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Vorübergehend tot

Vorübergehend tot

Titel: Vorübergehend tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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ich die Haustür zuschlagen. Ich saß am Tisch, während Finsternis die Küche füllte. Als ich fast nichts mehr sah, ging ich nach draußen. Ich nahm meine große Taschenlampe mit.
    Es machte nichts, daß es immer noch regnete. Ich trug ein ärmelloses Leinenkleid und ein paar Sandalen, das, was ich am Morgen angezogen hatte, nach Jasons Anruf.
    Ich stand in dem strömenden warmen Regen, mein Haar klebte mir am Schädel, und mein Kleid klebte mir naß am Körper. Ich wandte mich nach links in den Wald und begann, mir zunächst noch langsam und vorsichtig einen Weg zwischen den Bäumen hindurch zu suchen. Dann jedoch verpuffte nach und nach der beruhigende Einfluß, den Sam auf mich gehabt hatte, so daß ich anfing zu laufen, und dann rannte ich und riß mir die Wangen an Ästen auf, zerkratzte mir die Beine an dornigen Ranken. Als ich aus dem Wald herauskam, rannte ich über den Friedhof, der Strahl der Taschenlampe hüpfte vor mir auf und ab. Eigentlich hatte ich zum Haus der Comptons laufen wollen, aber nun wußte ich auf einmal, daß Bill irgendwo hier sein mußte, hier, in diesen sechs Morgen voller Knochen und Steine. Da stand ich nun mitten im ältesten Teil des Friedhofs, umgeben von Monumenten und bescheidenen Grabsteinen, in der Gesellschaft der Toten.
    Ich kreischte: „Bill! Komm jetzt raus!“
    Ich drehte mich im Kreis, starrte hinein in die fast schwarze Dunkelheit, wußte, auch wenn ich ihn nicht sehen konnte, würde Bill mich sehen können, wenn er überhaupt noch etwas sah, wenn er nicht - wenn er nicht eine dieser rußgeschwärzten, vor sich hinbröckelnden Abscheulichkeiten gewesen war, die ich im Vorgarten des Hauses am Stadtrand von Monroe gesehen hatte.
    Kein Laut. Keine Bewegung bis auf das Fallen des sanften, alles durchtränkenden Regens.
    „Bill! Bill! Komm raus!“
    Zu meiner Rechten fühlte ich eine Bewegung eher, als daß ich sie hörte. Ich wandte den Strahl meiner Taschenlampe dorthin. Der Boden hob sich leicht, und vor meinen Augen schoß eine weiße Hand aus der roten Erde. Dann fing diese Erde an, sich zu bewegen und zu zerbröckeln. Eine Gestalt erhob sich aus ihr.
    „Bill?“
    Die Gestalt drehte sich zu mir um. Verschmiert mit roter Erde und die Haare voller Dreck trat Bill zögernd einen Schritt in meine Richtung.
    Ich schaffte es nicht, ihm entgegenzugehen.
    „Sookie!“ sagte er und war jetzt ganz nah bei mir. „Warum bist du hier?“ Zum ersten Mal, seit ich ihn kannte, klang Bill desorientiert und unsicher.
    Ich mußte es ihm sagen, aber ich bekam den Mund nicht auf.
    „Liebling?“
    Da sank ich wie ein Stein zu Boden. Plötzlich lag ich auf den Knien im regendurchtränkten Gras.
    „Was ist passiert, während ich schlief?“ Bill kniete neben mir, splitterfasernackt, und der Regen strömte an ihm herab.
    „Du hast nichts an“, murmelte ich leise.
    „Das würde doch alles nur dreckig werden“, erwiderte er, und das klang natürlich völlig vernünftig. „Wenn ich in der Erde schlafe, ziehe ich mich vorher aus.“
    „Ja. Natürlich.“
    „Jetzt mußt du mir sagen, was los ist.“
    „Du darfst mich aber nicht hassen.“
    „Was hast du getan?“
    „Mein Gott, ich war es nicht! Aber ich hätte dich deutlicher warnen sollen, ich hätte dich packen und dich zwingen sollen, mir zuzuhören. Ich habe versucht, dich anzurufen, Bill!“
    „Was ist passiert?“
    Ich nahm sein Gesicht in beide Hände, berührte seine Haut, und mir wurde bewußt, was ich womöglich hätte verlieren können, was ich immer noch verlieren konnte.
    „Sie sind tot, Bill, die Vampire aus Monroe und jemand anders auch noch.“
    „Harlen“, sagte er tonlos. „Harlen blieb letzte Nacht dort. Diane und er fuhren schwer aufeinander ab.“ Er wartete, daß ich zu Ende erzählte, und seine Augen ruhten unverwandt auf mir.
    „Sie sind verbrannt.“
    „Brandstiftung.“
    „Ja.“
    Er hockte sich in den Regen neben mich, und ich konnte sein Gesicht nicht sehen. Ich hielt die Taschenlampe immer noch krampfhaft umklammert, aber ansonsten hatte mich alle Kraft verlassen. Bills Zorn war körperlich spürbar.
    Ich konnte auch seine Gewaltbereitschaft spüren.
    Ich konnte seinen Hunger spüren.
    Nie war Bill so sehr Vampir gewesen. An ihm war nichts mehr, was an einen Menschen erinnerte.
    Er wandte sein Gesicht gen Himmel und heulte.
    Ich dachte, er würde gleich jemanden umbringen, so groß war der Zorn, den er ausstrahlte. Ich war diejenige, die am nächsten an ihm dran war.
    Ich hatte gerade erst

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