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Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Titel: Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Knie, blutiger Schaum sammelte sich vor ihrem Maul. Der im Licht läuft sang ununterbrochen. Seine Seele teilte den Schmerz der Karibus. Tränen traten in seine Augen, liefen ihm über die Wangen und hinterließen schmutzige Streifen auf seinem Gesicht. Aus den Augenwinkeln heraus sah er Singender Wolf seine Speerspitzen werfen. Von beiden Seiten liefen die Frauen herbei und schleuderten ihre Spitzen in die kopflose Herde. Grünes Wasser hob den Arm, und schon steckte ihr Speer in der Schulter eines Bullen. Lachender Sonnenschein stürmte herbei, warf sich mit ihrem ganzen Gewicht in den Wurf der mit einem Steinkopf bewehrten Lanze und erschlug eine junge Kuh.
    Ein Tier nach dem anderen ging zu Boden.
    »Genug!« rief Reiher und erhob sich. Ihre Trance war zu Ende.
    Sofort machten die Karibus kehrt und durchbrachen die Reihe der Frauen. Ihre fliehenden dunklen Hufe wirbelten lockeren Schnee in die Luft.
    Ein verwundetes Karibu humpelte zur Seite, machte einen Bogen und stellte sich demütig vor Reiher.
    Die alte Frau bereitete ihren Speer vor, balancierte zielsicher die Waffe aus und warf. Die junge Kuh drehte sich wankend und stürzte auf die Seite. Ihre Beine zuckten in wilden, sinnlosen Fluchtbewegungen.
    Nur der keuchende Atem sterbender Tiere störte die Stille.
    Der im Licht läuft holte tief Luft. Obwohl völlig erschöpft, fühlte er sich federleicht. Über die Entfernung hinweg senkte sich Reihers Blick tief in den seinen.
    »Weißt du, was du getan hast?« rief sie ihm zu.
    Er schüttelte den Kopf. »Was?«
    »Du hast sie her gerufen. Es ist dir gelungen.«
    Der im Licht läuft setzte sich müde auf einen Felsen. Sprachlos vor Erstaunen starrte er in den blutgetränkten Schnee. Tief in seinem Herzen fühlte er noch immer den Schmerz der Kuh.
    »Es tut mir so leid, Mutter«, sang er klagend. Traurig blickte er auf das tote Tier.

KAPITEL 19
    Das Ende der Langen Finsternis nahte.
    Die Geister, die mit Windfraus wildem Atem ihr Unwesen trieben, traten winselnd den Rückzug nach Norden an. Wärmere Winde aus Südwesten machten den Schnee naß und schwer. An den wenigen Tagen, an denen die Sonne schien, erglänzten die Berge im Westen blendend weiß. Schmelzwasser tropfte von den messerscharfen Felskanten. Der Fluß im Norden verwandelte sich in einen reißenden Strom.
    Weißschäumende Gischtschleier stäubten auf, wenn die Wassermassen von Felsen zu Felsen donnerten.
    Die Menschen machten Jagd auf die Karibus und etwas Besseres gab es gar nicht auf die kleinen Herden der Moschusochsen, die in den Gebirgsausläufern nach Nahrung suchten. Das Fleisch der Moschusochsen gehörte zu den Lieblingsspeisen des Volkes. Es schmeckte köstlich und war reich an Fett sogar nach diesem schrecklichen Winter.
    »Laßt das Mammut in Ruhe«, befahl Reiher. Der alte Bulle kam nach wie vor zum Teich und badete seine alten Gelenke. »Er führt eine Herde von Kühen und Kälbern an. Ich kenne jedes einzelne Tier.
    Diese Tiere rufe ich nicht mit einem Traum.«
    Die Leute erholten sich und kamen rasch wieder zu Kräften. Sie nahmen die Tierkadaver aus und ließen das Fett aus. Die Gesichter wurden voller, die Glieder bildeten neue Muskeln. Der Gesundheitszustand aller besserte sich zusehends.
    Lachend und singend machte Der der schreit die Gegend unsicher. Auf seinen Streifzügen entdeckte er Quarzit, der sich hervorragend für lange Speerspitzen eignete. Als bester Steinzuschneider seines Volkes prüfte er mit Kennermiene den mehr als kopfgroßen Findling, bevor er dicke Keile davon abspaltete. Die plumpen Steinsplitter verfeinerte er mit gezielten Schlägen seines Hammersteins.
    »Guter Werkstoff!« rief er Singender Wolf zu. »Sieh doch, wie ausgezeichnet sich der Stein bearbeiten läßt. Ich mache ihn breit und flach, dann liegt er gut in der Hand.«
    »Es gehört wirklich nicht viel dazu, dich glücklich zu machen. Da genügen schon solch lächerliche Kleinigkeiten.« Singender Wolf schüttelte mißbilligend den Kopf.
    »Ahha.« Er konnte nicht widersprechen, Singender Wolf hatte recht. Er holte ein Karibugeweih aus seiner Rückentrage und strich mit den Händen über die vom häufigen Gebrauch glatte, abgeschliffene Oberfläche des Werkzeugs. Er benutzte es zur Ausarbeitung einer Rohform. Er glättete den Stein und schliff ihn auf beiden Seiten ab, bis er eine linsenförmige Kontur angenommen hatte. Während er mit dem Geweih lange dünne Späne von der Rohform schabte, sang Der der schreit fröhlich beschwörende

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