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Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Titel: Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Samen ergießt?«
    »Du verstehst gar nichts«, zischte Singender Wolf durch die Zähne. »Ich habe ihn gesehen. Ich habe eine ungefähre Vorstellung von dem, was er macht. Es ist…«
    »Das sind doch nur Ausflüchte!« Er fuchtelte mit den Händen. »Du kennst das Gerede. Das Volk glaubt, er sei feige er fürchte sich, Krähenrufer Auge in Auge gegenüberzutreten. Und du stehst da und bewachst dieses Loch.«
    Langsam schüttelte Singender Wolf den Kopf. In seinen Augen glomm Zorn auf. »Du weißt nicht, was er riskiert. Du, du bist sein Bruder! Und du begreifst nicht, was er tut? Er träumt, sogar jetzt in dem Moment, in dem wir miteinander sprechen.«
    »Er versteckt sich«, grunzte Vier Zähne. »Er hat seine Glaubwürdigkeit verloren, Singender Wolf. Seit drei Tagen erzählst du uns nun schon, er würde träumen. Drei Tage! Und wo ist er? Ha? Wo? Ich habe nur dein Wort.«
    »Du kennst nicht die Macht des …«
    »Pah!« Verächtlich spuckte Vier Zähne aus. »Er ist in diesem Felsen begraben. Eingesperrt. Seine Seele ist gefangen. Das hat er getan. Sich selbst eingesperrt.«
    Singender Wolfs Miene veränderte sich. Ein schmerzlicher Ausdruck trat in seine Augen.
    Rabenjäger nutzte die Gelegenheit. »Großvater, strafe nicht diesen Jäger und Krieger. Du darfst ihn nicht wegen der Wahnvorstellungen meines Bruders leiden lassen. Der im Licht läuft ist kalt und berechnend. Er besitzt die Gabe, die Wahrheit zu verdrehen und die Treue der Männer auszunutzen.
    Singender Wolf ist kein …«
    Der Fellvorhang an der Höhlenöffnung bewegte sich. Und da stand er, mit zur Sonne erhobenen Armen, geschlossenen Augen, die Lippen bewegten sich in einem Lied ohne Worte. Er öffnete die Augen und ging, vollkommen entrückt, auf unsicheren Beinen weiter.
    Rabenjäger begegnete dem Blick dieser Augen unbewußt trat er einen Schritt zur Seite. Ein eiskalter Schauer kroch ihm das Rückgrat hinauf. Sein Bruder schien ein anderer zu sein. Wolfsträumer ging an ihm vorbei, als sei er gar nicht da. Rabenjäger warf einen raschen Blick auf Singender Wolf und bemerkte die Verehrung, die tiefe Ergebenheit, die dieser seinem Bruder entgegenbrachte.
    Die Zuschauer, die sich um die Tänzer geschart hatten, machten eine Gasse frei. Gemurmel und Geflüster erhob sich. Wer von den Leuten in die Augen des Träumers sah, verstummte eingeschüchtert.
    Rabenjäger hörte Singender Wolf wispern: »Wolfsträumer«, und ärgerte sich über die Bewunderung in seiner Stimme.
    Rabenjäger straffte die Muskeln und versuchte, ruhig zu bleiben. »Immerhin ist da noch Krähenrufer«, sagte er zu sich und folgte seinem auf schwankenden Beinen gehenden Bruder. »Und falls Krähenrufer versagt dann bin ich auch noch da.«

KAPITEL 53
    Tanzende Füchsin beobachtete ihn von Singender Wolfs Zelt aus. Es stand etwas erhöht am Hang, und sie hatte einen guten Überblick. Sie sah ihn aus der Höhle treten, achtlos an Rabenjäger und Vier Zähne vorbeigehen, als existierten sie gar nicht. Sonnenvaters Lichtstrahlen auf dem Höhepunkt der Langen Helligkeit tönten sein Gesicht ockerfarben. Selbst über diese Entfernung hinweg spürte sie die von ihm ausgehenden starken Schwingungen. Die Menschen wichen ängstlich vor ihm zurück.
    Mit hämmerndem Herzen beobachtete Tanzende Füchsin den Mann. Er trug das Zeichen des Wolfes auf der Stirn, genau wie an jenem Tag vor so langer Zeit im Mammut-Lager. An jenem Tag hatte er sie verlassen. Und wieder sah sie den Traum in seinen Augen die lebendige Ekstase.
    Ein dumpfer Schmerz erfüllte ihre Brust. Dieser Mann, dieser Träumer, war für sie ein Fremder.
    »Ich … lebe!«
    Er fühlte sich wie Dunst in der Dämmerung. Er fühlte die pulsierende Seele der Felsen. Das kleinste Beben des Geysirs brandete durch ihn hindurch, das Wasser floß wie Blut durch seine Adern. Eine alles umfassende Realität Einklang.
    Er ging im Traum, schob das Karibufell zur Seite und stand im hellen Licht. Trotz seiner geschlossenen Augen blendete ihn Sonnenvaters gleißende Helligkeit. Er hob die Arme und spürte die Wärme Leben im Licht.
    »Geboren aus dir«, flüsterte er und fühlte die Wärme auf seiner Haut. Vor ihm pulsierte die Erneuerung. Die Seelen des Volkes leuchteten und glühten in den Körpern. Sie schimmerten und loderten wie Wellen im Mondlicht. Er sah sie, kannte sie, fühlte sie mit seiner eigenen Seele.
    Das Licht durchdrang alles.
    Er floß durch sie hindurch, war Teil von ihnen und konnte dennoch die andere Realität aufnehmen.

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