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Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Titel: Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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bringt?«
    Er blickte sich im trüben Licht der Höhle um. »Sie sehen mich nicht einmal an.«
    Ihre mageren Finger krallten sich in sein Knie. »So ist das also? Du brauchst ihre Zustimmung, bevor du selbst glaubst, was dir der Wolf gesagt hat?«
    »Ich bin nicht sicher …«
    »Wenn das so ist, hast du hier drinnen nichts mehr zu suchen. Geh hinaus in die Dunkelheit und rufe den Wolf!«
    Sie murmelte noch irgend etwas Unverständliches, fuchtelte mit den Armen und watschelte auf dünnen, sehnigen Beinen zu ihrem Lager. Ein durch nichts zu erschütternder Glaube glänzte in ihren alten Augen.
    Dummes altes Weib. Was wußte sie schon? Schon hundertmal hatte er den Wolf gerufen und nie eine Antwort erhalten. Die Erinnerung an die Macht, die ihn gegenüber Krähenrufer gestärkt hatte, verblaßte mehr und mehr. Sie verflüchtigte sich wie ein fliehender Geist.
    »Wolfstraum«, murmelte die alte Frau mit rauher Stimme, während sie es sich auf ihrem Lager bequem machte, »Wolfstraum.«
    Der im Licht läuft rollte sich zusammen und zog die Decken über den Kopf. Er hoffte, die warme Schwärze werde die tief im Inneren lauernden Ängste besänftigen.
    Am nächsten Morgen nahm er seine Rückentrage und ging hinüber zu Hüpfender Hase und Singender Wolf, deren angeregte Unterhaltung bei seinem Erscheinen sofort verstummte. Ihre zornigen Augen klagten ihn an.
    »Ich …« Er suchte nach den passenden Worten. Mit einem flehenden Lächeln sah er sie an. »Seid ihr fertig?«
    »Natürlich«, antwortete Singender Wolf kühl.
    Er nickte und begab sich, den Blicken der Menschen ausweichend, an das Ende des Zuges. Dort stellte er sich neben Gebrochener Zweig. Hüpfender Hase übernahm die Führung. Mit weitausgreifenden Schritten glitt er auf seinen Schneeschuhen dahin. An diesem und auch am darauffolgenden Tag konzentrierte er sich ausschließlich darauf, mit jedem Schritt und mit jedem Atemzug den Wolf zu rufen. In seiner Erinnerung sah er blühende Wiesen und die in der Sonne leuchtenden Felle großer Tierherden in einer überwältigend fruchtbaren Landschaft.

KAPITEL 13
    Dunkle Wolken ballten sich am Horizont zusammen. Der eiskalte Wind roch nach Sturm. Fahles Sonnenlicht fiel in fleckigen Streifen auf Kralles von tiefen Falten gefurchtes Gesicht. Zitternd quälte sich die alte Frau, gestützt auf Tanzende Füchsin, vorwärts. Ihr Körper wand sich in Krämpfen.
    »Bleib am Leben«, flehte Füchsin. »Leb weiter, Großmutter. Lebe.«
    Fürsorglich zog sie die Fetzen des abgetragenen Karibufells enger um die alte Frau. Aber ein einziges, zerschlissenes Fell reichte kaum aus, um sie warmzuhalten. Sie wanderten über die Gipfel hinunter ins Tiefland. Hier gab es keine schneefreien Stellen mehr. Keinen freiliegenden Dung, kein Karibu und kein Torfmoos, keine Weide und keine Birke.
    Das war das Ende. Alle wußten es.
    »Du bist ein gutes Mädchen, Füchsin«, flüsterte Kralle. »Meine Beine fühlen sich richtig warm an.
    Meine Füße sind so heiß, als wäre ich über Kohlen gegangen. Du weißt, was ich meine. Eben rundum behaglich.«
    Tanzende Füchsin schloß die Augen. »Das ist schön.«
    »Erfrieren ist nicht der schlechteste Tod.« Kralle seufzte. »Wirklich nicht, glaub mir. Man schläft einfach ein.«
    »Großmutter, du gehst noch nicht zu …«
    »O doch. In meinem Innern breitet sich tiefe Kälte aus. Eine tödliche Kälte. Merkwürdig, erst schmerzt und dann wärmt sie dich.«
    »Schweig. Spar deine Kräfte.«
    »Bald schlafe ich und liege im Warmen. Dann geht es mir gut«, hauchte sie. Ein schwaches Lächeln umspielte ihre aufgesprungenen Lippen.
    Tanzende Füchsin hielt sie eisern fest. Die Glieder der fast bis zum Skelett abgemagerten Frau fühlten sich so spröde an wie trockene Äste.
    »Wenigstens sterbe ich nicht allein«, wisperte Kralle.
    Ein ganzes Stück voraus sah Tanzende Füchsin Krähenrufer. Im stiebenden Schnee versuchte er offensichtlich unter Qualen, hoch aufgerichtet zu gehen. Doch seine Anstrengungen waren vergeblich.
    Er strauchelte, fiel in den Schnee, rollte zur Seite und blieb regungslos liegen.
    Tanzende Füchsin lächelte.
    »Ein Pfad«, sagte Der der schreit gleichmütig. Er bückte sich, untersuchte den zertrampelten Schnee und folgte der Fährte ein paar Schritte. Plötzlich stieß er auf Mammutdung, üppigen, mit Stöcken durchsetzten Winterkot.
    Der im Licht läuft blickte in die ängstlichen Gesichter seiner Gefolgsleute. Erst vor kurzem war ein kleines Mädchen unter den Decken

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