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Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Titel: Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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dort, auf den offenen Wiesen unterhalb der großen Wälder, wuchs üppiges Gras. Die Anderen hatten ihrem Volk diese Jagdgründe weggenommen.
    Der Elch kam näher. Trotz der hohen Seggen konnte sie ihn jetzt deutlich erkennen. Vielleicht hatte das Wetter eine ganze Elchherde so weit nach Osten gelockt? Ein großes wippendes Ohr geriet in ihr Blickfeld. Das Tier senkte den Kopf.
    Sie ließ es nicht aus den Augen. Ihre Muskeln strafften sich. Der Wadenkrampf war längst vergessen.
    Jetzt? Nein, warten. Noch ein bißchen warten.
    Der Elch hob den Kopf und blickte nach Norden. Seine Ohren richteten sich steil auf, die großen Nüstern bebten. Ein zweites Tier ein Kalb trottete heran.
    Tanzende Füchsin bekam eine trockene Kehle. Die Anspannung in ihren Muskeln schien ihr unerträglich. Ihr Herz pochte, als wolle es zerspringen. So viel Fleisch! So viel!
    Hocherhobenen Hauptes ging die Elchkuh ein paar Schritte weiter. Sie witterte mit ihrer Knollennase.
    Ihr feiner Geruchssinn konnte wahrnehmen, was ihren weniger guten Augen verborgen blieb. Das Kalb neigte den Kopf über die Quelle, die als schmales Rinnsal den Hang hinabfloß. Diesen Platz konnte Tanzende Füchsin aus ihrem Versteck heraus gut überschauen. Argwöhnisch blickte sich das Kalb um. Anscheinend fürchtete es einen Angriff aus dem Hinterhalt.
    Sie hatte ihr Versteck hervorragend gewählt. So früh im Jahr mußten sich die Tiere meist mit Schmelzwasser zufriedengeben. Die kleine Frischwasserquelle zog das Wild an wie eine schwärende Wunde die Fliegen.
    Warte, befahl sie sich. Wenn sie ihren Durst gelöscht haben, sind die Tiere viel gelassener. Hab Geduld. Nach dem Kalb senkte endlich auch die Kuh den Kopf und trank. Sie schien großen Durst zu haben. Erst nach einer ganzen Weile trat das Tier zurück, riß mit dem Maul Grasbüschel aus und kam grasend näher und näher.
    Elche besitzen neben ihrem guten Geruchssinn auch ein hervorragendes Gehör. Es sind gewaltige Tiere mit einer äußerst dicken Haut. Ihr einziger Schwachpunkt sind die Lungen. Nur ein treffsicherer Wurf zwischen die Rippen konnte sie töten. Plötzlich kam ihr diese Erinnerung wieder in den Sinn. Jemand hatte ihr das vor langer Zeit erzählt.
    Das Kalb drehte sich zur Seite. Es befand sich höchstens noch zehn Schritte von ihr entfernt. Von ihrem Platz aus konnte Füchsin beinahe die einzelnen weißen Härchen an den Hinterbeinen zählen.
    Jetzt!
    Gewandt erhob sich Tanzende Füchsin und nahm den Arm zurück. Ihre Muskeln strafften sich, und sie katapultierte mit dem Atlatl den Speer nach vorn. Sie legte ihr ganzes Gewicht in diesen Wurf. Die Speerspitze segelte durch die Luft und traf direkt hinter die Rippen.
    Der riesige Elch machte einen Sprung, schlug brüllend mit den Hinterbeinen aus, bockte zweimal und krümmte sich dann zusammen. Das Kalb stieß einen markerschütternden Schrei aus.
    Tanzende Füchsin schob eine zweite Speerspitze in die Rille, balancierte den Atlatl aus und schleuderte die Spitze genau in dem Augenblick, als die Kuh mit lautem Hufgetrappel flüchtete. Das verwirrte Kalb folgte ihr. In dem Durcheinander verfehlte der zweite Wurf sein Ziel.
    »Sehr gut! Du hast die Mutter getroffen!« rief Kralle von oben. »Ein guter Wurf. Du hast sie getötet, Füchsin!«
    Sie nickte. Eine tiefe Befriedigung erfüllte sie. Sie hörte die alte Frau den Hang herunterkommen.
    Steine kollerten, Kies knirschte unter ihren Füßen.
    Die Kuh verlangsamte ihre Flucht und ging auf die letzten Schneewehen zu, die sich am Fuß der Hügelkette entlangzogen. Ehe sie verschwand, verharrte sie einen Augenblick oben auf dem Hügelkamm.
    Tanzende Füchsin prägte sich die Stelle genau ein, dann ging sie hinüber zu dem Platz, an dem sie das Tier getroffen hatte, und untersuchte die Spuren.
    Grinsend kam Kralle durch die hohen Seggen herangeschlendert. Sie bückte sich und betrachtete eingehend den frischen Mist und die herzförmigen Hufspuren.
    »Siehst du«, verkündete sie triumphierend, »ich habe dir gesagt, das ist ein guter Platz. Ich erinnerte mich daran, weil wir hier einmal gelagert haben. Wie lange ist das her? Zehn Jahre? Jedenfalls eine lange Zeit. Ich war danach nie wieder so weit im Süden. Mein Mann wollte hierher. Er wollte in dieser Gegend jagen, aber es sah gar nicht gut aus. Je weiter wir nach Süden kamen, um so dürftiger wurde die Vegetation.«
    »Und Der im Licht läuft ist noch viel weiter südlich als wir«, murmelte Tanzende Füchsin. Ihre Augen suchten den Horizont im

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