „Das war einfach dafür, daß du hier bist“, antwortete ich.
    „Also stimmt das mit Dawn?“ fragte er.
    Lafayette stellte zwei Teller in die Durchreiche und zwinkerte mir mit seinen dichten falschen Wimpern zu. Lafayette trägt viel Make-up. Ich war derart an seinen Anblick gewöhnt, daß mir das schon gar nicht mehr auffiel, aber nun ließ mich der Anblick seines Lidschattens an den Jungen Jerry denken. Den hatte ich mit den drei Vampiren abziehen lassen, ohne zu protestieren. Nicht das moralisch korrekte Vorgehen, eher ein realistisches. Ich hätte sie nicht daran hindern können, ihn mitzunehmen. Ich hätte die Polizei nie so rechtzeitig alarmieren können, daß sie die Gruppe noch hätte einholen können. Er mußte ohnehin sterben, aber vorher hatte er so viele Vampire und Menschen mit in den Tod nehmen wollen wie irgend möglich, und er hatte bereits einmal gemordet. Streng teilte ich meinem Gewissen mit, ich sei nicht bereit, noch eine Unterhaltung zum Thema Jerry mit ihm zu führen.
    „Arlene, die Hamburger sind fertig!“ rief Terry, womit er mich mit einem Ruck wieder ins Hier und Jetzt holte. Arlene kam, nahm sich die beiden Teller und warf mir einen Blick zu, der besagte, daß sie mich gründlich löchern würde, sobald sich die Gelegenheit böte. Außer Arlene arbeitete noch Charlsie Tooten. Sie sprang immer ein, wenn eine der regulären Kellnerinnen krank wurde oder nicht auftauchte. Ich hoffte, Charlsie würde Dawns Job übernehmen. Ich hatte sie immer schon gemocht.
    „Ja, Dawn ist tot“, teilte ich Terry mit, den es nicht zu stören schien, daß ich mir mit der Antwort auf seine Frage so viel Zeit gelassen hatte.
    „Wie ist es passiert?“
    „Das weiß ich nicht, aber es war kein friedlicher Tod.“ Ich hatte Blut auf dem Bettlaken gesehen, nicht viel, aber ein bißchen.
    „Maudette“, sagte Terry, und ich verstand sofort, was er meinte.
    „Vielleicht“, erwiderte ich. Es war ja durchaus möglich, daß die Person, die Dawn um die Ecke gebracht hatte, auch Maudette auf dem Gewissen hatte.
    Natürlich kam jeder Einwohner von Renard Parish an diesem Tag zu uns, wenn nicht zum Mittagessen, dann zumindest nachmittags auf einen Kaffee oder ein Bier. Wer sich die Arbeit nicht so legen konnte, daß es ihm möglich war, bereits tagsüber auf einen Sprung zu uns zu kommen, wartete auf den Feierabend und schaute auf dem Nachhauseweg herein. Zwei Morde an jungen

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