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Vorübergehend tot

Vorübergehend tot

Titel: Vorübergehend tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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die Bar betreten sehen. Sie trug eine Menge Locken auf dem Kopf, war recht knochig und trug eine Brille, die sie auf dem Weg zu uns herüber abnahm und in ihre Handtasche stopfte. Als die Frau unseren Tisch erreichte, beugte sie sich so weit vor, daß ihr Mund gerade mal vier Zentimeter von Bills entfernt war.
    „Hallo, du großer, gefährlicher Mann“, gurrte sie in einem Ton, der wohl verführerisch klingen sollte, und klopfte dazu mit einem blutroten Fingernagel gegen Bills Blutflasche. „Bei mir kriegst du das Echte!“ Damit Bill sie auf keinen Fall mißverstehen konnte, streichelte sie lasziv ihren Hals.
    Ich mußte tief Luft holen, um meine Wut zu bändigen. Gut, ich hatte Bill gebeten, mit mir hierher zu kommen, es war nicht umgekehrt gewesen. Er konnte tun, was er wollte, also stand mir kein Kommentar zu. Vor meinem geistigen Auge jedoch glitt das sommersprossige, blasse Gesicht dieser Schlampe vorbei, geziert von der Spuren meiner fünf Finger! Ich saß mucksmäuschenstill, um Bill keinen Hinweis darauf zu geben, was ich gerade am liebsten getan hätte.
    „Ich bin in Begleitung“, erklärte Bill sanft.
    „Die Begleitung trägt aber keine Bißspuren am Hals“, erwiderte die Frau und nahm damit endlich meine Anwesenheit zur Kenntnis, wenn auch nur mit einem verächtlichen Seitenblick. Ebensogut hätte sie mich öffentlich einen Feigling schimpfen können und dabei mit den Armen flattern, als sei sie ein aufgescheuchtes Huhn. Ob mir vor Wut wohl schon Schaum vor dem Mund stand?
    „Ich bin in Begleitung“, wiederholte Bill, und seine Stimme klang schon nicht mehr ganz so sanft.
    „Du weißt nicht, was dir entgeht“, erwiderte die Frau, und ihre großen, blassen Augen blitzten beleidigt.
    „Doch, das weiß ich genau“, sagte Bill.
    Da zuckte sie zurück, als hätte ich sie wirklich ins Gesicht geschlagen und nicht nur davon geträumt, und stürzte zurück an ihren eigenen Tisch.
    Sie war nur die erste. Nach ihr kamen noch drei, was mich sehr nervte. All diese Menschen, Männer wie Frauen, wollten unbedingt mit einem Vampir intim werden und hatten keine Probleme damit, das ganz offen zu zeigen.
    Ruhig und gefaßt wurde Bill mit all dem fertig.
    „Du sagst ja gar nichts“, bemerkte er dann, als gerade ein etwa vierzig Jahre alter Mann unsere Nische verlassen hatte. Ihm hatten wirklich und wahrhaftig Tränen in den Augen gestanden, als Bill ihn zurückgewiesen hatte.
    „Was sollte ich denn auch sagen?“ fragte ich unter Aufbietung all meiner Beherrschung.
    „Du hättest sie auch wegschicken können. Soll ich dich ein wenig allein lassen? Hast du jemanden gesehen, der dir gefällt? Ich habe schon mitbekommen, daß Langer Schatten, der Typ hinter dem Tresen, zu gern ein wenig mit dir zusammen sein würde.“
    „Rede nur nicht so blöd daher! Ich will nicht allein sein.“ Ich hätte mich bei keinem der anderen Vampire in der Bar sicher gefühlt, hätte immer befürchtet, sie wären wie Liam oder Diane. Bill hielt seine dunklen Augen auf mich gerichtet, als erwarte er, daß ich noch mehr sagte. „Ich muß die anderen hier allerdings noch befragen, ob einer von ihnen hier in der Bar früher einmal Maudette oder Dawn begegnet ist.“
    „Soll ich dich begleiten?“
    „Ja, bitte!“ antwortete ich und ärgerte mich, denn die Bitte klang ängstlicher, als ich beabsichtig hatte. Eigentlich hatte ich ihn beiläufig um einen kleinen Gefallen bitten wollen.
    „Der Vampir da drüben sieht gut aus. Er hat dich bereits zwei Mal ausführlich gemustert“, stellte Bill fest, und ich fragte mich, ob er sich wohl nach diesem Spruch auch am liebsten die Zunge abgebissen hätte.
    „Jetzt machst du dich aber lustig über mich!“ erwiderte ich leicht verunsichert nach einer kleinen Pause.
    Der Vampir, auf den Bill gezeigt hatte, sah in der Tat unglaublich gut aus, blond, blauäugig, groß, mit breiten Schultern. Er trug Stiefel, Jeans, eine Weste und sonst nichts. Er glich den schmachtenden Liebhabern, die die Schutzumschläge von Liebesromanen zieren, und jagte mir Todesängste ein.
    „Er heißt Eric“, sagte Bill.
    „Wie alt ist er?“
    „Sehr alt. Hier in dieser Bar ist er der Älteste.“
    „Ist er bösartig?“
    „Sookie, wir alle sind bösartig. Wir sind alle sehr stark und sehr zerstörerisch.“
    „Du nicht“, sagte ich und sah, wie sich seine Miene verschloß. „Du willst doch bürgerlich leben. Also tust du nichts Gesellschaftsfeindliches.“
    „Immer, wenn ich gerade denke, du bist viel zu

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