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Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Titel: Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Ruf war Teil der Vision, die er nach dem Tod seiner Frau gehabt hatte. In seiner Vision gab sie sich ihm bereitwillig hin und erlaubte ihm, sich in der Umarmung ihrer Seelen zu verlieren. Aber dann mischte sich die Beobachterin ein und veränderte alles. Die Vision endete schlagartig und er merkte voller Entsetzen, was er getan hatte. Er hatte seine Macht mißbraucht.
    Zukunft und Vergangenheit klafften unüberbrückbar auseinander. Woraus Gutes hätte entstehen sollen, verbreitete Angst. Die Gegenwart der Beobachterin empfand er so deutlich wie Hunger oder Durst oder Schmerz.
    Erschrocken war er davongelaufen. Er konnte nicht fassen, was er der Frau angetan hatte, die er zu lieben glaubte. Vergeblich war er auf die höchsten Höhen geklettert, um eine Erklärung vom Großen Geheimnis zu erhalten. Er hatte zornig in die Nacht hinausgerufen und eine Begegnung mit der Beobachterin verlangt alles vergebens.
    »Ich diene dir nur als Werkzeug!« zischte er hinauf zum Himmel. »Warum hast du mich derartig benutzt, Großes Geheimnis dort oben? Was bin ich für dich, wo ich doch nur ein Mann sein will?
    Warum hast du mich verflucht? Warum zeuge ich keine Kinder, wo doch Söhne mein einziger Wunsch sind?«
    Kopfschüttelnd schloß er die Augen. Das Geheul des Windes machte ihn innerlich ruhiger. In den Falten seines Mantels sammelte sich der Schnee.
    Erschöpft ließ er die Gedanken treiben, die ihn nach Süden und immer weiter nach Süden zogen. Wie der Rauch eines grünen Dungfeuers schwebte er über das Land. Er sah, fühlte und hörte Geist und Seele von den Felsen und der unter ihm vorbeiziehenden Tundra aufsteigen. Eine Zeitlang genoß er vollkommene Freiheit. Alle Bande waren zerrissen, uneingeschränkte Seligkeit erfüllte ihn.
    Auf den Felshügeln stand plötzlich ein junger Mann breitbeinig vor ihm und versperrte ihm den Weg.
    Seine Beine steckten in hohen Schnürstiefeln, die Kleidung glich der des Feindes im Süden. Über der Schulter trug er ein Eisbärfell. Seine Augen glänzten wie in Trance.
    »Verschwinde, Mann!« befahl Eisfeuer. »Du stehst dem Weißen-Stoßzahn-Clan im Wege. Du stehst meinem Volk im Wege.«
    »Was suchst du?«
    »Was mir bestimmt ist zu finden. Den Weg für mein Volk. Die Söhne, die ich zeuge.«
    Der junge Mann legte den Kopf schief. »Du hast bereits Söhne. Dein Schicksal erfüllt sich falls du dich darauf einläßt. Deine Söhne sind dein Schicksal. Was wählst du? Licht oder Dunkelheit?« Er hob eine Hand.
    Aus den Wolkengebirgen formte sich die Gestalt einer wunderschönen Frau, deren Haar im Wind wehte.
    Der hochgewachsene junge Mann sprach weiter: »Sie ist das Licht. Wähle sie, und du wirst mit den Deinen euren Weg finden.« Wieder hob er die Hand. Er blies auf die ausgestreckte Handfläche, und ein Regenbogen entstand, der sich bis hinauf zum Himmel erstreckte.
    Der junge Mann deutete auf eine dunkle Wolke. »Wähle die Dunkelheit, und ihr alle werdet sterben.«
    »Verschwinde, habe ich gesagt! Wir vernichten dich, trotz deiner magischen Kräfte«, keuchte Eisfeuer und versuchte angestrengt, seine aufsteigende Furcht zu verbergen. »Wir dulden keine Träumer, keine Zauberer. Wir stehen unter dem Schutz des Großen Geheimnisses. Unsere Speere sind stärker als deine Träume als deine Beobachterin. Spiel nicht mit uns, du Mann des Feindes. Wir zertreten dein Volk wie einen dürren Weidenzweig.«
    Der junge Mann lächelte. »Also das ist dein erklärtes Ziel? Du willst vernichten? Hast du dich dafür entschieden?«
    »Nein«, krächzte Eisfeuer. Kalte Angst kroch ihm das Rückgrat hinauf. »Ich suche meine Söhne. Sie sind das Schicksal meines Volkes. Und ich will das Heilige Fell.«
    »Und was bist du bereit dafür zu geben?« In den Augen des jungen Mannes tanzten kleine Flammen.
    Eisfeuer schluckte. »Ich … alles.«
    »Gib mir deinen Sohn. Ich wage den gleichen Einsatz. Einen Sohn für einen Sohn. Einen Sieg für eine Niederlage. Ein Leben für einen Tod.«
    »Aber ich …«
    »Bist du einverstanden? Du gibst mir, was dir gehört, und ich gebe dir, was mir gehört?«
    Mit offenem Mund starrte Eisfeuer den jungen Mann an. Widerstrebend murmelte er: »Ich würde schon… wenn es …«
    »Dann ist es abgemacht.« Der junge Mann ließ sich auf alle viere nieder, Arme und Beine vervielfachten sich. Er verwandelte sich in eine rote Spinne. Das Tier eilte den Regenbogen hinauf. Erst ganz oben wurde es langsamer. Auf dem höchsten Punkt des Regenbogens drehte es sich noch einmal um,

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