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Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde

Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde

Titel: Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Dreigabelungental.
    Besser dort als drüben im Sandwasser-Lager wie letztes Jahr. Der weite Marsch hätte mich fast umgebracht.
    Und nächstes Jahr? Falls die Große Versammlung im Waldhuhn-Lager abgehalten wurde, konnte sie noch so weit gehen?
    Sie schielte auf ihre geschwollenen Knöchel. »Du wirst alt, Rittersporn. Zu alt.« Sie hob den Kopf und blinzelte in das Geflecht ihres Sonnenschutzes, durch das vereinzelte Sonnenstrahlen fielen. Es wurde bald Zeit, die Erdhütten zu verlassen. Jeden Sommer zog das Volk durch das Land und errichtete dort, wo die Wurzeln üppig wuchsen oder das Reisgras und der Wildroggen besonders viele Samen trugen, vorübergehende Lager. Die Geister, die dort hausten, versorgten die Menschen gut, solange sie und ihre Wurzeln und Pflanzen vom Volk mit Respekt behandelt wurden. Die Geister liebten ihre Heimat und alles, was darauf wuchs genauso sehr wie die Menschen ihre Lager.
    Das Umherziehen befriedigte auch das Bedürfnis der Menschen, wieder im Freien zu leben. Nach so vielen Drehungen des Wintermondes zerrte das Leben in den Erdhütten an den Nerven. So warm und gemütlich sie im Winter auch sein mochten, die Seele sehnte sich in der warmen Jahreszeit hinaus.
    Die alte schwarze Hündin, die neben dem Eingang der Hütte geschlafen hatte, sprang plötzlich auf und begann laut zu bellen.
    Rittersporn fuhr erschrocken hoch und taumelte ein paar Schritte nach vorn. Sie beschattete ihre Augen gegen die gleißende Sonne und sah eine einsame Gestalt auftauchen, die flott näher trabte.
    »Schilfrohr«, murmelte sie und kehrte seufzend in den Schatten zurück. Wieso kommt er so früh zurück? Haben sie schon genug Selleriewurzeln gegraben?
    Sie blickte zum Green Mountain hinüber. Sobald die heißen, trockenen Winde über das Coldwater Basin wehten und die Beifußsträucher in der Hitze flimmerten, wünschte sie sich sehnlichst, dort oben zu sein. Sicher war es dieses Jahr günstig, oben an der Moosquelle zu lagern. Das Jahr war feucht gewesen, und die Stechmücken würden in Schwärmen über sie herfallen. Dort oben im Hochland konnten sie der schlimmsten Heimsuchung entgehen. Außerdem wuchsen dort Binsen und subalpine Tannen. Sie konnten den Saft sammeln, Minze und Bergoregano dazugeben und diese Mischung anzünden, um die Insekten fernzuhalten.
    Schilfrohr war inzwischen am Rande des Lagers angekommen und rief ihr einen Gruß zu. Er ging zuerst in Tannenzapfens Hütte. Mit einem Wassersack in der Hand erschien er wieder. Er trank gierig, dann kam er mit dem Wassersack zu Rittersporn herüber und hockte sich in den Schatten.
    »War ein weiter Weg, Großmutter.«
    »Und ein zu warmer Tag, um nur rasch zum Umziehen ins Lager zu kommen.« Sie blinzelte, ihre Augen waren ständig gereizt. Zuviel Holzrauch abbekommen, vermutete sie. »Du bist früh zurück.
    Sind die Sammelsäcke schon gefüllt?«
    Schilfrohr wischte sich den Schweiß von der breiten Stirn und schielte zum Gestrüpp hinüber. »Die meisten. Die anderen machen sich wahrscheinlich morgen auf den Heimweg.«
    Rittersporn wedelte eine Fliege weg. »Und was gibt es Neues?«
    Schilfrohr legte die schwieligen Hände auf die Knie und hockte sich auf die Fersen. »Kleiner Zeh kam auf seinem Weg vom Dreigabelungenlager zum Schlechtwasser-Lager bei uns vorbei.«
    »Und?«
    »Er macht sich Sorgen.« Schilfrohr atmete tief aus, ihm war nicht wohl zumute. »Eulenklee redet dauernd von Hexerei.«
    »Im Dreigabelungenlager macht man sich seit ewigen Zeiten Sorgen wegen Hexerei.«
    »Ich weiß. Aber Kleiner Zeh ist dort aufgewachsen, und er sagte, Eulenklee sorge sich noch mehr wegen Hexerei als Grünes Feuer, und das will was heißen. Angeblich sah Alsenblase, der Ehemann von Sternwurz, einen Hexer.«
    Rittersporn richtete sich stocksteif auf. »Er hat einen gesehen?«
    »Das behauptete jedenfalls Kleiner Zeh. Jemand spionierte um das Dreigabelungenlager herum. Sie entdeckten Spuren … und Alsenblase sagte, er habe jemanden draußen im Dickicht gesehen.«
    »Aber er hat nicht mit ihm gesprochen? Ihn nicht erkannt?«
    Schilfrohr verzog das Gesicht. »Nach allem, was Kleiner Zeh sagte, nicht. Im Grunde wollte er nicht mit uns darüber reden. Wir mußten jedes Wort aus ihm herauspressen. Ihm ist das alles ein bißchen unheimlich. Das schlimmste ist, wer auch immer dieser Hexer gewesen sein mag, er trieb sich genau zum Zeitpunkt von Grünes Feuers Tod dort herum.«
    »Ah-ha«, brummte Rittersporn. Sie schielte aus den Augenwinkeln zu ihm hinüber.

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