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Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Titel: Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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sein Gesicht. Über leidenschaftlichen schwarzen Augen erhob sich eine makellose Stirn. Die feingeschwungenen Lippen bewegten sich nicht. Wie eine geschmeidige Weide stand er da, vollkommen gelassen. Die Brust hob und senkte sich ruhig. Der flache Bauch war gestrafft. Er war bereit zum Kampf. Nicht eine Sekunde lang wich er Eisfeuers Blick aus.
    »Wer bist du?« fragte Eisfeuer. Er befand sich kaum eine Körperlänge von dem Feind entfernt.
    »Rabenjäger«, antwortete der Mann. »Ich bin gekommen, dich zu töten.«
    Eisfeuer zuckte zusammen. »Warum?«
    Rabenjäger hob das Kinn. Seine Stimme schallte klar und deutlich durch die Stille. »Ich bin gekommen, um den Anderen Herz und Seele zu nehmen. Ich muß dich vernichten, um mein Volk zu retten.«
    In die falkenäugigen Krieger, die sich im Halbkreis um Eisfeuer versammelt hatten, kam Bewegung.
    Eisfeuer nickte. »Wolfsträumer hat dich davongejagt.«
    Dieses Mal fuhr der Feind zusammen. Seine Kiefermuskeln zuckten wie Mäuse auf glühenden Kohlen.
    Eisfeuer wandte sich um und hob beschwörend die Hände. »Heute wird niemand getötet.« Er warf einen scharfen Blick über die Schulter auf Rabenjäger. »Komm mit in mein Zelt. Wir haben miteinander zu reden, du und ich.«
    »Warum? Was hast du mir zu sagen? Ich bin hier, um dich zu töten und zu sterben! Meine Visionen haben mich betrogen. Mein Volk hat mich verraten. Ich töte dich, dann sterbe ich selbst. Was bleibt mir noch?«
    »Ich«, murmelte Eisfeuer.
    »Dann stirb!« Rabenjägers Hand mit dem kunstvoll verzierten Atlatl peitschte zurück, der Speer war wurfbereit.
    Mit einer für sein Alter ungewöhnlichen Behendigkeit schnellte Eisfeuer nach vorn und ergriff die steinerne Spitze, noch bevor Rabenjäger den Wurf ausführen konnte. Eisfeuers Arm verdrehte sich, seine Muskeln schwollen zu dicken Strängen an. Auge in Auge standen sie sich gegenüber. Die Augen des Kriegers blitzten gleichzeitig wild, entsetzt und wütend. Der Speerschaft brach, und das Holz zersplitterte mit einem lauten Krachen.
    Walroß rannte herbei und umklammerte mit seinen drahtigen Armen Rabenjägers Brustkorb. Weitere Krieger eilten hinzu, warfen ihn zu Boden und trommelten mit Fäusten und Ellenbogen auf ihn ein.
    »Ich will ihn lebend haben«, ordnete Eisfeuer an. Er griff nach dem Speer, der für sein Herz bestimmt gewesen war. Eine feine Blutspur lief an seiner Hand hinunter. Er hatte sich mit der scharfen Kante der Spitze in die Hand geschnitten.
    »Warum?« fragte Rabenjäger herausfordernd. Noch immer wehrte er sich gegen die ihn festhaltenden Krieger.
    Eisfeuers Augen wurden schmal. Sein Herz schmerzte unerträglich. »Das bin ich deinem Bruder schuldig.«

KAPITEL 56
    Das ovale Zelt aus Mammuthäuten maß in der Länge über dreißig Fuß und über zwanzig Fuß in der Breite. In der Mitte brannte ein prasselndes Feuer. Neugierige Menschen zwängten sich in das Zelt.
    Alle wollten den verrückten Gefangenen sehen.
    Gelbes Blatt, eine gebeugte alte Frau mit langen grauen Zöpfen, drängte sich nach vorn. Sie schielte zu dem Fremden hinüber. »Ich sage, wir schneiden ihn in Stücke, genauso wie er es mit unseren Söhnen gemacht hat!« schrie sie und entblößte dabei ihre zahnlosen Kiefer. »Schickt seine verdorbene Seele auf die ewige Wanderschaft, wie er es mit der Seele meines Enkels gemacht hat. Das ist Gerechtigkeit!
    Das heißt Ehre zeigen! Wir vergelten Gleiches mit Gleichem!«
    Zustimmendes Gemurmel ertönte.
    Eisfeuer neigte nachdenklich den Kopf und kreuzte die Arme vor der Brust. Roter Feuerstein wollte den Feind vernichten. Die wütenden Krieger waren auf Feuersteins Seite und nur allzu bereit, auch den letzten Überlebenden des Feindes zur Strecke zu bringen, bevor er ihnen durch das Loch im Eis entschlüpfte. Die anderen Angehörigen des Weißen-Stoßzahn-Clans waren im großen und ganzen zufrieden. Sie hatten den Feind aus den ertragreichen Jagdgründen vertrieben und wollten nun ihre Beute genießen, bevor der Büffel-Clan das Land besetzte.
    »Ihr wißt doch, wer das ist, oder?« Mondwassers Stimme übertönte das Gemurmel der anderen. Mit den Ellenbogen verschaffte sie sich Platz, bis sie vor Eisfeuer stand. »Dieser Mann ist ihr Anführer.
    Das ist Rabenjäger. Er ist verantwortlich für die Überfälle auf uns. Er hat ihnen befohlen, unsere Kinder zu erschlagen und alte Frauen zu foltern. Er führte sie an. Er befehligte sie. Wollt ihr Rache? Dafür ist er genau der Richtige.«
    Sie wandte sich an die Krieger.

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