Vorübergehend tot
kapiert, in welcher Gefahr ich mich befand, da packte mich Bill an den Oberarmen. Er zog mich ganz langsam an sich. Es hatte keinen Sinn, sich zu wehren, im Gegenteil: Ich spürte, daß ich dadurch Bill nur noch mehr erregen würde. Jetzt war ich höchstens noch einen Zentimeter von ihm entfernt; fast konnte ich seine Haut riechen. Ich spürte den Aufruhr, der in ihm tobte, konnte seinen Zorn förmlich schmecken.
Wenn es mir gelang, diese Energie in eine andere Richtung zu lenken, war ich vielleicht gerettet. Ich beugte mich den entscheidenden Zentimeter vor und legte meinen Mund an Bills Brust. Ich leckte ihm den Regen von der Haut, ich rieb meine Wange an seiner Brustwarze, ich drückte mich an ihn.
Im nächsten Augenblick streiften seine Zähne meine Schulter, und sein Körper, hart und steif und nur zu bereit, versetzte mir einen so heftigen Stoß, daß ich mich unversehens rücklings im Schlamm liegend wiederfand. Bill glitt direkt in mich hinein, als wolle er versuchen, durch mich hindurch die Erde aufzuspießen. Ich schrie, und er knurrte als Antwort, als seien wir wirklich Schlamm-Menschen, primitive Höhlenbewohner. Ich hatte die Finger in die Haut auf Bills Rücken gekrallt und spürte auf ihnen den Regen, der auf uns niederfloß, spürte das Blut unter meinen Nägeln und Bill, wie er sich bewegte, unnachgiebig, unnachlässig. Ich dachte, ich würde in den Schlamm gepflügt, in mein Grab. Bill senkte die Fangzähne in meinen Hals.
Plötzlich kam ich. Bill heulte auf, als er auch seinen Höhepunkt erreichte. Dann brach er auf mir zusammen, seine Fangzähne zogen sich zurück, und er leckte mir sanft die kleinen Bißwunden sauber.
Ich hatte gedacht, er würde mich umbringen, ohne es überhaupt zu wollen.
Meine Muskeln wollten mir einfach nicht mehr gehorchen, es hätte mir also auch nicht viel genutzt, wenn ich gewußt hätte, was ich nun machen sollte. Bill nahm mich in die Arme und hob mich hoch. Er trug mich zu seinem Haus, drückte die Haustür auf und brachte mich direkt ins große Badezimmer. Dort legte er mich vorsichtig auf den großen Teppich, auf dem ich Lehm, Regenwasser und ein ganz klein wenig Blut verspritzte, um dann die Hähne an der großen Badewanne aufzudrehen, und als die Wanne voll war, ließ er mich sanft hineingleiten und stieg dann selbst hinein. Wir saßen auf den Sitzen, und unsere Beine baumelten in dem warmen schäumenden Wasser, das sich schnell verfärbte.
Bills Augen starrten auf etwas, das bestimmt kilometerweit entfernt war.
„Alle tot?“ fragte er kaum hörbar.
„Alle tot, und ein Mensch, ein Mädchen, auch noch“, erwiderte ich ruhig.
„Was hast du den ganzen Tag gemacht?“
„Geputzt. Sam hat mich gezwungen, das Haus zu putzen.“
„Sam“, sagte Bill nachdenklich. „Sag mir, Sookie, kannst du Sams Gedanken lesen?“
„Nein“, gestand ich, mit einem Mal völlig erschöpft. Ich tauchte den Kopf unter, und als ich wieder auftauchte, hielt Bill die Shampooflasche bereit. Er seifte mein Haar ein, spülte es aus und kämmte es, wie an dem Tag, an dem wir uns zum ersten Mal geliebt hatten.
„Bill, die Sache mit deinen Freunden tut mir sehr leid“, sagte ich, so erschöpft, daß ich die Worte kaum herausbekam. „Ich bin so glücklich, daß du noch existierst!“ Ich schlang die Arme um seinen Hals und legte meinen Kopf an seine Schulter. Die Schulter war hart wie Stein. Ich erinnere mich daran, daß Bill mich mit einem großen, weißen Handtuch abtrocknete, daß ich dachte, wie weich das Kissen doch sei, daß er neben mir ins Bett glitt und die Arme um mich legte. Dann schlief ich ein.
In den frühen Morgenstunden erwachte ich halb, weil ich hörte, wie jemand sich im Zimmer bewegte. Ich hatte wohl geträumt, und es war wohl ein Alptraum gewesen, denn als ich aufwachte, schlug mein Herz rasend schnell und so, als wollte es zerspringen. „Bill?“ fragte ich, und ich konnte die Angst in meiner Stimme deutlich hören.
„Was ist?“ fragte er, und ich spürte, wie die Matratze nachgab, als er sich auf die Bettkante setzte.
„Ist alles in Ordnung?“
„Ja, ich war nur draußen. Ich habe einen Spaziergang gemacht.“
„Da draußen ist niemand?“
„Nein, Liebling.“ Ich hörte den Laut, der entsteht, wenn Stoff über Haut gleitet, und dann lag er neben mir unter den Laken.
„Ach Bill, das da in einem dieser Särge, das hättest auch du sein können“, sagte ich, und die Angst, die ich empfunden hatte, war mir ganz frisch im
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